Leitsatz (redaktionell)

Garagentür als Grenze des unversicherten häuslichen Bereichs.

 

Normenkette

RVO § 543 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1942-03-09

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Mai 1965 wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Klägerin zu 1) wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Klägerin zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28. November 1963 als unzulässig verworfen hat.

Die Beklagte hat dem Kläger zu 2) die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Die Beklagte und die Klägerin zu 1) haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger zu 2), der Geschäftsführer bei der Gewerkschaft Textil-Bekleidung D, Willy E (E.), wurde am 5. März 1962 von einem Unfall betroffen. Die Klägerin zu 1), die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) für den Kreis Wiedenbrück, betreibt die Feststellung der Entschädigung für die Folgen dieses Unfalls auf Grund des § 1511 der Reichsversicherungsordnung (RVO).

Über die Vorgänge, die zu dem Unfall geführt haben, enthält das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen folgende Feststellungen: E. ist in der Verwaltungsstelle der Gewerkschaft Textil-Bekleidung in G tätig. Er bewohnt dort ein Eigenheim. Neben dem Wohnhaus steht die Garage. Die Haustür befindet sich an der Straßenfront des Hauses; eine weitere Außentür geht zum Garagenplatz hin. Die Garage ist von der Frontlinie des Hauses gesehen um etwa 7 m zurückgesetzt. Dadurch ist vor der Garage und neben dem Wohngebäude ein etwa 7 x 5 m großer Platz entstanden, der zur Straßenseite hin nicht eingefriedet ist. Nur von dem Garagenvorplatz aus kann die Garage betreten werden. In der Garage hatte E. im März 1962 einen Personenkraftwagen stehen. Halter dieses Fahrzeugs war die Arbeitgeberin E's. Sie zahlte Steuern und Versicherung für den Kraftwagen, den E. in seiner Garage unterstellen durfte. Der Wagen wurde als Dienstfahrzeug verwendet. E. durfte ihn darüber hinaus nicht nur für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte, sondern in vertretbarem Umfang auch für dringende Privatfahrten benutzen. Am 5. März 1962, einem Montag, hatte er morgens gegen 7.45 Uhr das Wohngebäude durch die Seitentür verlassen und den Kraftwagen aus der Garage auf den Vorplatz herausgesetzt. Er war im Begriff, den Wagen zu besteigen, um zu seiner um 8 Uhr beginnenden Arbeit zu fahren. In diesem Augenblick rutschte er wegen der auf dem Garagenvorplatz herrschenden Schneeglätte aus und stürzte. Dabei zog er sich eine Kompressionsfraktur des 1. Lendenwirbelkörpers zu. Er wurde deshalb vom 5. März bis 8. Mai 1962 stationär und vom 9. bis 27. Mai 1962 ambulant behandelt.

Die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) lehnte durch Bescheid vom 26. November 1962 die Entschädigungsansprüche mit der Begründung ab, der Unfall habe sich noch innerhalb des von E. bewohnten Grundstücks ereignet, so daß dieser sich im Zeitpunkt des Unfalls noch nicht auf dem Weg nach der Arbeitsstätte im Sinne des § 543 Abs. 1 RVO aF befunden habe.

Die AOK und der Verletzte E. haben gegen diesen Bescheid rechtzeitig Klage beim Sozialgericht (SG) Detmold erhoben.

Die AOK hat in ihrer Klageschrift beantragt festzustellen, daß der Verletzte E. am 5. März 1962 einen entschädigungspflichtigen Wegeunfall erlitten habe und daß ein Anspruch auf Krankenbehandlung gemäß § 558 RVO aF gegen die beklagte BG entstanden sei. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem SG hat die AOK lediglich beantragt, die Beklagte zur Gewährung von Krankenbehandlung zu verurteilen. Das SG hat durch Urteil vom 28. November 1963 die Klage der AOK abgewiesen. Es ist der Ansicht, daß hier weder ein Anwendungsfall des § 543 Abs. 2 RVO aF noch des Abs. 1 dieser Vorschrift gegeben sei. Der Unfall habe sich nicht bei einer Verwahrungshandlung ereignet. Der Verletzte sei noch vor seinem Eintritt in den nach § 543 Abs. 1 RVO geschützten Gefahrenbereich verunglückt. Mit derselben Begründung hat das SG an demselben Tage auch die Klage des Verletzten E. abgewiesen, der beantragt hatte, die Beklagte zur Entschädigungsleistung zu verurteilen.

Die AOK hat unter Wiederholung ihres in der Klageschrift gestellten Feststellungsantrags Berufung eingelegt. Der Verletzte E. hat ebenfalls Berufung eingelegt. Das LSG hat die beiden Streitsachen miteinander zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Im Termin zur Berufungsverhandlung haben die Beteiligten folgende Anträge gestellt:

Die AOK: Unter Änderung des angefochtenen Urteils und Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger zu 2) wegen seines Unfalls vom 5. März 1962 Krankenbehandlung gemäß § 558 RVO aF zu gewähren.

Der Verletzte E: Das angefochtene Urteil zu ändern, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seinen Unfall vom 5. März 1962 als entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte: Die Berufung der Klägerin zu 1) als unzulässig zu verwerfen und die Berufung des Klägers zu 2) als unbegründet zurückzuweisen.

Das LSG hat durch Urteil vom 25. Mai 1965 entschieden:

Die Berufung der Klägerin zu 1) gegen das Urteil des SG Detmold vom 28. November 1963 wird als unzulässig verworfen. Auf die Berufung des Klägers zu 2) wird das Urteil des SG Detmold vom 28. November 1963 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 1962 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall des Klägers vom 5. März 1962 als Arbeitsunfall anzuerkennen und nach dem Gesetz zu entschädigen.

Zur Begründung ist u. a. ausgeführt: Die Berufung der AOK sei nicht statthaft. Im Berufungsverfahren habe nur über den Antrag entschieden werden können, den die AOK bereits in der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellt und über den das SG entschieden habe. Die Beklagte habe einer Erweiterung des Klagantrags widersprochen, und der Senat habe eine Klagänderung insoweit auch nicht für sachdienlich gehalten (§ 99 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Daraufhin habe die AOK wie im ersten Rechtszug beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Verletzten E. wegen seines Unfalls Krankenbehandlung gemäß § 558 RVO aF zu gewähren. Hierbei handele es sich um einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu drei Monaten; denn am 27. Mai 1962 sei die Krankenbehandlung des Verletzten bereits beendet gewesen. Die sonach gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG ausgeschlossene Berufung könne nur unter den Voraussetzungen des § 150 SGG zulässig sein. Das sei jedoch nicht der Fall. Die Berufung sei nicht etwa mit der Rechtsmittelbelehrung des SG "zugelassen" worden.

Die Berufung des Verletzten E. sei zulässig. Sie habe auch Erfolg. Der Versicherungsschutz sei schon deshalb zu bejahen, weil E. außerhalb seines häuslichen Wirkungskreises auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte verunglückt sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich der Unfall bei einer versicherten Verwahrung eines Arbeitsgerätes zugetragen habe. Die Auffassung der Beklagten, der häusliche Bereich decke sich mit dem Bereich, der dem Versicherten vertraut sei, dessen Einwirkung und Verfügung unterliege, so daß sich dieser Bereich in Einzelfällen (z. B. bei Vorgärten, Vorhöfen, Garagenvorplätzen usw.) auch über die Außentür des Gebäudes hinaus erstrecken könne, werde in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aufgegeben. In dieser neueren Rechtsprechung werde der Gedanke der Rechtseinheitlichkeit in den Vordergrund gestellt; diesem Gedanken diene die Betrachtung, daß die Grenze des häuslichen Wirkungskreises auch in Fällen der vorliegenden Art an der Haustür des vom Versicherten bewohnten Gebäudes liege. Da der Verletzte E. Gesundheitsschädigungen erlitten habe, welche die Gewährung einer Entschädigung über die 13. Woche hinaus rechtfertigten, sei der Bescheid der Beklagten vom 26. November 1962 aufzuheben und diese zur Entschädigungsgewährung zu verurteilen.

Die Revision ist zugelassen, da der entschiedenen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beigemessen werde und eine Prüfung der Entscheidung auch geboten erscheine, damit die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abgrenzung des häuslichen Wirkungsbereichs eine weitere Festigung erfahren könne (vgl. Urteile des BSG vom 30.9.1964 - 2 RU 145/60 und 2 RU 221/60 -, vom 29.1.1965 - 2 RU 21/64 - und vom 25.2.1965 - 2 RU 180/64 -).

Das Urteil ist der Beklagten und der AOK am 2. Juli 1965 zugestellt worden; diese beiden Beteiligten haben gegen das Urteil am 27. Juli 1965 Revision eingelegt. Beide haben ihre Revision begründet, die AOK am 2. September 1965 und die Beklagte am 3. September 1965 innerhalb der für sie verlängerten Revisionsbegründungsfrist.

Die AOK hat die Revision wie folgt begründet: Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß in der mündlichen Verhandlung erster Instanz nur ein Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der Krankenbehandlung gestellt worden sei. Ihr Terminsvertreter habe auf Veranlassung des Kammervorsitzenden beantragt, die Beklagte zur Anerkennung eines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalls und zur Gewährung von Krankenbehandlung zu verurteilen. Dieser Antrag sei nicht vollständig protokolliert worden. Ein Antrag auf Berichtigung des Urteils und der Sitzungsniederschrift sei nicht gestellt worden, weil anzunehmen gewesen sei, daß der Antrag auf Verurteilung zur Gewährung von Krankenbehandlung zugleich den Antrag auf Verurteilung zur Anerkennung eines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalls enthalte. Hieraus ergebe sich die Zulässigkeit der Berufung gemäß § 143 SGG. Im übrigen wäre insoweit auch im Wege der ohne weiteres zulässigen Klagänderung der die Zulässigkeit der Berufung begründende Antrag zu erreichen gewesen.

Die AOK beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und ihre Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung für zulässig zu erklären, hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

a) die Revision der Klägerin zu 1) zurückzuweisen,

b) das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers zu 2) gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte meint, die Berufung der AOK gegen das erstinstanzliche Urteil sei ausgeschlossen, da nach dem von ihr gestellten Antrag im Berufungsverfahren die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG gegeben seien. Gegen ihre Verurteilung zur Leistungsgewährung an den Verletzten wendet sich die Beklagte mit der Auffassung, die Rechtsprechung des BSG zur Frage des Versicherungsschutzes bei Wegen nach und von der Arbeitsstätte bedürfe der Überprüfung, soweit sie sich auf Unfälle beziehe, die sich außerhalb des Wohngebäudes, aber noch im Bereich des Wohngrundstücks und noch nicht im Straßenverkehr ereignet haben (vgl. BSG 22, 240). Die Beklagte macht geltend, im vorliegenden Falle ergebe sich der Versicherungsschutz nicht zwingend aus § 543 Abs. 1 Satz 1 RVO aF; der Verletzte sei an der Unfallstelle noch nicht den Gefahren des öffentlichen Verkehrs ausgesetzt gewesen, und dieser Tatsache gegenüber dürfe der Gesichtspunkt der Rechtseinheitlichkeit und Rechtssicherheit nicht zu stark in den Vordergrund gerückt werden.

Der Verletzte E. beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend begründet.

II

Das LSG hat die Revision nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zugelassen. Mit der Begründung hierzu, nach der das LSG eine Überprüfung des Berufungsurteils im Interesse der Festigung der Rechtsprechung des BSG in Fällen der vorliegenden Art für geboten hält, ist erkennbar keine Zulassungsbeschränkung zum Ausdruck gebracht (vgl. SozR Nr. 170 zu § 162 SGG). Die beiden von der AOK und der Beklagten eingelegten Revisionen sind somit statthaft, sie sind auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, also zulässig. Von ihnen führte nur die Revision der AOK zum Erfolg.

Die AOK ist, wie von keiner Seite in Zweifel gezogen wird, befugt, den Entschädigungsanspruch des Verletzten E. aus Anlaß seines Unfalls vom 5. März 1962 gegen die Beklagte im Rechtsweg zu verfolgen. Dieses Recht ergibt sich aus der eine Prozeßstandschaft für die AOK begründenden Vorschrift des § 1511 RVO. Hierzu hat der erkennende Senat in BSG 22, 240, 241 und in dem Urteil vom 29. Januar 1965 - 2 RU 21/64 - unter Anführung von Nachweisungen aus Rechtsprechung und Schrifttum eingehende Ausführungen gemacht, auf die Bezug genommen wird. Die AOK war somit berechtigt, das gegen sie ergangene erstinstanzliche Urteil mit der Berufung anzugreifen. Ihre Berufung ist entgegen der Ansicht des LSG auch zulässig. Dieses hat zu Unrecht hier einen Anwendungsfall des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG für gegeben erachtet. Es trifft nach Auffassung des erkennenden Senats nicht zu, daß die AOK den Anspruch des Verletzten auf die Gewährung von Krankenbehandlung nach § 558 RVO aF für einen Zeitraum von weniger als 13 Wochen (3 Monaten) verfolgt. Im Termin zur Berufungsverhandlung wie auch schon in der Verhandlung vor dem SG hat die AOK beantragt, "dem Verletzten E. wegen seines Unfalls vom 5. März 1962 Krankenbehandlung gemäß § 558 RVO aF zu gewähren". Der damit geltend gemachte Leistungsanspruch enthält keine zeitliche Begrenzung. Das LSG hat eine derartige Begrenzung des Anspruchs offensichtlich deshalb für gegeben erachtet, weil die am 5. März 1962 begonnene Krankenbehandlung des Verletzten bisher nur bis zum 27. Mai 1962, also weniger als 13 Wochen, gedauert hat. Damit ist der eine Willenserklärung darstellende Klagantrag nach Auffassung des erkennenden Senats vom LSG jedoch zu eng ausgelegt worden. Das Revisionsgericht ist befugt zu prüfen, ob diese Willenserklärung richtig gewürdigt worden ist, weil es sich um die Wertung ihres Inhalts und ihrer Tragweite handelt. Da bei der Art und Schwere der Verletzung E's. Krankenbehandlungsmaßnahmen auch in späterer Zeit noch notwendig werden können, liegt es nahe, den schon seinem Wortlaut nach zeitlich unbegrenzten Klagantrag auch seiner Zielrichtung nach dahin zu verstehen, daß er nicht nur für die bereits stattgefundene ärztliche Behandlung vom 5. März bis 27. Mai 1962 gestellt worden ist, sondern sich auch auf später eintretende Behandlungsfälle beziehen sollte. Der erkennende Senat hat den Berufungsantrag der AOK in diesem Sinne ausgelegt. Hiernach konnte ungeprüft bleiben, ob, wie das LSG meint, dem in der Berufungsschrift der AOK enthaltenen Antrag auf Feststellung, daß der Verletzte E. am 5. März 1962 einen Arbeitsunfall erlitten und deshalb gegen die Beklagte einen Anspruch auf Krankenbehandlung gemäß § 558 RVO aF entstanden sei, das Verbot der Klagänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG entgegenstand und schon deswegen der von der AOK in der mündlichen Verhandlung vor dem SG formulierte, im Termin zur Berufungsverhandlung wiederholte auf Leistungsgewährung gerichtete Klagantrag gegolten hätte.

Das LSG hat somit die Berufung der AOK zu Unrecht als unzulässig verworfen. Das angefochtene Urteil mußte daher insoweit auf die Revision der AOK aufgehoben werden. Für eine gesonderte Sachentscheidung auf ihre Revision bestand jedoch kein Anlaß, da nach Lage des Falles über den Klaganspruch der AOK zugleich mit der Entscheidung über die Revision der Beklagten abschließend befunden werden kann.

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Sie wendet sich gegen die Rechtsprechung des erkennenden Senats, nach welcher im Interesse der Rechtssicherheit und Reichseinheitlichkeit als Grenze des der privaten Lebenssphäre des Versicherten zuzurechnenden häuslichen Wohnbereichs im Sinne des § 543 RVO aF jede Außentür der zu diesem Bereich gehörenden Gebäude zu gelten habe (vgl. BSG 2, 239; 22, 240; SozR Nr. 52 zu § 543 RVO aF, ferner Urteile vom 29.1.1965 - 2 RU 21/64 - und vom 25.2.1965 - 2 RU 180/64 -; Dähne in "Soziale Sicherheit" 1965, 167). Die Ausführungen, mit denen die Revision diese Auffassung bekämpft, rechtfertigen es nicht, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Die Beklagte verkennt, daß es nicht der Zweck des § 543 Abs. 1 Satz 1 RVO aF ist, Versicherungsschutz für die den Beschäftigten auf den Wegen nach und von der Arbeitsstätte drohenden Gefahren im öffentlichen Verkehr zu gewähren. Darauf ist bereits in der Entscheidung des erkennenden Senats vom 13. März 1956 (BSG 2, 239, 241) unter Bezug auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift mit eingehender Begründung hingewiesen worden. Hiernach können die Wohnverhältnisse des Klägers entgegen der Ansicht der Revision nicht die Schlußfolgerung begründen, daß der außerhalb des Wohn- und Garagengebäudes befindliche Grundstücksbereich in die private Sphäre des Klägers einbezogen werden könne. Der Kläger befand sich auf dem mit seiner versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg, als er auf dem Garagenvorplatz beim Besteigen seines Kraftwagens stürzte. Das LSG hat daher zu Recht entschieden, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus Anlaß seines Unfalls Entschädigung zu leisten. Ob der Anspruch des Klägers hierauf auch unter dem Gesichtspunkt der versicherten Verwahrung eines Arbeitsgeräts im Sinne des § 543 Abs. 2 RVO aF gerechtfertigt wäre, brauchte, da der Versicherungsschutz nach Abs. 1 dieser Vorschrift begründet ist, nicht geprüft zu werden.

Die Revision der Beklagten mußte somit als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Leistungsverpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger umfaßt auch den von der AOK auf Grund des § 1511 RVO geltend gemachten Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 558 RVO aF. Deshalb bedurfte es keiner besonderen Verurteilung der Beklagten hierüber. Dem Klagebegehren der AOK ist mit dem Erlaß des zu Recht ergangenen Grundurteils des LSG in vollem Umfange entsprochen worden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2529998

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