Entscheidungsstichwort (Thema)

Eine vorläufige Rente wird nicht durch Zeitablauf zur Dauerrente

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es wird an der Rechtsprechung des RVA festgehalten, daß die einjährige Sperrfrist des RVO § 609 S 2 nicht für die erste Feststellung einer Dauerrente gilt (grundsätzliche Entscheidung in AN 1925,320).

2. Die Zulassung der Berufung braucht nicht in die Urteilsformel aufgenommen zu werden. Es genügt, daß sie in den Gründen des Urteils enthalten ist.

3. Hat das SG der Klage stattgegeben, so ist eine Zurückverweisung an das SG in entsprechender Anwendung des SGG § 159 Abs 1 Nr 1 auch dann nicht zulässig, wenn das SG nicht alle Rechtsfragen behandelt hat, auf die es nach der Auffassung des Berufungsgerichts ankommt.

4. Von Amts wegen ist in einer zulässigen Revision ein Verfahrensmangel zu berücksichtigen, wenn es sich um einen in der Revisionsinstanz fortwirkenden Verstoß gegen einen verfahrensrechtlichen Grundsatz handelt, der im öffentlichen Interesse zu beachten und dessen Befolgung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben, wenn das LSG in unzulässiger Weise die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückverwiesen hat, anstatt selbst endgültig zu entscheiden.

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine vorläufige Rente wird nach Ablauf von 2 Jahren nach dem Unfall, also des Zeitraumes, innerhalb dessen nach RVO § 1585 Abs 2 die Dauerrente festzustellen gewesen wäre, nicht von selbst zur Dauerrente.

 

Normenkette

RVO § 609 S. 2 Fassung: 1924-12-15; SGG § 150 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03, § 159 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03, § 162 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; RVO § 1585 Abs. 2 Fassung: 1924-12-15

 

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Celle vom 13. April 1955 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der Kläger erlitt am 11. Juli 1951 im Betrieb der Baumwollspinnerei und Weberei ... einen Arbeitsunfall. Die beklagte Berufsgenossenschaft gewährte ihm deswegen nach ärztlicher Begutachtung durch Bescheid vom 29. Dezember 1952 eine vorläufige Rente vom Tage nach dem Wegfall des Krankengeldes an, und zwar für gewisse Zeiträume des Jahres 1952 eine Vollrente, im übrigen, so vor allem für die Zeit nach dem 11. August 1952, eine Teilrente von 30 v.H. Auf Grund weiterer ärztlicher Gutachten setzte die Beklagte durch Bescheid vom 29. Juli 1953 eine Dauerrente von 20 v.H. für die Zeit nach dem 1. September 1953 fest.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Berufung beim Oberversicherungsamt (OVA.) Osnabrück ein mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung einer Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) von 30 v.H. vom 1. September 1953 an zu verurteilen. Dabei stützte er sich auf Gutachten seiner behandelnden Ärzte Dr. K und Dr. H welche die MdE. mit 50 bezw. 40 v.H. angaben. Demgegenüber kam der vom OVA. mit der Nachuntersuchung des Klägers beauftragte Gerichtsarzt Dr. G zu dem Ergebnis, daß die durch den Unfall hervorgerufene MdE. nur 20 v.H. betrage.

Nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist das Verfahren gemäß § 215 Abs. 4 SGG auf das Sozialgericht (SG.) Osnabrück übergegangen. Dieses hat entsprechend dem Antrag des Klägers den Rentenbescheid vom 29. Juli 1953 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung einer Dauerrente von 30 v.H. verurteilt. Es ist, ohne auf die ärztlichen Gutachten einzugehen, der Auffassung des Klägers gefolgt, daß im Hinblick auf § 609 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Rente durch Bescheid vom 29. Juli 1953 nicht habe neu festgesetzt werden dürfen, weil damals die Zweijahresfrist für die Feststellung der Dauerrente abgelaufen gewesen sei und infolgedessen der Ablauf des weiteren, erst mit dem 11. Juli 1954 endenden Sperrjahres hätte abgewartet werden müssen.

Dieses Urteil hat die Beklagte mit der - vom SG. in den Entscheidungsgründen zugelassenen - Berufung zum Landessozialgericht (LSG.) angefochten. Sie hat dabei die Auffassung vertreten, daß es dem Unfallversicherungsträger auch nach Ablauf der Zweijahresfrist jederzeit unbenommen sei, die Dauerrente festzusetzen.

Die Beklagte hat in erster Linie beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG. zurückzuverweisen.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Das LSG. hat durch Urteil vom 13. April 1955 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG. zurückverwiesen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat es die Revision zugelassen.

Es hat die Berufung als statthaft angesehen, obwohl diese nicht in der Urteilsformel, sondern in den Entscheidungsgründen zugelassen war. In der Auslegung des § 609 RVO hat das LSG. die Rechtsansicht des SG. nicht gebilligt, ist vielmehr der grundsätzlichen Entscheidung des Reichsversicherungsamts (RVA.) vom 17. September 1925 (AN. S. 320) gefolgt. In dieser Entscheidung ist ausgeführt, daß die einjährige Sperrfrist des § 609 Satz 2 RVO nur für die Neufestsetzung bereits festgestellter Dauerrenten, nicht aber für die Erstfestsetzung einer Dauerrente gelte. Die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz ist unter Anführung des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG damit begründet, daß das SG. die Rentenfestsetzung sachlich nicht nachgeprüft habe.

Gegen das ihm am 1. Juli 1955 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Juli 1955 Revision eingelegt und sie gleichzeitig begründet.

Er hält die Auslegung, die das LSG. unter Anlehnung an die grundsätzliche Entscheidung des RVA. vom 17. September 1925 § 609 RVO hat zuteil werden lassen, für unzutreffend. Er meint, sie werde dem Wortlaut des § 609 RVO und der Forderung des § 1585 Abs. 2 Satz 1 RVO, daß die Dauerrente spätestens mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Unfall festzusetzen sei, nicht gerecht. Zur Stützung seiner Rechtsansicht verweist er auf das Urteil des SG. Bremen vom 2. März 1954 in Breith. 1955 S. 142 und auf die Abhandlung von Schroeder-Printzen in ZfS. 1954 S. 243.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des LSG. Celle vom 13. April 1955 sowie des Bescheides der Beklagten vom 29. Juli 1953 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Dauerrente von 30 v.H. vom 1. September 1953 an zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Die vom LSG. zugelassene Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG); sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Der Senat hatte zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung zum LSG. zulässig war. Wäre sie unzulässig gewesen, so müßte dies ohne Prüfung der erhobenen Revisionsrüge zur Aufhebung des Berufungsurteils führen, da sonst das Revisionsverfahren einer entscheidenden Grundlage entbehrt (vgl. Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG.) Bd. 1 S. 227, hier S. 230; BSG. in "Sozialrecht" (SozR) SGG § 150 Bl. Da 2 Nr.7). Gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen indessen keine rechtlichen Bedenken. Die Zulassung hat nach § 150 Nr. 1 SGG im Urteil zu erfolgen. An welcher Stelle des Urteils dies zu geschehen hat, ist nicht vorgeschrieben; die Zulassung muß sich nur eindeutig aus dem Urteil ergeben. Es ist daher wie im Zivilprozeß (vgl. § 546 Abs. 1 Zivilprozeßordnung - ZPO -) ohne Bedeutung, ob die Zulassung in der Urteilsformel oder in den Gründen enthalten ist (vgl. Urteil des BSG. vom 14. Dezember 1955 - 7 RAr 69/55 - mit Leitsatz veröffentlicht in SozR SGG § 150 Bl. Da 1 Nr. 4; BGH. in NJW 1956 S. 830 und 831; LSG. Celle in Nieders. MinBl. 1956 Rechtspr. Beilage S. 59; LSG. Baden-Württemberg in Breith. 1955 S. 554; Stein-Jonas-Schönke-Pohle, Kommentar zur ZPO, 18. Aufl. Stand März 1956, § 546 Anm. VI 3 b; Baumbach-Lauterbach, Kommentar zur ZPO, 23. Aufl., § 546 Anm. 4; Haueisen in "Die Sozialgerichtsbarkeit" 1955 S. 1; Dapprich in "Die Sozialgerichtsbarkeit" 1956 S. 177). Die abweichende Ansicht der Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen ("Die Sozialgerichtsbarkeit" 1956 S. 93), Schleswig ("Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe" 1956 S. 27) und Berlin (NJW 1954 S. 1863 = "Die Ortskrankenkasse" 1954 S. 475) findet im Gesetz keine ausreichende Stütze.

Die von der Revision erhobene Rüge, § 609 Satz 2 RVO sei verletzt, ist unbegründet.

Wie das LSG. zutreffend ausgeführt hat, ist die vorläufige Rente, die dem Kläger durch Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 1952 gewährt worden war, nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Unfall, also des Zeitraums, innerhalb dessen nach § 1585 Abs. 2 RVO die Dauerrente festzustellen gewesen wäre, nicht von selbst zur Dauerrente geworden. Vielmehr hätte es hierzu einer Entschließung des Versicherungsträgers bedurft, die in einem schriftlichen Bescheid hätte zum Ausdruck kommen müssen. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des RVA. (vgl. grunds . Entsch. 2953, AN. 1917 S. 456; grunds . Entsch. 3201, AN. 1925 S. 320; grunds . Entsch. des Großen Senats 3732, AN. 1930 S. 205) und wird, soweit ersichtlich, auch im Schrifttum einhellig vertreten (vgl. z.B. RVO-Mitgl. Komm. Bd. I, 2. Aufl., § 1585 Anm. 12; Schraeder-Strich, Die deutsche Unfallversicherung, Bd. I, § 1585 Anm. 12; Lauterbach, Unfallversicherung, 2. Aufl., § 609 RVO Anm. 7; so auch Schroeder-Printzen in der von der Revision zitierten Abhandlung in ZfS. 1954 S. 243 Abschn. III). Der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 29. Juli 1953 enthält daher keine neue Feststellung einer bereits bestehenden Dauerrente, sondern die erstmalige Feststellung der Dauerrente.

Daß für diesen Fall die einjährige Sperrfrist des § 609 Satz 2 RVO gelte, wird von der Revision u.a. mit dem Hinweis auf den Wortlaut dieser Vorschrift begründet. Die Worte "oder ist die Frist abgelaufen" sind zwar nicht so klar gefaßt, wie dies wünschenswert gewesen wäre. Auch eine nur auf den Wortlaut der Vorschrift gestützte Auslegung zwingt jedoch nicht zu der Auffassung der Revision, der Ablauf der Zweijahresfrist hindere jede neue Feststellung vor dem Ende eines weiteren Jahres. Dem läßt sich entgegenhalten, durch die angeführten Worte habe lediglich sichergestellt werden sollen, daß die Jahresfrist des Satz 2 nicht nur gilt, wenn der Bescheid über die Dauerrente innerhalb, sondern auch wenn er erst nach Ablauf der ersten zwei Jahre nach dem Unfall ergangen ist. Bei der Auslegung der umstrittenen Vorschrift darf aber vor allem der Zusammenhang, in dem sie steht, nicht außer Betracht bleiben. Schon § 608 RVO bezieht sich nur auf eine neue Feststellung der Rente wegen einer Änderung der Verhältnisse, die für die Feststellung maßgebend waren. § 609 Satz 1 RVO engt den Kreis der Fälle, auf die er Anwendung finden will, noch weiter ein. Er gilt nur für eine "neue Feststellung wegen einer Änderung im Zustand des Verletzten". Daraus ergibt sich, daß auch der an Satz 1 anknüpfende Satz 2 sich nur auf eine solche "neue Feststellung" beziehen kann. Diese Schlußfolgerung, die das RVA. bereits in der oben zitierten grunds . Entsch. 3201 klar herausgestellt hat, wird auch vom SG. Bremen (in Breith. 1955 S. 142 (143)) und von Schroeder-Printzen (ZfS. 1954 S. 243 Abschn. V) nicht in Zweifel gezogen. § 609 Satz 2 RVO ist somit in allen Fällen unbeachtlich, in denen die neue Feststellung keine Änderung im Zustand des Verletzten voraussetzt. Dies gilt namentlich für die erste Feststellung der Dauerrente (§ 1585 Abs. 2 Satz 2 RVO), ferner z.B. für die durch § 559 b Abs. 3 RVO besonders geregelte Neufeststellung der Rente wegen Hinzutritts oder Ausscheidens eines Kindes.

Nach dem Vorstehenden müßte auch die neue Feststellung der Rente nach einer Heilanstaltspflege, da sie eine Änderung im Zustand des Verletzten nicht voraussetzt, von der Jahresbindung des § 609 Satz 2 RVO frei sein. Indessen hat § 609 Satz 3 RVO die Neufeststellung nach Heilanstaltspflege insoweit der "neuen Feststellung wegen einer Änderung im Zustand des Verletzten" gleichgestellt. Gerade diese Regelung spricht für die Richtigkeit der Auffassung des RVA.; denn Satz 3 wäre überflüssig, wenn schon Satz 2 alle Feststellungen und nicht nur "neue Feststellungen wegen einer Änderung im Zustand des Verletzten" umfaßte.

Auch die Prüfung der Entstehungsgeschichte des § 609 RVO führt zu keinem anderen Ergebnis. Aus ihr läßt sich vor allem nicht beweisen, daß für die Aufnahme des § 609 Satz 3 RVO noch ein vom RVA. nicht erkannter besonderer Grund vorgelegen habe (vgl. Schroeder-Printzen in "Soziale Sicherheit" 1955 S. 333, hier S. 335).

§ 609 RVO ist aus § 88 Abs. 2 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes (GUVG) hervorgegangen. Diese Vorschrift lautete:

"Nach Ablauf von zwei Jahren von der Rechtskraft des Bescheides oder der Entscheidung ab, durch welche die Entschädigung zuerst endgültig festgestellt worden ist, darf wegen einer im Zustande des Verletzten eingetretenen Veränderung eine anderweite Feststellung, sofern nicht ..., nur in Zeiträumen von mindestens einem Jahre beantragt oder vorgenommen werden".

Schon unter der Herrschaft dieses Gesetzes wurde nur verlangt, daß zwischen zwei aufeinanderfolgenden, nach Ablauf der Zweijahresfrist vorgenommenen Feststellungen ein Zeitraum von mindestens einem Jahr lag, dagegen wurde nicht gefordert, daß der gleiche Zeitraum auch nach Ablauf der zweijährigen Frist verstrichen sein müsse, ehe zur erstmaligen Änderung der bis dahin gewährten Entschädigung geschritten werden dürfe (Rek. Entsch. Nr. 1926, AN. 1902 S. 372).

In Anlehnung an § 88 Abs. 2 GUVG lautete § 626 des Entwurfs der RVO (jetzt § 609 RVO) nach der Regierungsvorlage wie folgt:

"In den ersten zwei Jahren, nachdem die Entschädigung durch endgültigen Bescheid oder rechtskräftiges Urteil zuerst oder nach Abschluß eines Heilverfahrens neu festgestellt worden ist, darf wegen einer Änderung im Zustand des Verletzten eine neue Feststellung jederzeit, nach Ablauf der zwei Jahre jedoch nur in Zeiträumen von mindestens einem Jahr vorgenommen oder beantragt werden. Die Zeiträume können durch Übereinkommen gekürzt werden."

Aus dem weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Moesle-Rabeling, Kommentar zur RVO, Unfallversicherung, 1. und 2. Aufl., § 609 Anm. 2) ist von Bedeutung:

In der ersten Kommissionslesung wurden aus der Regierungsvorlage die Worte "oder nach Abschluß eines Heilverfahrens neu" gestrichen. Ferner wurde als Satz 2 folgender Satz eingefügt:

"Vorstehende Bestimmung findet auch auf die Versagung des Schadensersatzes im Sinne des § 623 (jetzt § 606) Anwendung."

In der zweiten Lesung wurde auf Grund des Änderungsantrages Nr. 576 hinter Satz 1 in der Fassung der ersten Kommissionslesung der Satz eingefügt:

"Letztere Bestimmung wird auch durch Einleitung eines neuen Heilverfahrens nicht berührt."

Die erwähnten Änderungen waren von erheblicher sachlicher Bedeutung. Wie sich aus den Ausführungen des Reg. Vertreters zu den Änderungsanträgen ergibt, sollte sich die Durchführung eines Heilverfahrens selbst bei einer Änderung im Zustand des Verletzten erst nach Ablauf des Schutzjahres auf die Höhe der Rente auswirken. Dasselbe sollte für den Fall gelten, daß der Verletzte eine das Heilverfahren betreffende Anordnung nicht befolgt und ihm deswegen der Schadensersatz ganz oder teilweise versagt wird (§ 623 des Entwurfs; jetzt § 606). Auch hier sollte die Versagung erst nach Ablauf des Schutzjahres wirken. Hätte § 626 Satz 1 des Entwurfs jede neue Feststellung einer Rente umfassen sollen, so hätte es zur Erreichung des von der Kommission erstrebten Zieles genügt, in § 626 der Regierungsvorlage die Worte "oder nach Abschluß eines Heilverfahrens neu" zu streichen; der weiteren Sätze "Vorstehende Bestimmung findet auch auf die Versagung des Schadensersatzes im Sinne des § 623 (jetzt § 606) Anwendung" und "Letztere Bestimmung wird auch durch Einleitung eines neuen Heilverfahrens nicht berührt" hätte es für diesen Fall nicht bedurft.

Der vom RVA. aus § 609 Satz 3 RVO gezogenen Schlußfolgerung ist daher beizutreten. Wenn Schroeder-Printzen meint, Satz 3 habe eine besondere, vom RVA. nicht erkannte Bedeutung, so könnte dies allenfalls für die gewählte Formulierung dieses Satzes, vor allem für das Wort "Einleitung" gelten. Dadurch sollte sowohl der Fall gedeckt werden, daß das Heilverfahren durchgeführt sei, als auch der Fall, daß der Verletzte sich dem von der Berufsgenossenschaft angeordneten Heilverfahren überhaupt nicht unterzogen oder vorzeitig entzogen habe und daher § 623 (jetzt § 606) gegen ihn anzuwenden sei (vgl. Ausführungen des Reg. Vertreters in der zweiten Kommissionslesung, Moesle-Rabeling a.a.O.). Dagegen ist für die Aufnahme des Satzes 3 als solche keine andere als die vom RVA. herausgestellte Bedeutung ersichtlich.

Die Gegenmeinung (SG. Bremen in Breith. 1955 S. 142; Schroeder-Printzen in ZfS. 1954 S. 243) stützt ihre Auffassung, § 609 Satz 2 RVO gelte auch für die erste Feststellung der Dauerrente, weiterhin darauf, daß § 609 Satz 2 in der von ihr für richtig erachteten Auslegung ein vom Gesetz gewolltes Mittel sei, den Versicherungsträger zur Beachtung der Zweijahresfrist des § 1585 Abs. 2 Satz 1 RVO anzuhalten. Dem ist bereits das RVA. in seiner oben erwähnten grundsätzlichen Entscheidung Nr. 3201 mit zutreffender Begründung entgegengetreten. Die Tatsache allein, daß das Gesetz in § 1585 Abs. 2 Satz 1 RVO dem Versicherungsträger die Pflicht auferlegt, spätestens mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Unfall die Dauerrente festzustellen, zwingt nicht zu der Auffassung, daß die Nichterfüllung dieser Pflicht unmittelbare Rechtsnachteile zur Folge haben müsse; es fehlt an jedem Anhaltspunkt hierfür. Im übrigen sind durchaus Möglichkeiten gegeben, § 1585 Abs. 2 Satz 1 RVO Beachtung zu verschaffen, und es fehlt auch nicht an gewissen Rechtsnachteilen für den Versicherungsträger in den Fällen, in denen er die Dauerrente nicht innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Unfall feststellt. Abgesehen von dem möglichen Eingreifen der Aufsichtsbehörde nach §§ 30, 31 RVO kann der Kläger die Untätigkeitsklage nach § 54 Abs. 1 SGG erheben, wenn auch dieser Rechtsbehelf nicht die Garantie dafür bietet, daß die Dauerrente innerhalb der Zweijahresfrist festgesetzt wird. Gewichtiger ist, daß der Versicherungsträger in den erfahrungsgemäß die Regel bildenden Fällen, in denen die Dauerrente niedriger ist als die vorangegangene vorläufige Rente, bei Versäumung der Zweijahresfrist den Nachteil trägt, daß die Herabsetzung nicht von einem früheren Zeitpunkt, sondern erst mit Ablauf des auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monats wirksam wird (§ 610 RVO). Ist die Dauerrente höher als die vorläufige Rente und bestand der ihr zugrunde liegende Grad der MdE. schon zu Beginn des dritten Jahres nach dem Unfall, so bringt die verspätete Feststellung der Dauerrente dem Versicherungsträger keinen Vorteil, weil er in diesem Fall verpflichtet ist, die Dauerrente schon von jenem Zeitpunkt an festzustellen; § 611 RVO gilt hier nicht, weil die erste Feststellung der Dauerrente eine Anmeldung eines Anspruchs auf Erhöhung der Rente nicht voraussetzt (vgl. grunds . Entsch. des RVA. Nr. 2907, AN. 1916 S. 714).

Zudem wäre § 609 Satz 2 RVO in der Auslegung, welche die Revision ihm gibt, insofern kein unter allen Umständen wirkendes Druckmittel zur Einhaltung der Zweijahresfrist des § 1585 Abs. 2 Satz 1 RVO, als die einjährige Sperrfrist nicht nur für die Vornahme einer neuen Feststellung, sondern auch für den Antrag auf eine neue Feststellung gilt, also sowohl zum Nachteil des Versicherten als auch des Versicherungsträgers zu beachten ist. Hieraus könnten sich, wenn man die Meinung der Revision teilen wollte, höchst unbillige Folgerungen ergeben. Ist nämlich die Dauerrente höher festzusetzen als die vorangegangene vorläufige Rente, so würde die Nichteinhaltung der Zweijahresfrist des § 1585 Abs. 2 Satz 1 RVO es dem Versicherten unmöglich machen, vor Ablauf eines weiteren Jahres in den Genuß der höheren Rente zu kommen; der Versicherte müßte also unter der Säumnis des Versicherungsträgers leiden. Nur wenn die Dauerrente niedriger festzusetzen ist als die vorläufige Rente, könnte die Sperrfrist als Druckmittel in dem oben bezeichneten Sinne angesehen werden; denn es würde sich zum Nachteil des Versicherungsträgers auswirken, wenn er nach fruchtlosem Ablauf der Zweijahresfrist ein weiteres Jahr lang die höhere vorläufige Rente zahlen müßte. Indes wäre dieser Nachteil dann ungerechtfertigt, wenn die Überschreitung der Zweijahresfrist - was nicht selten vorkommt - auf Umständen beruht, die nicht der Versicherungsträger, sondern der Versicherte zu vertreten hat.

Der vom Senat abgelehnten Meinung könnte nur gefolgt werden, wenn § 1585 Abs. 2 Satz 2 RVO in dem Sinne aufzufassen wäre, daß lediglich die innerhalb von zwei Jahren nach dem Unfall festgestellte Dauerrente eine Änderung der Verhältnisse nicht voraussetze, daß aber die verspätete Erstfeststellung an eine Änderung der Verhältnisse gebunden sei. Einer solchen Auslegung widerspräche jedoch eindeutig der Wortlaut des Gesetzes. Für diesen Fall müßte Satz 2 etwa wie folgt beginnen: "Wird sie innerhalb dieses Zeitraumes festgestellt, so setzt sie eine Änderung der Verhältnisse nicht voraus, ...". Jene Auslegung hätte auch keinen Sinn; denn sie hätte zur Folge, daß in den Fällen, in denen die Frist des § 1585 Abs. 2 Satz 1 RVO nicht eingehalten wird und keine Änderung der Verhältnisse eintritt, die Dauerrente nicht festgesetzt werden könnte, es also bei dem Schwebezustand der vorläufigen Rentenfeststellung verbleiben müßte. In der Tat tritt Schroeder-Printzen auch nicht für die hier abgelehnte Auslegung des § 1585 Abs. 2 Satz 2 RVO ein; denn in "Soziale Sicherheit" 1956 S. 107 Abschn. I versteht er unter "diese(r) Feststellung" die erste Feststellung der Dauerrente schlechthin.

Mit der hier vertretenen Auffassung, daß die einjährige Sperrfrist des § 609 Satz 2 RVO nicht für die erste Feststellung einer Dauerrente gilt, folgt der Senat nicht nur der Rechtsprechung des RVA. (a.a.O.), sondern auch der in der sonstigen Rechtsprechung und im Schrifttum - abgesehen von der Meinung des SG. Bremen und von Schroeder-Printzen (a.a.O. und ZfS. 1955 S. 9) - einhellig vertretenen Auffassung (vgl. Bayer. LVA. in Breith. 1950 S. 349; OVA. Münster in Breith. 1953 S. 162; LSG. Schleswig vom 19.11.1954 - LU 427/54 - (zit. in "Soziale Sicherheit" 1955 S. 334); LSG. Bremen in Breith. 1956 S. 21; RVO-Mitgl. Komm. a.a.O.; Schraeder-Strich, Bd. II, Stand vom 1.1.1942, § 609 Anm. 4; Lauterbach, Unfallversicherung a.a.O. und § 609 Anm. 10; Schulte-Holthausen, Unfallversicherung, 4. Aufl., § 609 Anm. 9; Podzun in ZfS. 1954 S. 270; Jenrich in BG 1955 S. 164).

Das LSG. hat somit § 609 Satz 2 RVO nicht verletzt.

Das angefochtene Urteil ist indessen in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beanstanden.

Das Berufungsgericht hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen und sich dabei auf § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG gestützt. Diese Vorschrift rechtfertigt die Zurückverweisung nicht. Nach ihr ist Voraussetzung für eine mögliche - nicht notwendige, wie das LSG. meint - Zurückverweisung, daß das SG. die Klage durch Prozeßurteil abgewiesen hat. Im vorliegenden Fall ist jedoch ein Sachurteil nach Klageantrag ergangen. Zur Zurückverweisung an das SG. bot auch § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG keine Handhabe. Ein wesentlicher Mangel im erstinstanzlichen Verfahren ist weder vom Berufungsgericht aufgezeigt worden noch ersichtlich. Jedenfalls liegt ein solcher Mangel nicht darin, daß das SG. es unterlassen hat, über die MdE. ihrem Grade nach zu befinden; denn nach seiner Rechtsauffassung kam es hierauf nicht an. Der Rechtsstandpunkt des unteren Gerichts, nicht der des prüfenden Gerichts, ist für die Frage, ob das Verfahren jenes Gerichts an einem wesentlichen Mangel leidet, maßgebend (vgl. BSG in SozR SGG § 162 Bl. Da 3 Nr. 20; BGHZ. 18 S. 107 = JZ 1955 S. 548). Auch § 159 Abs. 1 Nr. 3 SGG ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Andere Fälle der Zurückverweisung sieht das Gesetz nicht vor.

Im Schrifttum zum SGG wird die Aufzählung der Fälle, in denen das Berufungsgericht von dem Grundsatz der eigenen sachlichen Entscheidung abweichen und die Sache an die Vorinstanz zurückverweisen kann, als abschließende Regelung betrachtet (Peters-Sautter-Wolff, SGG § 159 Anm. 1; Hastler, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, § 159 Anm. 1 und 2; Miesbach-Ankenbrank, SGG § 159 Anm.3; Hofmann-Schroeter, SGG § 159 Anm. 2). Für das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit, für das § 159 SGG entsprechende, in den westlichen Besatzungszonen nahezu gleichlautende Vorschriften bestehen, wird diese Auffassung geteilt von Klinger (Die Verordnung über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der brit. Zone, 3. Aufl., § 90 Anm. A) und Sieveking (MdR. 1952 S. 188). Demgegenüber haben einzelne Verwaltungsgerichte über die in § 90 der Verordnung 165 aufgezählten Fälle hinaus eine Zurückverweisung auch für zulässig erklärt, wenn das Gericht erster Instanz einer Anfechtungsklage - nach der Auffassung des Berufungsgerichts zu Unrecht - wegen formeller Mängel des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben, also ein Sachurteil gefällt hat, ohne die erforderliche materiell-rechtliche Prüfung vorzunehmen (Hess. Verwaltungsgerichtshof in Verw.Rspr. Bd. 1 S. 91 (93); LVG. - jetzt OVG. - Rheinland-Pfalz in MdR. 1952 S. 188; Bescheid des OVG. Münster in JZ. 1954 S. 200).

Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat nicht angeschlossen. Träfe die in den erwähnten Entscheidungen zum Ausdruck gekommene Meinung, daß den Parteien zur Prüfung der für die Entscheidung maßgebenden Tat- und Rechtsfragen keine Instanz verloren gehen dürfe, in ihrer vollen Tragweite zu, so liefe dies auf eine Zulassung der Zurückverweisung in allen Fällen hinaus, in denen das angefochtene Urteil sich auf einen von mehreren in Frage kommenden Klagegründen oder Einwänden stützt. In dem hier zu entscheidenden Fall hat das SG. - darin unterscheidet sich dieser Fall von dem Sachverhalt, der dem o.a. Bescheid des OVG. Münster zugrunde lag - nicht unterlassen, den nach der Auffassung des Berufungsgerichts wesentlichen Sachverhalt zu klären. Das Gericht hat eine Nachuntersuchung des Klägers durch den Gerichtsarzt Dr. G vornehmen lassen, die in dem Gutachten vom 29. September 1953 ihren Niederschlag gefunden hat. Ferner haben dem SG. die vom Kläger überreichten Bescheinigungen des Dr. K.vom 30. Juli 1953 und des Dr. H. vom 9. November 1953 vorgelegen. Nur die Würdigung dieser Beweismittel ist unterblieben. Eine ausdehnende Anwendung des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG auf diesen Sachverhalt erscheint schon deswegen unzulässig, weil sie, worauf Menger in der Anmerkung zu dem o.a. Bescheid des OVG. Münster (JZ. 1954 S. 200 (202)) nach der Auffassung des Senats mit Recht hingewiesen hat, dem in § 565 Abs. 3 ZPO zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken zuwiderlaufen würde. Wenn es schon dem nach der ZPO im Regelfall nicht selbst entscheidenden Revisionsgericht untersagt ist, eine Sache ausschließlich zur rechtlichen Würdigung an die Vorinstanz zurückzuverweisen, dann muß dies um so mehr für das Berufungsgericht gelten, das grundsätzlich selbst in der Sache zu entscheiden hat. Hiernach bedurfte es keiner abschließenden Prüfung der Frage, ob § 159 SGG überhaupt ausdehnend ausgelegt werden darf.

Das LSG. hat somit in unzulässiger Weise die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG. zurückverwiesen, anstatt selbst endgültig zu entscheiden. Darin liegt eine Verletzung des § 159 SGG und zugleich ein wesentlicher Mangel des Verfahrens. Dieser Mangel ist allerdings vom Revisionskläger nicht gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG gerügt; gleichwohl ist er nach der Auffassung des Senats im Revisionsverfahren zu berücksichtigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG.) waren gewisse besonders schwerwiegende Verstöße gegen die Grundlagen des Verfahrens in jeder Lage des Rechtsstreits, auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu berücksichtigen. Dies gilt namentlich für die Unzulässigkeit des Rechtswegs (RGZ. 82 S. 126), das Fehlen der Partei- oder Prozeßfähigkeit (RGZ. 86 S. 16 und S. 64), die Unterbrechung des Verfahrens (RGZ. 64 S. 362), die Nichterkennbarkeit der Tragweite des vorinstanzlichen Urteils (RGZ. 132 S. 307), die Unzulässigkeit des Einspruchs oder der Berufung (RGZ. 110 S. 172; 159 S. 84) und die unzulässige sachliche Prüfung durch das Berufungsgericht (RGZ. 161 S. 219). Die in Betracht kommenden Mängel hat das RG. etwa wie folgt abgegrenzt: Das Revisionsgericht hat einen Verfahrensmangel von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn gegen prozeßrechtliche Grundsätze verstoßen worden ist, die im öffentlichen Interesse zu beachten sind und deren Befolgung dem Belieben der Parteien entzogen ist, und wenn der Verfahrensmangel in der Revisionsinstanz fortwirkt (so z.B. RGZ. 107 S. 351, letzter Absatz; 110 S. 172; 132 S. 307). Auf diese Rechtsprechung gründet auch der Bundesgerichtshof seine Entscheidung in BGHZ. 5 S. 240 (246).

In ähnlichen Ausführungen werden im zivilprozessualen Schrifttum solche Verfahrensverstöße als ohne Revisionsrüge von Amts wegen zu berücksichtigende Mängel angesehen, die "das Verfahren als Ganzes unzulässig machen, wie der Mangel einer Prozeßvoraussetzung, oder die dem Berufungsurteil die Fähigkeit nehmen, Grundlage des weiteren Verfahrens und insbesondere eines auf die Sache eingehenden Revisionsurteils zu sein" (Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 6. Aufl. S. 673; vgl. auch Stein-Jonas-Schönke-Pohle a.a.O., § 559 Anm. IV 2a; Baumbach-Lauterbach, Komm. zur ZPO, 23. Aufl., § 559 Anm. 2 C; Nikisch, Zivilprozeßrecht 1952, S. 498).

Das RG. hat in RGZ. 14 S. 357 und 22 S. 391 den im öffentlichen Interesse zu beachtenden und der Disposition der Parteien entzogenen prozeßrechtlichen Grundsätzen auch die im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheidende Frage zugeordnet, ob im Falle eines reformatorischen Erkenntnisses die Sache von dem Berufungsgericht endgültig zu entscheiden oder zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an die untere Instanz zurückzuverweisen ist. In beiden Fällen hat das RG., ohne daß eine dahingehende Rüge erhoben war, geprüft, ob das Berufungsgericht die Sache mit Recht, anstatt sachlich zu entscheiden, an die erste Instanz zurückverwiesen hatte. Im ersten Fall kam es zu dem Ergebnis, daß die Zurückverweisung zu Recht erfolgt sei, im zweiten Fall verneinte es die Frage und hob das Berufungsurteil - entgegen dem Antrag des Revisionsklägers - insoweit auf, als das Urteil von dem Mangel betroffen war.

Der Senat ist der Auffassung, daß diese für den Zivilprozeß herausgebildeten Richtlinien grundsätzlich auch für das Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit gelten müssen. Für die Prüfung der unverzichtbaren Prozeßvoraussetzungen ist dies bereits im Urteil des BSG. vom 29. Februar 1956 - 10 RV 75/55 - mit Leitsatz veröffentlicht in SozR SGG § 150 Bl. Da 2 Nr. 7 - ausgesprochen worden; vgl. auch Urteil des BSG. vom 20. Juli 1955 in BSG 1 S. 158.

Hiernach war das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensmangels aufzuheben. Es erschien dem Senat untunlich, in der Sache selbst zu entscheiden (§ 170 Abs. 2 SGG). Denn den Beteiligten würde dadurch die Möglichkeit genommen, in einer Tatsacheninstanz sich zu den Beweisen zu äußern, die bisher über die MdE. des Klägers erhoben worden sind.

Die Sache wurde daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG. zurückverwiesen. Ihm bleibt auch die Entscheidung über die Kosten der Revisionsinstanz vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2259962

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