Beteiligte

AOK Schleswig-Holstein – Die Gesundheitskasse

Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein

Wehrbereichsverwaltung I

1. Kreis Segeberg, als Träger der Kreiskrankenhäuser Segeberg und Kaltenkirchen

2. Kreis Stormarn, als Träger des Kreiskrankenhauses Stormarn

3. Kreis Dithmarschen, als Träger der Kreiskrankenhäuser Brunsbüttel und Heide

4. Ostseeklinik Damp GmbH

5. Ostholstein Kliniken GmbH, als Träger der Kreiskrankenhäuser Eutin, Neustadt und Oldenburg

6. Kreis Rendsburg-Eckernförde, als Träger der Kreiskrankenhäuser Eckernförde und Rendsburg

8. Ev.-Luth. Diakonissenanstalt

9. Malteser Werke e.V., als Träger des Malteser-Krankenhauses

10. Ev.-Luth. Diakonissenanstalt, als Träger der Städt. Krankenanstalten Frauen- und Kinderklinik

11. Paracelsus-Kliniken – Unternehmensleitung –, als Träger der Paracelsus-Klinik Glückstadt, der Paracelsus-Nordseeklinik Helgoland und der Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg

12. Johanniter-Gesellschaft für Krankenpflege im Kreis Herzogtum Lauenburg/Gemeinnützige Betriebs GmbH, als Träger des Johanniter Krankenhauses Geesthacht

14. Fachklinik Heiligenhafen, Anstalt des öffentlichen Rechts, als Träger der Fachklinik für Psychiatrie, Neurologie und Rehabilitation

17. Kreis Nordfriesland, als Träger der Kreiskrankenhäuser Husum, Niebüll und Tönning

18. Zweckverband des Kreises Steinburg u. der Stadt Itzehoe

Verwaltungsleiter

20. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Verwaltungsdirektor des Klinikums der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

21. Dr. Hans Lubinus, als Träger der Lubinus-Klinik Kiel

22. Bundesrepublik Deutschland

23. Landeshauptstadt Kiel, Der Magistrat, Städtisches Krankenhaus

Verwaltungsdirektor

24. Hansestadt Lübeck, als Träger des Städtischen Krankenhauses Priwall

und des Städtischen Krankenhauses Süd

25. Medizinische Universität zu Lübeck

Verwaltungsdirektor des Klinikums

27. Stadt Mölln, als Trägerin des Städtischen Krankenhauses Mölln

28. Stadt Neumünster – Der Magistrat –, als Trägerin des Friedrich-Ebert-Krankenhauses

32. Kreis Pinneberg, als Träger der Kreiskrankenhäuser Pinneberg, Uetersen, Wedel und Elmshorn

33. Kreis Plön, als Träger des Kreiskrankenhauses des Kreises Plön

34. DRK-Landesverband Schleswig-Holstein, als Träger des Wilhelm-Augusta-Krankenhauses des DRK

35. Kath. Wohltätigkeitsanstalt zur heiligen Elisabeth, als Trägerin des Krankenhauses Reinbek St. Adolf-Stift

36. Arbeitsgemeinschaft Kinderklinik Rendsburg (VCRS)

38. Kreis Schleswig-Flensburg, als Träger des Martin-Luther-Krankenhauses

39. Fachklinik Schleswig, Anstalt des öffentlichen Rechts, als Träger der Fachklinik für Psychiatrie, Neurologie und Rehabilitation

40. Klinikgruppe Dr. Guth GmbH & Co. KG, als Träger der Curschmann-Klinik

44. Asklepios-Nordseeklinik Westerland GmbH, als Trägerin der Nordsee-Klinik Westerland

 

Tenor

Die Revisionen der Beigeladenen zu 5, 8 bis 12, 21, 34 bis 36, 40 und 44 gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 1995 werden verworfen.

Auf die Revisionen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1 bis 3, 6, 14, 17, 20, 23 bis 25, 28, 32, 33, 38 und 39 wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 1995 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 16. Juni 1993 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat der Beklagten deren außergerichtliche Kosten für das Berufungs- und Revisionsverfahren zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Zwischen der klagenden Krankenkasse, der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) und den beigeladenen Krankenhausträgern ist die Höhe des Abschlags umstritten, der im Quartal III/90 bei der Honorierung der in den Krankenhäusern der Beigeladenen erbrachten Notfallbehandlungen vorzunehmen war.

Gemäß § 6 Abs 2 des Gesamtvertrages zwischen dem Funktionsvorgänger der Klägerin, dem AOK-Landesverband Schleswig-Holstein, und der Beklagten aus dem Jahre 1988 werden die in öffentlich geförderten Krankenhäusern erbrachten Notfallbehandlungen in der Weise vergütet, daß die Punktzahl für notärztliche Einzelleistungen um 25 % vH vermindert und mit einem in Anlage A des Gesamtvertrages vereinbarten Punktwert multipliziert wird. Bis zum Quartal II/90 verfuhr die Beklagte entsprechend dieser Regelung. Ab dem Quartal III/90 rechnete sie die in den Krankenhäusern der Beigeladenen erbrachten ambulanten Notfalleistungen unter Zugrundelegung eines lediglich 10 %igen Abschlags auf die angefallene Punktzahl ab. Sie berief sich darauf, daß die gesamtvertragliche Regelung durch § 120 Abs 3 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), der einen Investitionskostenabschlag iHv nur 10 % vorsehe, verdrängt worden sei. Die Klägerin zahlte zunächst die geltend gemachten Gesamtvergütungsanteile, behielt sich jedoch ein Rückforderungsrecht hinsichtlich der geleisteten Zahlungen insoweit vor, als diese unter Zugrundelegung eines 10 %igen Abschlags statt des gesamtvertraglich bestimmten 25 %igen Abschlags berechnet worden waren.

Nachdem die Beklagte die Rückzahlung abgelehnt und ihren Standpunkt bekräftigt hatte, ein höherer als der in § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V vorgesehene 10 %ige Investitionskostenabschlag könne dem Honoraranspruch der Beigeladenen nicht entgegengehalten werden, hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Klage auf Rückzahlung des Betrages erhoben, der sich ergibt, wenn statt dem 10 %igen ein 25 %iger Abschlag von der angefallenen Gesamtpunktzahl vorgenommen wird. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. Juni 1993). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG geändert und die Beklagte verurteilt, „der Klägerin auf die für das Quartal III/90 im Rahmen der Gesamtvergütung für die Beigeladenen berücksichtigte Notfallhonorare 15 vH zu erstatten”. Der Klägerin stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, weil die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen sei, auf die Honorarforderungen der Beigeladenen für die in ihren Krankenhäusern geleistete Notfallbehandlung dürfe lediglich ein 10 %iger Abschlag vorgenommen werden. Die Regelung des § 6 Abs 2 des Gesamtvertrages sei nicht durch § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V verdrängt worden. Diese Vorschrift treffe eine abschließende und zwingende Regelung nur hinsichtlich der Höhe des Investitionskostenabschlags, hindere die Vertragspartner aber nicht, darüber hinausgehende Abschläge für sonstigen Minderaufwand der Krankenhäuser gegenüber den Vorhaltekosten für die Notfallversorgung in der Praxis niedergelassener Vertragsärzte vorzunehmen (Urteil vom 13. Juni 1995).

Mit ihren Revisionen rügen die Beklagte und die revisionsführenden Beigeladenen eine Verletzung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V. Im Hinblick auf das Urteil des Senats vom 20. Dezember 1995 – 6 RKa 25/95 – sind sie der Auffassung, daß die Partner der Gesamtverträge zwar grundsätzlich befugt seien, auch Regelungen über die Vergütung von Notfallbehandlungen in Krankenhäusern zu treffen. Ein höherer Vergütungsabschlag als der in § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V zugelassene sei jedoch nur statthaft, soweit er durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Derartige Gründe seien im vorliegenden Fall aber weder geltend gemacht worden noch ersichtlich. Die Beigeladenen machen überdies geltend, die gesamtvertragliche Vereinbarung eines 25 %igen Abschlags stelle einen unzulässigen Vertrag zu ihren, der Krankenhausträger, Lasten dar. Im übrigen verstoße § 6 Abs 2 des Gesamtvertrages gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG), weil die Ungleichbehandlung von öffentlich geförderten Krankenhäusern und Vertragsärzten hinsichtlich der Kosten der Notfallbehandlungen nicht begründet sei.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 3), 5) bis 18), 20), 21), 23) bis 44) beantragen,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 1995 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 16. Juni 1993 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revisionen gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 1995 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und stellt in Frage, ob in dem Senatsurteil vom 20. Dezember 1995 – 6 RKa 25/95 – die Kompetenzen der Partner der Gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen zur Regelung der Vergütung von Notfalleistungen in Krankenhäusern zutreffend beschränkt worden sind. Selbst auf der Grundlage dieses Senatsurteils müsse jedoch der Frage nachgegangen werden, ob dem einzelnen Krankenhaus bei der ambulanten Notfallversorgung tatsächlich ein zusätzlicher Aufwand entstehe oder ob nicht vielmehr der vom Berufungsgericht angenommene Minderaufwand bei diesen Leistungen bereits daraus resultiere, daß im Krankenhaus ohnehin vorhandene Dienste eingesetzt werden könnten. Zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung speziell im Notfall bedürfe es in der Praxis von Vertragsärzten demgegenüber einer kostenaufwendigen Organisation.

Die Beigeladenen zu 4) und zu 22) beteiligen sich am Revisionsverfahren nicht.

II

Die Revisionen der Beigeladenen zu 5, 8 bis 12, 21, 34 bis 36, 40, 44 sind unzulässig, weil sie nicht von einem nach § 166 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Vertretung vor dem Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Bevollmächtigten erhoben worden sind. Diese Beigeladenen unterliegen, auch soweit es sich um Träger von kirchlichen Krankenhäusern handelt, dem Vertretungszwang nach § 166 Abs 1 SGG, weil sie keine Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts sind. Selbst wenn die Beigeladenen zu 8 und 10 als kirchliche Einrichtungen den Status von Körperschaften des öffentlichen Rechts iS des Art 137 Abs 5 Satz 1 Weimarer Reichsverfassung (WRV) iVm Art 140 GG haben sollten, sind sie vom sog Behördenprivileg des § 166 Abs 1 SGG nicht erfaßt. Die Verleihung des Körperschaftsstatus an Kirchen und ihre Einrichtungen beruht auf der Tradition des deutschen Staatskirchenrechts und hat weder die Eingliederung der Kirchen in den Staat noch eine Gleichstellung der Kirchen mit anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Folge (BVerfGE 19, 129, 133; 18, 385, 386; vgl auch Ehlers, in: Sachs ≪Hrsg≫, GG, 1996, Art 137 WRV RdNr 19).

Der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH), den die Beigeladenen zu 5, 8 bis 12, 21, 34 bis 36, 40, 44 mit ihrer Vertretung beauftragt haben, ist kein nach § 166 Abs 2 SGG zugelassener Bevollmächtigter. Er ist weder Rechtsanwalt (vgl § 166 Abs 2 Satz 2 SGG) noch – was allein in Betracht kommt – Angestellter einer Vereinigung von Arbeitgebern iS des § 166 Abs 2 Satz 1 SGG. Ihm ist zudem die Vertretung der Mitglieder der KGSH vor Gericht nicht kraft Satzung oder Vollmacht übertragen.

Eine Vereinigung von Arbeitgebern iS des § 166 Abs 2 Satz 1 SGG sind nur solche juristische Personen, die sich in einem maßgeblichen Umfang auch mit Aufgaben befassen, die ihre Mitglieder gerade in deren Eigenschaft als Arbeitgeber betreffen (vgl BSG SozR Nr 35 zu § 166 SGG und SozR 1500 § 166 Nr 12 S 16). Das ist bei der KGSH nach der von ihr vorgelegten Satzung weder generell noch im Hinblick auf den hier betroffenen Sachverhalt der Fall. Allein die Tatsache, daß die Mitglieder der KGSH auch Arbeitgeber sind, macht ihre Vereinigung nicht zu einem Arbeitgeberverband, solange nicht die Aufgabe des Verbandes zumindest auch darin besteht, Tarifverhandlungen zu führen und Tarifverträge abzuschließen (vgl BSG SozR 1500 § 166 Nr 12 S 16). Für eine solche schwerpunktmäßige Aufgabenstellung enthält die Satzung der KGSH keine Hinweise.

Im übrigen hat der Geschäftsführer der KGSH gegenüber dem BSG nicht nachgewiesen, daß ihm die KGSH im Innenverhältnis die Prozeßführungsbefugnis übertragen hat. Zunächst ist eine Übertragung durch Satzung nicht erfolgt. Nicht alle Angestellte der in § 166 Abs 2 Satz 1 SGG genannten Verbände sind als Prozeßbevollmächtigte zugelassen, sondern nur diejenigen, die der Verband mit der Prozeßführung für seine Mitglieder betraut hat. Mit dieser Auswahl soll erreicht werden, daß die Prozeßvertretung nur solchen Angestellten übertragen wird, die nach Überzeugung des Verbandes nach ihren Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet des Sozialrechts hierzu geeignet sind (BSG SozR 1500 § 166 Nr 12 S 16; SozR 3-1500 § 166 Nr 1). Es ist deshalb erforderlich, daß der Verband klar regelt, welchem Personenkreis er die Befugnis zur Prozeßvertretung verleiht. Darüber ist der Satzung der KGSH eV nichts zu entnehmen. Zwar sieht § 9 Abs 2 vor, daß der Geschäftsführer die Krankenhausgesellschaft im Rahmen des zugewiesenen Geschäftsbereichs vertritt. Aus der Satzung ergibt sich aber nicht, daß die Prozeßvertretung der Mitglieder zu den Aufgaben und insbesondere zu den laufenden Geschäften der Krankenhausgesellschaft gehört. In § 1 Abs 2 Satz 1 Buchst c der Satzung wird als Aufgabe ausdrücklich lediglich die Beratung, nicht aber die Vertretung der Mitglieder vor Gericht genannt.

Dem Geschäftsführer der KGSH ist die Prozeßführungsbefugnis auch nicht durch Erteilung einer Vollmacht iS des § 166 Abs 2 Satz 1 SGG seitens der KGSH übertragen worden. Unter Vollmacht iS dieser Vorschrift ist nicht die in § 73 SGG geregelte Prozeßvollmacht zu verstehen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem Verfahrensbeteiligten und seinem Bevollmächtigten betrifft. Vielmehr bezieht sich die Vollmacht iS des § 166 Abs 2 Satz 1 SGG allein auf das Innenverhältnis zwischen dem Bevollmächtigten und seinem Verband, hier also der KGSH (Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 73 RdNr 8 und § 166 RdNr 8). Eine derartige Vollmacht, die nach § 8 der Satzung der KGSH vom Vorstand auszustellen wäre, ist nicht zu den Gerichtsakten gereicht worden. Es obliegt den Rechtsmittelführern, den Nachweis einer entsprechenden Vollmacht zu erbringen (BSG SozR 1500 § 166 Nr 12 S 17/18).

Die Revisionen der übrigen Beigeladenen sind ebenso wie diejenige der Beklagten zulässig. Für die Beigeladenen, die durch Rechtsanwälte vertreten sind, folgt dies aus § 166 Abs 1 SGG iVm § 166 Abs 2 Satz 2 SGG. Für die beigeladenen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die durch den Geschäftsführer der KGSH vertreten sind, ergibt sich dies aus § 166 Abs 1 SGG. Die Behörden sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sind vom Vertretungszwang vor dem BSG gemäß § 166 Abs 1 SGG ausgenommen. Sie sind, wenn sie sich vor dem BSG vertreten lassen wollen, nicht auf den Kreis der in § 166 Abs 2 SGG genannten Prozeßbevollmächtigten beschränkt, sondern im allgemeinen Rahmen des § 73 Abs 1 SGG in der Wahl ihrer Bevollmächtigten frei (BSGE 2, 159, 160 = SozR Nr 6 zu § 166 SGG). Deshalb bestehen keine Bedenken dagegen, daß sich Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts in ihrer Eigenschaft als Krankenhausträger vom Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft ihres Bundeslandes vertreten lassen, wie das hier bei der Einlegung der Revisionen geschehen ist.

Die Revisionen sind auch begründet. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Sozialgerichts (SG) zu Unrecht geändert. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der klagenden Krankenkasse kein Anspruch auf Rückzahlung von Gesamtvergütungsanteilen für Notfallbehandlungen in den Krankenhäusern der Beigeladenen im Quartal III/90 zusteht. Die beklagte KÄV hat die Notfalleistungen in den Krankenhäusern der beigeladenen Krankenhausträger zu Recht in der Weise honoriert, daß die für die Notfallbehandlungen angefallenen Punktzahlen um 10 % vermindert und nach Multiplikation mit dem vereinbarten Punktwert als DM-Beträge zur Auszahlung gelangt sind. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Punktzahlen um weitere 15 % zu mindern, wie dies § 6 Abs 2 des Gesamtvertrages zwischen dem Funktionsvorgänger der Klägerin, dem AOK-Landesverband Schleswig-Holstein, und der beklagten KÄV vorsieht. Diese gesamtvertragliche Regelung ist mit § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V unvereinbar und deshalb insoweit unwirksam. Da die Beklagte bei der Honorierung der Notfalleistungen gegenüber den Beigeladenen lediglich eine Punktzahlreduzierung um 10 % vornehmen durfte, war die Klägerin ihrerseits verpflichtet, eine Gesamtvergütung in entsprechender Höhe an die Beklagte zu leisten. Daher hat ihrer Zahlung an die Beklagte in vollem Umfang ein rechtlicher Grund zugrunde gelegen, so daß ihr kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung eines Teils der geleisteten Zahlungen zusteht.

Nach § 6 Abs 2 des bislang ungekündigten Gesamtvertrages wird die Vergütung für ambulant notärztlich erbrachte Leistungen in öffentlich geförderten Krankenhäusern in der Weise berechnet, daß die Punktzahl für notärztliche Einzelleistungen um 25 % vermindert und mit einem in Anlage A des Gesamtvertrages vereinbarten Punktwert multipliziert wird. Soweit in dieser Regelung eine Punktzahlverminderung von mehr als 10 % vereinbart worden ist, steht dies mit höherrangigem Recht nicht in Einklang. Die Partner der Gesamtverträge sind allerdings grundsätzlich befugt, auch Regelungen über die Vergütung von Notfallbehandlungen durch nicht an der kassenärztlichen (ab 1. Januar 1993 einheitlich: vertragsärztlichen) Versorgung teilnehmende Ärzte bzw Krankenhäuser zu treffen; denn die Vergütung der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen sind von den Landesverbänden der Krankenkassen mit den KÄVen durch Gesamtverträge zu regeln (§ 82 Abs 2 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477). Der kassenärztlichen Versorgung in diesem Sinne zuzurechnen ist auch die Versorgung der Versicherten in den Fällen des § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V – also bei Notfällen – durch Nicht-Kassenärzte bzw nicht zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhäuser. Die Vergütung der ambulanten Notfallbehandlungen in Krankenhäusern fällt dagegen nicht in den Bereich, der gemäß § 115 Abs 2 Nr 3 SGB V der Regelung durch dreiseitige Verträge zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten zugewiesen ist. Da die durch die genannten Ärzte bzw Einrichtungen vorgenommenen Notfallbehandlungen Bestandteil der kassenärztlichen Versorgung sind, ergibt sich auch der Vergütungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach aus diesem System. Er bemißt sich regelmäßig nach den vollen Sätzen der jeweils maßgeblichen Gebührenordnung. Der Senat hat es dabei im Hinblick auf die Systembesonderheiten der Krankenhausfinanzierung in entsprechender Anwendung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V als gerechtfertigt angesehen, daß bei in Krankenhäusern erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen der Vergütungsanspruch iH von 100 vH der maßgeblichen Gebührensätze um einen Investitionskostenabschlag iH von 10 vH gemindert wird (vgl zu allem BSGE 75, 184, 185 = SozR 3-2500 § 120 Nr 4; BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7).

Im Urteil vom 20. Dezember 1995 (SozR 3-2500 § 120 Nr 7) hat der Senat ausgeführt, eine über den 10 %igen Investitionskostenabschlag nach § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V hinausgehende Begrenzung des Vergütungsanspruchs für Notfallbehandlungen von nicht an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten Krankenhäusern durch Regelungen in Gesamtverträgen, sei es im Wege prozentualer Abschläge oder durch Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit bestimmter Leistungen, sei nur zulässig, soweit sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Solche Gründe sind für den in § 6 Abs 2 des Gesamtvertrages vereinbarten Abschlag von 25 % der für die Einzelleistungen angefallenen Punktzahlen weder von der Klägerin dargelegt noch ansonsten zu erkennen. Die Klägerin hat im Verlauf des Rechtsstreits entsprechende, aus ihrer Sicht relevante Gesichtspunkte nicht benannt. Soweit ihr Vorbringen so zu verstehen ist, daß Notfallbehandlungen im Krankenhaus wegen der für die Versorgung der stationären Patienten ohnehin vorzuhaltenden Infrastruktur stets kostengünstiger durchzuführen seien als in Praxen von Vertragsärzten, ist damit kein sachlicher Grund im Sinne der Rechtsprechung des Senats angesprochen. Zum einen trägt bereits der 10 %ige Investitionskostenabschlag in Anwendung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V der Tatsache Rechnung, daß bestimmte Kostenanteile für Investitionen, die durch die Punktzahlen für die einzelnen vertragsärztlichen Leistungen stets mitabgegolten sind (vgl Ziff 2 Kapitel A I des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs), in öffentlich geförderten Krankenhäusern nicht anfallen, weil diese Investitionen aus öffentlichen Mitteln bestritten werden (vgl § 9 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes). Im übrigen zeigt die Regelung des § 6 Abs 2 des Gesamtvertrages über den 25 %igen Punktzahlenabschlag, daß insoweit eine pauschale Vergütungsminderung für die in Krankenhäusern erbrachten Notfallbehandlungen verwirklicht werden sollte, bei der nicht darauf abgestellt wird, ob die einzelne ärztliche Leistung im Krankenhaus tatsächlich billiger erbracht werden kann als in der Praxis eines niedergelassenen Arztes. Der Senat hat eine gesamtvertragliche Regelung über den Ausschluß der Abrechenbarkeit von im Rahmen der Notfallbehandlung in Krankenhäusern erbrachten Beratungs- und Untersuchungsleistungen nach den Nrn 2, 3, 5 und 6 des Bewertungsmaßstabs für kassenärztliche Leistungen (Beratungen außerhalb der Zeit von 8.00 bis 19.00 Uhr) als nichtig beurteilt, weil auch im Krankenhaus die Beratung und ggf Untersuchung von Patienten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit mit erhöhtem und im Verhältnis zur Betreuung der stationär behandelten Patienten zusätzlichen Aufwand verbunden sei (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 38). Insoweit hatte die gesamtvertragliche Regelung immerhin noch an unterschiedliche Umstände der Leistungserbringung im Krankenhaus und in der Praxis niedergelassener Ärzte angeknüpft (Existenz eines Bereitschaftsdienstes auch zur Nachtzeit), wenn auch die Unterschiede nicht so gewichtig waren, daß sie eine Ungleichbehandlung bei der Honorierung rechtfertigen konnten. Die hier maßgebliche Regelung des § 6 Abs 2 des Gesamtvertrages hat indessen die unterschiedlichen Bedingungen der Leistungserbringung in Krankenhaus und Praxis überhaupt nicht im Blick, denn der 25 %ige Punktzahlenabschlag betrifft ohne Ausnahmemöglichkeit alle ärztliche Leistungen im Rahmen von Notfallbehandlungen. Von der Punktzahlenminderung sind damit auch ärztliche Leistungen betroffen, bei deren Erbringung die Unterschiede zwischen der Notfallambulanz eines Krankenhauses und der Notfallbetreuung in der Praxis eines niedergelassenen Arztes unter Aufwands- und Kostengesichtspunkten keine Rolle spielen können.

Nach alledem war auf die Revisionen der Beklagten und – soweit zulässig – der Beigeladenen das Urteil des LSG aufzuheben und die klageabweisende Entscheidung des SG wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Den Beigeladenen steht, auch soweit sie im Revisionsrechtszug erfolgreich sind, auf der Grundlage des § 193 Abs 4 SGG ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerin nicht zu. Zum Verfahren beigeladene Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts haben keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen für das gerichtliche Verfahren, auch wenn sie allein Rechtsmittel eingelegt und im Rechtsmittelverfahren obsiegt haben (Senatsurteil vom 19. Juni 1996 – 6 RKa 46/95 – SozR 3-2500 § 311 Nr 4). Bei allen Beigeladenen, deren Revision zulässig und begründet gewesen ist, handelt es sich um Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts.

 

Fundstellen

Haufe-Index 651691

KHuR 1997, 13

SozSi 1998, 160

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