Leitsatz (amtlich)

1. Unter Satzung iS der Ersk-MitgliederkreisV vom 1938-10-26 sind die von der Vertreterversammlung beschlossenen und von der Aufsichtsbehörde genehmigten "Versicherungsbedingungen" jedenfalls dann nicht zu verstehen, wenn diese nicht als Bestandteil der Satzung mit der für Satzungsänderungen vorgeschriebenen Mehrheit zu beschließen sind.

2. Bei der Auslegung von Satzungsbestimmungen über den Mitgliederkreis einer Ersatzkasse ist grundsätzlich von dem Mitgliederkreis auszugehen, für den die Ersatzkasse als solche zugelassen worden ist (12. AufbauV § 4 Fassung: 1937-04-01). Eine diese Grenze überschreitende Erweiterung des Mitgliederkreises durch Satzungsänderung, die etwa nach der Ersk-MitgliederV vom 1938-10-26 wirksam wäre, kann nur angenommen werden, wenn sie in der Satzung mit der für Ausnahmen erforderlichen Bestimmtheit zum Ausdruck gekommen ist.

3. Enthält die Satzung einer Ersatzkasse, die nur für Angestellte gewisser Berufsgruppen zugelassen worden ist, die Bestimmung, daß zu ihrem Mitgliederkreis "angestellte Ärzte und Apotheker einschließlich der fachlichen Hilfskräfte" gehören, so ist darin keine Erweiterung des Mitgliederkreises der Ersatzkasse auf selbständige Hebammen zu sehen.

 

Normenkette

RVO § 517 Fassung: 1924-12-15; SVAufbauV 12 Art. 2 § 4 Fassung: 1937-04-01; ErsKV Fassung: 1938-10-26

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4 Dezember 1957 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Mai 1955 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Nach § 4 der Satzung der beklagten Ersatzkasse vom 17 März 1936, die bis 31. Dezember 1953 gültig war, konnten Mitglieder dieser Kasse werden:

a) Behördenangestellte,

b) Büroangestellte,

c) angestellte Ärzte und Apotheker,

wenn sie versicherungspflichtig oder versicherungsberechtigt waren.

Der Mitgliederkreis der beklagten Ersatzkasse wurde in § 2 der ab. 1. Juli 1951 gültigen, von der Aufsichtsbehörde genehmigten Versicherungsbedingungen wie folgt festgelegt:

"Mitglieder der Kasse können werden

a). Angestellte von öffentlichen Verwaltungen, Körperschaften des öffentlichen Rechts, öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts, Eigenbetrieben der öffentlichen Hand, Körperschaftsbetrieben, wenn die öffentliche Hand am Kapital mit mehr als der Hälfte beteiligt ist;

b) Angestellte, die in privaten Betrieben und Verwaltungen überwiegend Büroarbeiten verrichten;

c) angestellte Ärzte und Apotheker, einschließlich der fachärztlichen Hilfskräfte,....."

Diese Bestimmung wurde wörtlich als § 4 Abs. 1 Buchst. a bis C in die ab 1. Januar 1954 gültige Satzung übernommen.

Die Beigeladene Steffi... war als selbständige Hebamme mit Niederlassungsbefugnis bis 30. Juni 1953 Pflichtmitglied der Klägerin (AOK). Am 1. Juli 1953 trat sie der beklagten Ersatzkasse bei, die ihr hierüber eine Bescheinigung nach § 517 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ausstellte. Daraufhin beantragte die AOK beim Staatlichen Versicherungsamt Passau die Feststellung, daß die von der Ersatzkasse ausgestellte Bescheinigung hinfällig und die Beigeladene weiterhin Mitglied der AOK sei. Nach § 2 Buchst, c der Versicherungsbedingungen der Ersatzkasse könnten nur angestellte Ärzte und Apotheker einschließlich der fachlichen Hilfskräfte Mitglieder der Ersatzkasse werden. Die Beigeladene gehöre als selbständige Hebamme nicht zu diesem Personenkreis.

Das Sozialgericht (SG) Landshut, auf das der Rechtsstreit mit Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gemäß § 215 übergegangen ist, stellte mit Urteil vom. 17. Mai 1955 fest, daß die Beigeladene über den 1. Juli 1953 hinaus Pflichtmitglied der AOK sei. Eine Gleichstellung der selbständigen Hebammen mit angestellten Hebammen widerspreche dem Grundsatz, daß der Mitgliederkreis einer Ersatzkasse nicht erweitert werden dürfe.

Gegen dieses Urteil legte die Ersatzkasse Berufung ein. Sie machte im wesentlichen geltend, daß sich der Geschäftsbereich einer Ersatzkasse für Angestellte nicht nur auf "Angestellte im privatrechtlichen Sinne" erstrecke, sondern alle Personen umfasse, die nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) versicherungspflichtig seien. Dazu gehörten auch die selbständigen Hebammen, die heute vielfach nur Hilfskräfte der Ärzte seien.

Mit Urteil vom 4. Dezember 1957 hob das Bayerische Landessozialgericht (LSG) unter Zulassung der Revision das angefochtene Urteil auf und wies die Klage der AOK ab. Der Geschäftsbereich der Ersatzkassen sei durch Art. 2 § 4 Abs. 1 der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung (12. AufbauVO) vom 24. Dezember 1935 (RGBl I 1537) i.d.F. der 15. AufbauVO vom 1. April 1937 (RGBl I 439) auf die nach der RVO und dem AVG zur Versicherung verpflichteten und berechtigten Personen beschränkt worden. Der Versichertenkreis der Ersatzkassen decke sich daher seit 1. Januar 1936 grundsätzlich mit dem Mitgliederkreis der gesetzlichen Krankenkassen. Nach den im Zeitpunkt der Aufnahme der Beigeladenen gültigen Versicherungsbedingungen der beklagten Ersatzkasse könnten auch angestellte Ärzte und Apotheker einschließlich der fachlichen Hilfskräfte der Ersatzkasse beitreten. Zu diesem Personenkreis gehöre die Beigeladene, die als selbständige Hebamme nach § 166 Nr. 4 RVO § 1 Abs. 1 Nr. 4 AVG aF kranken- und angestelltenversicherungspflichtig sei. Es würde dem in Art. 2 § 4 Abs. 1 der 12. AufbauVO aufgestellten Grundsatz widersprechen, wenn versicherungspflichtigen Personen nur deshalb der Beitritt zu einer Ersatzkasse verwehrt wäre, weil sie selbständig seien. Diese Auslegung führe zu keiner ungesetzlichen Erweiterung des Mitgliederkreises der Beklagten, Erstrecke sich somit die Zuständigkeit der beklagten Ersatzkasse auch auf selbständige versicherungspflichtige fachliche Hilfskräfte im Sinne des § 2 Buchst, c ihrer Versicherungsbedingungen, so sei es unerheblich, daß ein ausdrücklicher Hinweis auf die Beitrittsberechtigung selbständiger Hebammen fehle. Eine entsprechende Ergänzung würde zwar der Klarstellung dienen, habe aber keinen rechtsbegründenden Charakter.

Die AOK legte gegen dieses Urteil Revision mit dem Antrag ein das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, daß die beigeladene Hebamme Steffi ... nicht von der Pflichtmitgliedschaft bei der AOK Passau befreit ist. Sie macht geltend, die beklagte Ersatzkasse habe durch die mit Wirkung vom 1. Juli 1951 neugefaßten Versicherungsbedingungen den beitrittsberechtigten Personenkreis ungesetzlich erweitert. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der vor dem 1. Juli 1951 gültigen Satzung. Da die in § 2 Buchst, c der Versicherungsbedingungen von 1951 vorgenommene Ausdehnung des beitrittsberechtigten Personenkreises auf die fachlichen Hilfskräfte nicht zulässig sei, könne die Beigeladene nicht unter Berufung auf diese Versicherungsbedingungen Mitglied der beklagten Ersatzkasse werden. Ihre Mitgliedschaft habe als Fehlversicherung zu gelten und sei ungesetzlich.

Die beklagte Ersatzkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie weist darauf hin, daß der beitrittsberechtigte Personenkreis bei der Gründung der Kasse am 1. Oktober 1927 größer gewesen sei, als nach den Versicherungsbedingungen vom 1. Juli 1951. Von einer unzulässigen Ausweitung des beitrittsberechtigten Personenkreises könne somit keine Rede sein

II.

Die zugelassene Revision ist form- und fristgerecht eingelegt.

Die Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, daß die beigeladene Hebamme nicht von der Mitgliedschaft bei der Pflichtkasse (AOK) befreit sei, ist im vorliegenden Rechtsstreit schon deshalb zulässig, weil das Feststellungsverfahren zunächst bei dem Versicherungsamt schwebte (§ 405 Abs. 2 RVO) und gemäß § 215 Abs. 2 SGG als Feststellungsklage auf das Sozialgericht übergegangen ist (BSG 3, 30, 34 f).

Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob die beigeladene Hebamme sich von der Mitgliedschaft bei der Pflichtkasse befreien konnte, ist die 12. AufbauVO vom 24. Dezember 1935 (RGBl I 1537) i.d.F. der 15. AufbauVO vom 1. April 1937 (RGBl I 439) und die Satzung der beklagten Ersatzkasse. In beiden Fällen handelt es sich um revisibles Recht. Die 12. AufbauVO ist nach Art. 123, 125 Nr. 1 Grundgesetz (GG) Bundesrecht geworden, die Satzung der beklagten Ersatzkasse erstreckt sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus und ist daher ebenfalls revisibel (§ 162 Abs. 2 SGG).

Die Revision ist begründet. Nach § 517 RVO haben versicherungspflichtige Mitglieder einer Ersatzkasse das Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Pflichtkasse. Wollen sie von diesem Recht Gebrauch machen, so haben sie ihrem Arbeitgeber eine Bescheinigung über ihre Zugehörigkeit zur Ersatzkasse vorzulegen. Bei selbständigen Hebammen, die nach § 475 d Abs. 1 RVO die Pflichten der Arbeitgeber zu erfüllen haben, genügt es, wenn sie sich diese Bescheinigung von ihrer Ersatzkasse aushändigen lassen (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Oktober 1961 § 517 RVO Anm. 2). Obwohl die beigeladene Hebamme von der beklagten Ersatzkasse eine solche Bescheinigung nach § 517 Abs. 2 RVO erhalten hat, wurde sie nicht von der Mitgliedschaft bei der klagenden AOK befreite, denn die Befreiung setzt - wie § 517 Abs. 1 RVO erkennen läßt - die wirksame Begründung einer Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse voraus ("Versicherungspflichtige Mitglieder einer Ersatzkasse .....") Daran fehlt es hier.

Zwar deckt sich der Kreis der Versicherten, die einer Ersatzkasse beitreten können, seit Inkrafttreten der 12. AufbauVO grundsätzlich mit dem Mitgliederkreis der gesetzlichen Krankenkassen. Das folgt aus § 4 Abs. 1 der 12. AufbauVO, wonach die Ersatzkasse vom 1. Januar 1936 ab nur solche Personen neu aufnehmen darf, "die versicherungspflichtig (§§ 165 ff RVO) oder versicherungsberechtigt (§§ 176 ff RVO) sind". Nach § 2 der 12. AufbauVO sind Ersatzkassen der Krankenversicherung für Angestellte solche am 1. Januar 1936 zugelassenen Ersatzkassen, deren Mitglieder ausschließlich Angestellte sind. Die übrigen am 1. Januar 1936 zugelassenen Ersatzkassen sind Ersatzkassen für Arbeiter. Aus dieser Regelung und aus der Bezeichnung (Ersatzkassen für Angestellte, Ersatzkassen für Arbeiter) kann jedoch nicht geschlossen werden, daß den Ersatzkassen nur solche Versicherungspflichtige angehören können, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Auch, soweit die gesetzliche Krankenversicherung bei Inkrafttreten der 12. AufbauVO noch keine Versicherungspflicht der Selbständigen kannte, gehören diese Selbständigen - u.a. die selbständigen Hebammen - doch nunmehr zum Kreis der versicherungspflichtigen Personen i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 der 12. AufbauVO und können daher - im Rahmen der Satzungsbestimmungen der einzelnen Ersatzkasse - deren Mitglieder sein. Durch die Scheidung in Ersatzkassen für Angestellte und Ersatzkassen für Arbeiter sollte der Mitgliederkreis der Ersatzkassen gegenüber dem der gesetzlichen Krankenkassen nicht eingeschränkt werden. Der Geschäftsbereich der Angestellten-Ersatzkassen beschränkt sich mithin nicht auf abhängig beschäftigte Angestellte; er umfaßt vielmehr auch Selbständige, die nach dem AVG pflichtversichert sind oder doch zu den Berufsgruppen der Angestelltenversicherung gehören (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Oktober 1961 Vorbem. zu § 503; Stellungnahme des RVA in AN 1941, 304).

Die nach § 166 Abs. 1 Nr. 4 RVO und § 1 Abs. 1 Nr. 4 AVG versicherungspflichtige Beigeladene konnte aber deswegen nicht Mitglied der beklagten Ersatzkasse werden, weil sie nicht dem in der Satzung bestimmten Mitgliederkreis der Ersatzkasse angehört. Wenn sich auch der potentielle Mitgliederkreis der Ersatzkassen mit dem Mitgliederkreis der gesetzlichen Krankenkassen deckt, so darf doch die einzelne Ersatzkasse nur solche Personen aufnehmen, die dem Mitgliederkreis angehören, für den die Ersatzkasse als solche zugelassen ist (§ 4 Abs 1 Satz 2 der 12. AufbauVO). Maßgebend für die Begrenzung des Mitgliederkreises war nach der Vorschrift des - inzwischen durch § 18 der 12. AufbauVO aufgehobenen - § 503 RVO der am 1. April 1909 durch die Satzung bestimmte Bezirk und Kreis der versicherungspflichtigen Mitglieder, für den die Ersatzkasse zugelassen wurde (vgl. RVA GE 2921 An 1925, 393; GE 2946 AN 1926, 212; GE 3036 AN 1927, 258; GE 4755 AK 1934, 137). Diese Regelung hat ihre Bedeutung auch nach Aufhebung dieser Vorschrift nicht verloren, da § 4 Abs. 1 Satz 2 der 12, AufbauVO auf die Zulassung als Ersatzkasse abstellt und diese nach § 503 RVO wiederum grundsätzlich auf den am 1. April 1909 satzungsmäßig bestimmten Kreis der versicherungspflichtigen Mitglieder beschränkt war (vgl. Stamm, DOK 1938, 1061 ff unter 2). Die beklagte Ersatzkasse - bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen (die Krankenkasse des Gesamtverbandes deutscher Angestellten-Gewerkschaften - Geda - und die Krankenkassen des Gesamtverbandes der deutschen Angestelltenverbände- Geda -) - wurde jedoch erst auf Grund des Dritten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches der RVO vom 16. Juli 1927 (RGBl I 218) am 1. Oktober 1927 als Ersatzkasse zugelassen (vgl. hierzu Maunz/Schraft, Das Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, Stand Oktober 1961 , F 2, Ersatzkassen Satzung, Vorbem. Bl. 3). Daher ist hier nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der 12. AufbauVO von der im Zeltpunkt ihrer erstmaligen Zulassung - am 1. Oktober 1927 - geltenden Satzung auszugehen; diese enthielt noch nicht die Bestimmung über die Erstreckung des Mitgliederkreises auf Hilfskräfte der angestellten Ärzte und Apotheker

Diese Rechtslage hat allerdings durch die Verordnung über den Mitgliederkreis der Ersatzkassen der Krankenversicherung - MitgliederVO - vom 26, Oktober 1938 (RGBl I 1519 = AN 433) insofern eine Änderung erfahren, als nunmehr unter Mitgliederkreis i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 der 12. AufbauVO der Personenkreis zu verstehen ist, der in der von der Aufsichtsbehörde genehmigten Satzung festgelegt ist; dabei ist die Satzung maßgebend, die im Zeitpunkt der Aufnahme der Versicherungspflichtigen oder Versicherungsberechtigten in die Ersatzkasse in Kraft war. Es bedarf hier keiner Erörterung, ob der MitgliederVO eine formal heilende Wirkung dergestalt zukommt, daß eine von der Aufsichtsbehörde erteilte Satzungsgenehmigung inhaltliche Mängel der Satzung deckt, auch wenn sie den Mitgliederkreis der Ersatzkasse erweitert (vgl. Dersch, Die Deutsche Ersatzkasse 1939, S. 93, 97; Die Ersatzkasse 1939 S. 181), oder ob diese Verordnung nur Härten für den einzelnen Versicherten mildern, also den Beitritt eines nicht zum satzungsmäßigen Mitgliederkreis gehörenden Versicherten zulassen, jedoch eine allgemeine Ausdehnung des Mitgliederkreises der Ersatzkassen nicht bewirken soll (vgl. Grünewald, DOK 1938, 1189, 1194 f; Taprogge, DOK 1956, 533, 537); denn die beigeladene Hebamme gehörte weder nach der im Zeitpunkt der Zulassung der Ersatzkasse am 1. Oktober 1927, noch nach der im Zeitpunkt ihres Beitritts am 1. Juli 1953 gültigen Satzung vom 17. März 1936, noch nach der vom 1. Januar 1954 an geltenden Satzung der beklagten Ersatzkasse zu deren Mitgliederkreis.

Nach § 2 Abs. 1 der Satzung vom 1. Oktober 1927 waren alle krankenversicherungspflichtigen Mitglieder der Verbände des Gesamtverbandes deutscher Angestellten-Gewerkschaften berechtigt, der Gedag-Ersatzkasse beizutreten. Es ist offensichtlich, daß die Beigeladene als selbständige Hebamme nicht zu diesem Personenkreis gerechnet werden kann. Ebensowenig gehört sie zu dem in § 4 der Satzung vom 17. März 1936 bezeichneten Mitgliederkreis der Behördenangestellten, Büroangestellten und angestellten Ärzte und Apotheker. Diese Satzung war im Zeitpunkt des Beitritts der beigeladenen Hebamme am 1. Juli 1953 noch in Kraft. Zwar hat die Beklagte mit Wirkung vom 1. Juli 1951 ihre Versicherungsbedingungen neu gefaßt, wobei § 2 Buchst. c gegenüber § 4 Buchst. c der Satzung von 1936 dahingehend erweitert wurde, daß angestellte Ärzte und Apotheker "einschließlich der fachlichen Hilfskräfte", Mitglieder werden konnten. Diesen Versicherungsbedingungen kann aber - obwohl sie von der Aufsichtsbehörde genehmigt wurden - jedenfalls nicht allgemein die gleiche rechtliche Bedeutung wie der Satzung zukommen. Wenn sie auch, ebenso wie die Satzung, von der Vertreterversammlung zu beschließen und von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen sind, so dienen sie doch, wie sich schon aus der Bezeichnung ergibt, in erster Linie dazu, die Versicherungsverhältnisse der Mitglieder der Ersatzkassen inhaltlich näher zu bestimmen. Mögen die Versicherungsbedingungen insofern auch als autonomes Satzungsrecht im weiteren Sinne anzusehen sein, so wird jedenfalls die Verfassung einer Ersatzkasse grundsätzlich nicht durch die Versicherungsbedingungen, sondern durch die Satzung bestimmt (vgl. § 2 Abs. 2 der 12. AufbauVO i.V.m. § 17 Abs. 1 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Pausparkassen vom 6. Juni 1931 - BGBl I 480 - i.d.F. des Gesetzes vom 31. Juli 1951 - BGBl I 480 -); die Begrenzung des Mitgliederkreises gehört aber zur "Verfassung" der Ersatzkasse.

Ob ausnahmsweise eine andere rechtliche Beurteilung gerechtfertigt ist, wenn die Versicherungsbedingungen mit der gleichen qualifizierten Mehrheit wie die Satzung selbst erlassen oder geändert werden können, bedarf hier keiner Entscheidung; denn die beigeladene Hebamme gehört weder nach § 2 Buchst. c der Versicherungsbedingungen 1951 noch nach dem gleichlautenden § 4 Abs. 1 Buchst. c der Satzung vom 1. Januar 1954 zum Mitgliederkreis der Beklagten. Nach diesen Bestimmungen können angestellte Ärzte und Apotheker "einschließlich der fachlichen Hilfskräfte" Mitglieder der Beklagten werden. Es mag schon fraglich sein ob Hebammen ganz allgemein als fachliche Hilfskräfte der Ärzte angesprochen werden können, denn jeder Arzt ist nach § 2 Abs. 2 Hebammengesetz - HebammenG - vom 21. Dezember 1938 (RGBl I 1893) verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß bei einer Entbindung eine Hebamme zugezogen wird, die alle nicht regelwidrigen Vorgänge bei Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett selbständig leitet (§ 10 der Dienstordnung für Hebammen - HebDO - vom 16. Februar 1943 - Reichsgesundheitsblatt Nr. 10 -; vgl. auch Zimdars/Sauer/Koch/Bernhardt, HebammenG 3. Aufl. S. 21, 24, 29); allerdings muß. die Hebamme den ärztlichen Anordnungen Folge leisten, falls sie nicht mit den Bestimmungen der HebDO und des Hebammenlehrbuches in Widerspruch stehen (vgl. § 11 Abs. 2 HebDO ). Diese Frage bedarf jedoch keiner Entscheidung, denn jedenfalls sind selbständige Hebammen keine fachlichen Hilfskräfte i.S. des § 2 Buchst. c der Versicherungsbedingungen 1951 und des § 4 Abs. 1 Buchst. c der Satzung 1954. Schon der Wortlaut dieser Satzungsbestimmung deutet darauf hin, daß neben den angestellten Ärzten und angestellten Apothekern nur die angestellten Hilfskräfte in den, Mitgliederkreis der Beklagten einbezogen werden sollten. Diese Auslegung findet ihre Stütze auch darin, daß die beklagte Ersatzkasse - bzw. deren Rechtsvorgänger - als Gründung, der Angestellten-Gewerkschaften für die krankenversicherungspflichtigen Mitglieder dieser Gewerkschaften zugelassen wurde (vgl. § 1 der Satzung der Gedag-Ersatzkasse vom 1. Oktober 1927; Maunz/Schraft, aaO, F 2 Ersatzkassen-Satsung Vorbem. Bl. 3 R) und somit ihrem gesamten Mitgliederkreis nach auf abhängig Beschäftigte beschränkt war. Dementsprechend wurde die Kasse als "Berufskrankenkasse der Berufsgemeinschaft der Büro- und Behördenangestellten und kleinerer Berufsgemeinschaften in der Deutschen Angestelltenschaft" bezeichnet (Satzung vom 1. April 1934). Auch nach der Satzung vom 17. März 1936 i.d.F. des Nachtrags vom 1. Dezember 1940 - also nach Einführung der Versicherungspflicht für selbständige Hebammen - erstreckte sich der Geschäftsbereich der Rechtsvorgänger der Beklagten auf Behörden-, Büroangestellte und angestellte Ärzte und Apotheker, also nicht auf selbständig Berufstätige.

Es kann dahinstehen, ob die beklagte Ersatzkasse - nach Einbeziehung der selbständigen Hebammen in die Versicherungspflicht - im Hinblick auf ihren Mitgliederkreis bei der Gründung und dessen Abgrenzung in ihren späteren Satzungen, überhaupt berechtigt gewesen wäre, ihren Geschäftsbereich auch auf selbständige Hebammen auszudehnen. Eine solche Erweiterung hätte die Satzung jedenfalls unzweideutig zum Ausdruck bringen müssen, was nicht geschehen ist. Die Worte "einschließlich der fachlichen Hilfskräfte" können sich schon der Fassung nach allenfalls auf angestellte Hebammen beziehen. Da somit die beigeladene Hebamme nicht zum satzungsmäßigen Mitgliederkreis der beklagten Ersatzkasse gehört, verstößt ihr Beitritt gegen die zwingende Vorschrift des § 4 Abs. 1 der 12. AufbauVO i.V. m. der MitgliederVO ; ein Mitgliedschaftsverhältnis wurde somit nicht wirksam begründet. Daran ändert es auch nichts, daß die Beklagte der Beigeladenen eine Bescheinigung über ihre Zugehörigkeit zur Ersatzkasse ausgestellt hat, denn diese - unrichtige - Bescheinigung ist nicht geeignet, die Unwirksamkeit des Beitritts zur Ersatzkasse zu heilen. Ebensowenig konnte die Bescheinigung nach § 517 Abs. 2 RVO eine Befreiung von der Mitgliedschaft bei der klagenden Pflichtkasse bewirken, da nur versicherungspflichtigen Mitgliedern einer Ersatzkasse das Recht auf Befreiung zusteht (§ 517 Abs. 1 RVO) und die Beigeladene - wie dargelegt - nicht Mitglied der beklagten Ersatzkasse geworden war.

Auf die Revision der Klägerin war somit das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 165

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