Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungszwang vor dem BSG bei Wiederaufnahmeklage. keine Wiedereinsetzung bei Versäumung der Klagefrist

 

Orientierungssatz

1. Auch für die Wiederaufnahmeklage gilt der Vertretungszwang vor dem BSG nach § 166 Abs 1 SGG.

2. Gegen die Versäumung der Frist nach § 586 Abs 2 S 2 gibt es keine Wiedereinsetzung.

 

Normenkette

SGG § 67 Abs 1 Fassung: 1953-09-03, § 166 Abs 1 Fassung: 1953-09-03, § 179 Fassung: 1953-09-03; ZPO §§ 580, 586 Abs 2 S 2

 

Verfahrensgang

BSG (Urteil vom 26.02.1975; Aktenzeichen 5 RKn 1/74)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit der Wiederaufnahmeklage (Restitutionsklage) gegen das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Februar 1975 (5 RKn 1/74).

Der Kläger beantragte im September 1971 die Gewährung einer Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 18. November 1971 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 1972 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Klage, Berufung und Revision blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Aachen (SG) vom 2. Mai 1973, S 2 (5) Kn 37/72; Urteil des Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG) vom 30. Oktober 1973, L 2 Kn 78/73; Urteil des BSG vom 26. Februar 1975, 5 RKn 1/74). Mit Urteil vom 29. Mai 1980 wies das LSG die gegen das Urteil des LSG vom 30. Oktober 1973 und das Urteil des BSG vom 26. Februar 1975 gerichtete Restitutionsklage des Klägers vom 11. Januar 1979 ab (L 2 Kn 10/79). Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wurde als unzulässig verworfen (Beschluß des BSG vom 7. Oktober 1980, 5 BKn 20/80).

Der Antrag des Klägers vom Mai 1977 auf einen Zugunstenbescheid blieb erfolglos (Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 1974; Widerspruchsbescheid vom 7. November 1977; Urteil SG vom 24. Juni 1981, S 2 Kn 120/77; Rücknahme der Berufung am 8. Oktober 1981).

Eine erneute Restitutionsklage vom 24. August 1981 (LSG NW, L 2 Kn 144/81) nahm der Kläger zurück.

Die Beklagte und die Gerichte sind in den bisherigen Verfahren von folgendem Sachverhalt ausgegangen:

Der 1935 geborene Kläger arbeitete seit 1950 im Bergbau. Er war zunächst Berglehrling. Seine Knappenprüfung am 27. April 1953 bestand er nicht. Er war danach als Gedingeschlepper, Lehrhauer, Schlepper, Lader, Erster Maschinist und vom 1. Januar 1967 bis 31. Mai 1971 als Lehrhauer tätig. Vom 1. Juni 1971 bis 28. September 1971 war er als Transportarbeiter beschäftigt. Nach den über den Kläger geführten Schichtenzetteln wurde dem Kläger in der Zeit vom 1. Juni 1971 bis 30. September 1971 keine der verfahrenen Schichten nach Lohngruppe 10 bezahlt. Eine Bestätigung des Betriebes, daß er die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die ihn befähigen, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten, hat er nicht erhalten.

Gegen diese Feststellungen wandte sich der Kläger seit 1976/77 mit einer Bescheinigung der Gewerkschaft Sophia-Jacoba vom 14. Dezember 1976, die folgenden Wortlaut hat:

"Wunschgemäß bescheinigen wir Herrn Herbert B, geboren am 15.3.1935, daß er bis zur Neuordnung der Lohnordnung ab 1.6.1971 als Lehrhauer eingestuft war und in den letzten fünf Monaten überwiegend mit Arbeiten im Materialtransport beschäftigt wurde (26,1 bis 52,62 % von 49,6 verfahrenen Schichten, die alle mit Gedinge-Lohn bezahlt wurden). Während der übrigen 23,5 Schichten hat Herr B Gestelle transportiert, Bandstrecke gestockt, Band- und Kopfstrecke ausgeraubt, Fördermittel repariert und wurde als Maschinenrücker, im Vortrieb und als Bandstreckenüberwacher eingesetzt.

Nach dem Inkrafttreten der neuen Lohnordnung hat Herr B die gleichen Tätigkeiten ausgeführt. Die Einstufung erfolgte nach der Lohngruppe 6 mit dem Tätigkeitsschlüssel 066. Vom 1.6.1971 bis 31.10.1971 hat Herr B von 64,8 Schichten 33,8 Schichten im Gedinge gearbeitet.

Der frühere Vorgesetzte des Herrn B, Herr Reviersteiger Paul K, wohnhaft in, bestätigt, daß Herr B die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die ihn befähigen, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten."

Diese Bescheinigung veranlaßte weder die Beklagte noch die mit der Sache befaßten Gerichte zu einer für den Kläger günstigeren sachlichen oder rechtlichen Beurteilung.

Das von dem Kläger mit der Restitutionsklage angefochtene Urteil des BSG vom 26. Februar 1975 (5 RKn 1/74) stützt die Zurückweisung der Revision des Klägers auf folgende Überlegungen: Nach der ab 1. Juni 1971 in Kraft befindlichen Lohnordnung seien frühere Lehrhauer als Hauer anzusehen, wenn der Betrieb ihnen nach zweijähriger Untertagetätigkeit schriftlich bestätigt habe, daß sie die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen, die sie befähigten, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten. Diese Bescheinigung habe der Kläger nicht erhalten. Außerdem gelte die Regelung nur für solche Arbeiter, die über den 1. Juni 1971 hinaus im Gedinge gearbeitet hätten, was bei dem Kläger nicht der Fall sei.

Mit der nunmehr (eingegangen beim BSG am 4. November 1981) erhobenen Restitutionsklage wendet sich der Kläger erneut gegen das Urteil des BSG vom 26. Februar 1975 (5 RKn 1/74). Er beruft sich auf § 580 Nr 7 a und b Zivilprozeßordnung (ZPO) iVm § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er habe ein in derselben Sache erlassenes früheres rechtskräftiges Urteil des LSG Darmstadt vom 29. Juni 1978, L 6 J 809/77 und ein Urteil des BSG vom 15. Dezember 1972, 5 RKn 74/70 aufgefunden, außerdem Lohnzettel, die bewiesen, daß die neue Lohnordnung vom 1. Juni 1971 für ihn günstige Wirkungen gehabt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als unzulässig zu verwerfen (§ 179 Abs 1 SGG iVm § 589 Abs 1 S 2 ZPO). Nach § 166 Abs 1 SGG müssen sich die Beteiligten, soweit es sich nicht um Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechtes handelt, durch Prozeßbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Wiederaufnahmeklagen (BSGE 9, 55). Unzulässig ist die Klage weiter, weil die Frist des § 586 Abs 2 Satz 2 ZPO versäumt ist. Nach Ablauf von fünf Jahren seit Rechtskraft des Urteils ist eine Wiederaufnahmeklage unzulässig. Das Urteil des BSG vom 26. Februar 1975 war also seit 1980 nicht mehr mit der Wiederaufnahmeklage angreifbar. Gegen diese Frist gibt es keine Wiedereinsetzung (Stein-Jonas, Komm zur ZPO, 19. Auflage § 586 Anm II, Baumbach/Lauterbach, Kommentar zur ZPO, 41. Auflage, § 586 Anm 1 C).

Die Klage wäre zudem unbegründet. Der Kläger hat keine in derselben Sache ergangenen Urteile iS des § 580 Nr 7 ZPO aufgefunden. Die beiden von ihm zitierten Urteile sind in Angelegenheiten anderer Personen ergangen. Die angeblich neu aufgefundenen Urkunden hat der Kläger nicht vorgelegt und nicht einmal näher bezeichnet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1653657

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