Leitsatz (amtlich)

1. Verneint das LSG bei einer Feststellungsklage das Feststellungsinteresse zu Unrecht und lehnt es deshalb eine Sachentscheidung ab, so liegt darin ein wesentlicher Mangel des Verfahrens.

2. Hat ein Rentenempfänger bei einem Streit darüber, ob ihm Rente aus der Invalidenversicherung oder aus der Angestelltenversicherung zusteht, das die Gewährung einer Rente aus der Angestelltenversicherung ablehnende Urteil rechtskräftig werden lassen, so kann er vor den Sozialgerichten nicht mehr die Feststellung verlangen, er sei versicherungspflichtig in der Angestelltenversicherung gewesen. Für eine Feststellung als Grundlage eines Schadenersatzprozesses gegen den früheren Arbeitgeber fehlt in einem solche Falle das Rechtsschutzinteresse.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein "Verschulden" des Prozeßbevollmächtigten ist zwar dem Verschulden der Partei gleichzusetzen; ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten ist aber dann zu verneinen, wenn dieser alles getan, was in einem normalen Bürobetrieb erforderlich ist, um die Einhaltung von gerichtlichen Fristen zu gewährleisten.

2. Das Feststellungsinteresse ist eine Prozeßvoraussetzung für die Feststellungsklage und damit eine Frage des Prozeßrechts. SGG § 55 und die ihm entsprechende Vorschrift des ZPO § 25 sind keine Vorschriften des materiellen Rechts.

 

Normenkette

SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03, § 162 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, § 141 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 20. Februar 1957 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I.

Der Ehemann der Klägerin F N war von 1919 bis zu seinem Tode am 19. April 1948 bei der O Eisenbahn AG in C zunächst als Installateur und Klempner, seit 1941 als Werkführer und seit 1944 als Installationsmeister beschäftigt gewesen. Für ihn wurden bis zum 31. Januar 1946 Beiträge zur Invalidenversicherung, sodann bis zum 28. Februar 1948 Beiträge zur Angestelltenversicherung und ab 1. März 1948 wiederum Beiträge zur Invalidenversicherung an die Beklagte entrichtet. Später wurden die zur Angestelltenversicherung geleisteten Beiträge auf die Invalidenversicherung umgebucht, weil nach Ansicht der Beklagten keine Angestelltenversicherungspflicht bestanden hatte.

Mit Bescheid vom 2. November 1950 gewährte die Beklagte der Klägerin Witwenrente aus der Invalidenversicherung vom 1. Mai 1948 an. Die Berufung gegen diesen Bescheid, mit der die Klägerin Gewährung von Witwenrente aus der Angestelltenversicherung verlangt hat, hat das Oberversicherungsamt (OVA.) Lüneburg durch Urteil vom 10. Mai 1951 zurückgewiesen, weil keine rechtsgültigen Beiträge zur Angestelltenversicherung entrichtet worden seien. Mit ihrer (weiteren) Berufung zum Oberverwaltungsgericht hat die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter verfolgt und hilfsweise die Feststellung verlangt, ihr verstorbener Ehemann sei seit 1941 angestelltenversicherungspflichtig gewesen. Das Landessozialgericht (LSG.), auf das der Rechtsstreit nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) übergegangen war (§ 215 Abs. 8 SGG), hat durch Urteil vom 20. Februar 1957 die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Ansprüche auf Rente aus der Angestelltenversicherung bestünden schon deshalb nicht, weil keine Beiträge zur Angestelltenversicherung entrichtet worden seien und auch nicht mehr nachentrichtet werden könnten. Dem Hilfsantrag könne nicht stattgegeben werden, weil kein berechtigtes Interesse an der Feststellung bestehe. Ein solches hätte nur dann angenommen werden können, wenn die begehrte Feststellung für ein weiteres noch abzuwickelndes Verfahren als Vorfrage von Bedeutung gewesen wäre. Die Klägerin habe aber nichts darüber vorgetragen, daß ein Zivilprozeß bereits anhängig oder mit Sicherheit zu erwarten sei. Das LSG. hat die Revision nicht zugelassen.

Gegen das am 2. Juli 1957 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. August 1957 Revision eingelegt und sie mit Schriftsatz vom 31. August 1957, beim Bundessozialgericht (BSG.) eingegangen am 4. September 1957, begründet. Sie wendet sich nur noch gegen die Abweisung des Hilfsantrags und bittet, ihr wegen Versäumung der Begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Sie trägt vor, die Frist für die Einreichung der Revisionsbegründung sei im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten im Fristenkalender eingetragen gewesen. Demgemäß seien ihm auch die Akten am 23. August 1957 mit dem Hinweis vorgelegt worden, es handele sich um eine Fristsache; es sei aber - infolge Verlegung seines Büros - erst am 30. August 1957 zur Bearbeitung gekommen. Am 31. August 1957 habe er den Entwurf der Revisionsbegründungsfrist persönlich seinem zuverlässigen Bürovorsteher mit dem Hinweis gegeben, er müsse wegen der am 2. September 1957 ablaufenden Frist sofort geschrieben und noch an diesem Tage zur Post gegeben werden. Tatsächlich sei der Schriftsatz jedoch erst am 2. September 1957 zur Post gegeben worden. Eine besondere Erinnerung daran, daß er den Schriftsatz noch am 31. August 1957 unterzeichnet habe, habe der Prozeßbevollmächtigte nicht, er wisse deshalb auch nicht, ob er bei der Rückgabe der Unterschriftsmappe an diesem Tage nochmals auf die Eilbedürftigkeit des Schriftsatzes hingewiesen habe. Hierüber hat die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung ihres Prozeßbevollmächtigten eingereicht.

In der Sache selbst meint die Klägerin, daß LSG. habe zu Unrecht ein Feststellungsinteresse verneint. Wie sich aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus den Schriftsätzen vom 31. Juli 1950, 30. März 1951 und 2. Juli 1951 ergebe, wolle sie die Osthannoversche Eisenbahn AG dafür regreßpflichtig machen, daß sie ihren Ehemann nicht zur Angestelltenversicherung angemeldet habe. Es sei sogar schon ein Rechtsstreit anhängig gewesen, in dem sie u.a. Schadensersatzansprüche geltend gemacht habe, weil sie durch Verschulden der Arbeitgeberin keine Rente aus der Angestelltenversicherung erhalte. Auf diesen Rechtsstreit habe sie ausdrücklich hingewiesen.

Die Klägerin beantragt, ihr wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sowie unter Aufhebung der Urteile des LSG. Niedersachsen vom 20. Februar 1957 und des OVA. Lüneburg vom 10. Mai 1951 festzustellen, daß der verstorbene Ehemann der Klägerin seit 1941 angestelltenversicherungspflichtig war.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

II.

Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt, sie ist auch als form- und fristgerecht begründet anzusehen, weil der Klägerin wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Verschulden des Prozeßbevollmächtigten ist zwar dem Verschulden der Partei gleichzusetzen (vgl. BSG. in SozR. SGG § 67 Bl. Da 1 Nr. 2); ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin ist hier aber deshalb zu verneinen, weil er alles getan hat, was in einem normalen Bürobetrieb erforderlich ist, um die Einhaltung von gerichtlichen Fristen zu gewährleisten. Ein Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigter braucht sich nicht selbst um die Fristenkontrolle zu kümmern, sondern darf sie seinem Büropersonal überlasen; sonst wäre er formeller Dinge wegen in seiner eigentlichen Tätigkeit als Berater und Sprecher der Rechtssuchenden zu stark beeinträchtigt. Sein Bürobetrieb muß aber so geordnet sein, daß die Überwachung der Fristen durch den Bürovorsteher oder einen anderen zuverlässigen Angestellten gewährleistet ist. Dazu gehört insbesondere das Eintragen der Fristen in einen Fristenkalender. Hier war die Frist zum Einreichen der Revisionsbegründung im Fristenkalender eingetragen, die Akten sind auch rechtzeitig vorgelegt worden. Der Prozeßbevollmächtigte hat die Begründung auch rechtzeitig entworfen und angeordnet, daß sie noch am gleichen Tage geschrieben und abgesandt werden müsse, wobei er noch ausdrücklich auf den Ablauf der Frist hingewiesen hat. Unter diesen Umständen hat er alles getan, um den rechtzeitigen Eingang der Revisionsbegründung beim BSG. sicherzustellen. Er brauchte sich nicht mehr darum zu kümmern, ob der Schriftsatz auch geschrieben und rechtzeitig abgesandt worden ist, dies durfte er seinem geschulten Büropersonal überlassen. Wenn nun der Schriftsatz durch eine Unachtsamkeit des sonst zuverlässigen Bürovorstehers nicht abgesandt wurde, so hat der Prozeßbevollmächtigte und damit auch die Klägerin diese Säumnis nicht zu vertreten. Ihr war daher, da auch die weiteren Voraussetzungen des § 67 SGG erfüllt sind, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Da das LSG. die Revision nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens in der im Gesetz vorgeschriebenen Form gerügt werden kann (§ 162 Abs. 1 Nr. 2, § 164 Abs. 2 SGG). Die Klägerin erblickt diesen Mangel des Verfahrens darin, daß das LSG. zu Unrecht ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Angestelltenversicherungspflicht verneint habe. Die Frage, ob ein Verkennen des Feststellungsinteresses als Fehler bei der Anwendung formellen oder materiellen Rechts anzusehen ist, ist nicht ganz unbestritten. Stein-Jonas (Komm. zur Zivilprozeßordnung - ZPO -, 18. Aufl. § 559 Anm. IV 2) ist der Auffassung, beim Verkennen des Feststellungsinteresses handele es sich um einen Verfahrensmangel, nicht um einen Mangel des Entscheidungsinhalts. Der gleichen Ansicht sind Wieczorek (ZPO § 566a Anm. B II) und Baumbach-Lauterbach (ZPO, 25. Aufl. § 559 Anm. 2C). Das Reichsgericht (RG.) hat zur Frage der Sprungrevision entschieden, diese könne nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden, hiervon ausgenommen seien die Mängel, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen seien; hierzu gehörten auch die Voraussetzungen einer Feststellungsklage, die noch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen seien (vgl. RGZ. 151 S. 65). Hiernach ist mit dem RG. davon auszugehen, daß das Feststellungsinteresse eine Prozeßvoraussetzung für die Feststellungsklage und damit eine Frage des Prozeßrechts ist. § 55 SGG und die ihm entsprechende Vorschrift des § 256 ZPO sind Vorschriften des Verfahrensrechts, nicht des materiellen Rechts. Ihre Anwendung betrifft daher nicht das materielle Recht, den sachlichen Teil des Urteils, sondern das Verfahrensrecht. Dabei ist es nicht darauf abzustellen, ob dieser Mangel etwa von Amts wegen oder nur auf Rüge zu berücksichtigen ist, sondern darauf, ob durch die Verkennung des Feststellungsinteresses das Verfahrensrecht oder das materielle Recht verletzt wird. Denn bei einer Klageabweisung mangels Feststellungsinteresses wird nicht über den Anspruch als solchen entschieden, vielmehr wird die Klage durch Prozeßurteil als unzulässig abgewiesen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß bei der Prüfung des Feststellungsinteresses u.U. auf materiell-rechtliche Fragen des Rechtsstreits eingegangen werden muß.

Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG.) hat in seinem Urteil vom 9. Oktober 1957 (MDR. 1958 S. 53) den Begriff des Rechtsschutzinteresses als zum Verfahrensrecht gehörig angesehen; es hat jedoch unter Hinweis auf RGZ. 1951 S. 65 und RG. in JW. 1914 S. 146 aufgeführt, die Beurteilung des Gerichts, ob im Einzelfall ein Rechtsschutzinteresse an der Rechtsverfolgung bestehe, sei nicht eine Angelegenheit des gerichtlichen Verfahrens, sondern des gerichtlichen Erkenntnisses, so daß die Rüge, das Gericht habe das Rechtsschutzinteresse zu Unrecht verneint, keine Verfahrensrüge darstelle. Der Hinweis auf die beiden Entscheidungen des RG. greift jedoch nach Auffassung des Senats nicht durch. Zu der erstgenannten Entscheidung (RGZ. 151 S. 65) wurde bereits oben Stellung genommen. In JW. 1914 S. 146 hat das RG. ausgeführt, die Rüge, das Feststellungsinteresse sei verkannt, sei in dem zur Entscheidung stehenden Falle nicht, wie in der ZPO vorgeschrieben, in der Revisionsbegründung, sondern erst in der mündlichen Verhandlung erhoben worden; dies sei aber nicht zulässig, wenn es sich bei der erst in der mündlichen Verhandlung erhobenen Rüge lediglich um die Behauptung handele, ein Gesetz sei in bezug auf das Verfahren verletzt worden; das sei aber nicht der Fall. Das Interesse an der alsbaldigen Feststellung bilde einen Teil des Klagegrundes der Feststellungsklage, ohne Darlegung eines solchen Interesses sei die Feststellungsklage nicht schlüssig begründet. Auch aus dieser Entscheidung ist also nur zu entnehmen, daß es sich bei der Rüge, das Feststellungsinteresse sei verkannt, an sich um die Rüge eines Verfahrensmangels handelt, die aber, weil es sich um eine Prozeßvoraussetzung handelt, auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wenn diese Rüge an sich nach den Vorschriften der ZPO nicht hätte vorgebracht werden dürfen. Die Rüge, das LSG. habe das Feststellungsinteresse zu Unrecht verneint, betrifft daher den Gang des Verfahrens, so daß die Revision nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG darauf gestützt werden kann.

Wenn die Klägerin hierzu im einzelnen vorträgt, aus ihren verschiedenen Schriftsätzen und dem Hinweis auf den Rechtsstreit beim Amtsgericht Celle habe sich ergeben, sie wolle die Arbeitgeberin wegen Nichtanmeldung ihres Ehemannes zur Angestelltenversicherung auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, so wird damit in der Form des § 164 Abs. 2 SGG eine Verletzung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG gerügt. Denn bei diesem Sachverhalt, der durch den Inhalt der Gerichtsakten bestätigt wird, hätte das LSG. das Feststellungsinteresse nach der damaligen Sach- und Rechtslage nicht verneinen dürfen. Die Revision ist daher zulässig.

Die Revision ist jedoch nicht begründet, weil sich das Urteil des LSG. aus einem anderen Grunde, der sich erst nach der Verkündung der angefochtenen Entscheidung ergeben hat, als richtig erweist (§ 170 Abs. 1 Satz 2 SGG). Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist nur dann anzunehmen, wenn die Klägerin das mit der Klage Erstrebte mit einem Urteil auch erreichen kann (vgl. Stein-Jonas a.a.O. § 256 Anm. III 3). Das Urteil müßte also geeignet sein, den Rechtsstreit sachgemäß und erschöpfend zu erledigen. Das ist nicht der Fall. Da die Klägerin das Urteil des LSG. nur insoweit angefochten hat, als es sich um den vom LSG. abgelehnten Feststellungsantrag handelt, steht rechtskräftig fest, daß ihr nur Rente aus der Invalidenversicherung und nicht aus der Angestelltenversicherung zusteht. Sie kann daher nicht mehr mit Wirkung gegen die Beklagte oder die Beigeladene eine Feststellung begehren, ihr Ehemann sei angestelltenversicherungspflichtig gewesen. Das Reichsversicherungsamt (RVA.) hat in seiner Grundsätzlichen Entscheidung Nr. 4860 (AN. 1935 S. 94) entschieden, wenn ein Versicherter auf Grund eines rechtskräftigen Bescheides eine Rente aus der Invalidenversicherung beziehe, so sei ein Beitragsstreit darüber, ob für ihn auf Grund desselben Beschäftigungsverhältnisses Beiträge zur Angestelltenversicherung hätten entrichtet werden müssen, nicht mehr zulässig. Es hat diese Entscheidung damit begründet: Mache ein in der Invalidenversicherung Versicherter, der sich für angestelltenversicherungspflichtig hält, den ihm offenstehenden Beitragsstreit nicht anhängig, beantrage er weiter nach Eintritt des Versicherungsfalles die Leistungen des Versicherungsträgers, dem er nach seiner Meinung nicht angehöre und nehme er diese Leistungen vorbehaltlos an, so habe er sich stillschweigend mit der Zugehörigkeit zu diesem Versicherungszweig einverstanden erklärt; es sei deshalb von diesem Versicherungsträger mit der Zuerkennung der Rente auch gleichzeitig endgültig über das Versicherungsverhältnis entschieden worden. Es widerspreche sowohl dem Sinn der gesetzlichen Regelung des Beitragsstreitverfahrens als auch dem Verkehrsbedürfnis, für einen Versicherten, nachdem er Rentenempfänger in der Invalidenversicherung geworden sei, nachträglich im Beitragsstreitverfahren darüber entscheiden zu lassen, ob das in der Vergangenheit liegende Versicherungsverhältnis der Angestelltenversicherung angehöre. Die gleichen Grundgedanken müssen auch für den vorliegenden Rechtsstreit gelten. Hier hat allerdings die Klägerin noch in der zweiten Instanz Ansprüche auf Witwenrente aus der Angestelltenversicherung geltend gemacht. Wenn sie diese jedoch in der Revisionsinstanz nicht weiter verfolgt, so hat sie sich damit abgefunden, daß sie nur eine Witwenrente aus der Invalidenversicherung und nicht Leistungen aus der Angestelltenversicherung bezieht. Nachdem durch die Beschränkung der Revision der Anspruch der Klägerin auf eine Leistung aus der Angestelltenversicherung rechtskräftig abgelehnt worden ist, kann die Frage, ob eine Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung bestanden hat, im Verhältnis zu der Beklagten oder der Beigeladenen nicht mehr durch ein Feststellungsurteil geklärt werden.

Ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Angestelltenversicherungspflicht ihres verstorbenen Ehemannes kann auch nicht damit begründet werden, daß sie diese Feststellung als Grundlage für eine Schadensersatzklage gegen die Arbeitgeberin ihres verstorbenen Ehemannes verwenden wolle. Denn ein Urteil von Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, das sich mit der Frage der Versicherungspflicht befaßt, hätte keine Bindungswirkung für den von der Klägerin beabsichtigten Schadensersatzprozeß. An dem vorliegenden Rechtsstreit sind außer der Klägerin nur die Versicherungsträger der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten beteiligt, nicht aber die Arbeitgeberin des früheren Ehemannes der Klägerin. Die von der Klägerin erstrebte Feststellung würde daher das Zivilgericht nicht binden, weil sich die Rechtskraft des Urteils nur auf die am sozialgerichtlichen Verfahren Beteiligten erstreckt (§ 141 Abs. 1 SGG, vgl. BGHZ. 9 S. 329 (333), 15 S. 17 (19) und 20, S. 379 (382) sowie BVerwG. in DÖV. 1959 S. 950). Zwar ist nicht zu verkennen, daß das Zivilgericht in der gleichen Frage im allgemeinen nicht ohne stichhaltige Gründe von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder des Sozialgerichts abweichen wird. Daher ist es nicht völlig bedeutungslos, wie etwa die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit die Frage der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung beurteilt haben. Dies reicht jedoch nicht aus, ein Feststellungsinteresse für das sozialgerichtliche Verfahren zu begründen (vgl. BVerwG. 4 S. 177 (180)).

Die Revision ist daher zurückzuweisen. - Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2325693

NJW 1960, 1491

MDR 1960, 709

DVBl. 1960, 749

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