Leitsatz (amtlich)

1. Verzugszinsen wegen rückständiger Winterbau-Umlage sind bei Konkurs des Unternehmers Masseschulden, auch wenn sie erst nach Konkurseröffnung anfallen. Sie sind gegen den Konkursverwalter mit einem Leistungsbescheid geltend zu machen.

2. Wendet der Konkursverwalter im Anfechtungsverfahren ein, die Masse sei unzulänglich, mindert sich der Leistungsanspruch entsprechend dem Rang und der Quote nach § 60 KO.

3. Läßt sich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht feststellen, ob die Masse unzulänglich ist und mit welcher Quote die Forderung zu berichtigen ist, ist mit einem Zwischenurteil festzustellen, die Bundesanstalt für Arbeit habe eine Masseforderung in der ohne Berücksichtigung des Ranges und der Quote des § 60 KO festgestellten Höhe.

(Anschluß an und Fortführung von BSG 1978-02-02 12 RK 38/76 = SozR 4230 § 3 Nr 1; BSG 1980-02-05 2 RU 33/78 = BSGE 49, 276; BSG 1980-10-30 8a RU 96/79 = SozR 2200 § 28 Nr 4).

 

Normenkette

RVO § 28 Abs 3 Fassung: 1974-07-17, § 397a Fassung: 1969-06-25; KO § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e Fassung: 1976-12-23, § 60 Fassung: 1974-07-17, § 61 Abs 1 Nr 1 Buchst e Fassung: 1976-12-23, §§ 62-63; AFG § 179 S 1, § 186a; WinterbauUmlV § 3 Abs 2 Fassung: 1972-07-13; ZPO § 304 Fassung: 1950-09-12

 

Verfahrensgang

LSG Hamburg (Entscheidung vom 22.05.1980; Aktenzeichen V ARBf 2/80)

SG Hamburg (Entscheidung vom 13.11.1979; Aktenzeichen 2 Ar 932/78)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte berechtigt ist, von dem Kläger als Konkursverwalter wegen nicht gezahlter Winterbau-Umlage für die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung Verzugszinsen nebst Pauschale für Verwaltungsmehraufwendungen für die Zeit nach der Eröffnung des Konkurses zu fordern.

Am 30. Januar 1976 eröffnete das Amtsgericht H über das Vermögen des Bauunternehmers J G H das Anschlußkonkursverfahren und bestellte den Kläger zum Konkursverwalter. Mit Bescheid vom 9. August 1977 forderte die Beklagte von ihm für die Zeit seit Konkurseröffnung bis zum 17. Februar 1977 Verzugszinsen in Höhe von 918,10 DM wegen für die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung rückständiger Winterbau-Umlage einschließlich der Pauschale für Verwaltungsmehraufwendungen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 1978 zurück.

Das Sozialgericht Hamburg (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 918,10 DM zurückzuzahlen (Urteil vom 13. November 1979). Der Anspruch auf Verzugszinsen für die Zeit nach Eröffnung des Konkurses richte sich nicht gegen die Masse. Masseschulden im Sinne von § 28 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF seien nur Rückstände für die Zeit vor Konkurseröffnung. Es seien auch nicht Masseschulden im Sinne von § 59 Abs 1 Nr 1 Konkursordnung (KO). Die Forderung sei daher zu Unrecht aus der Konkursmasse befriedigt worden; die Beklagte habe den Betrag von 918,10 DM zurückzuerstatten.

Das Landessozialgericht Hamburg (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 22. Mai 1980). Die auf Rückzahlung gerichtete Leistungsklage sei unzulässig, weil das Klagziel bereits mit der Anfechtungsklage erreicht werden könne. Die Anfechtungsklage sei unbegründet. Masseschulden im Sinne von § 28 Abs 3 Satz 1 RVO aF seien auch Umlageforderungen und die damit zusammenhängenden Nebenforderungen. Von § 28 Abs 3 Satz 1 RVO würden auch die nach Konkurseröffnung entstehenden Verzugszinsen erfaßt. § 63 Nr 1 RVO gelte nur für Konkursforderungen. Qualitativ unterschiedliche Masseforderungen kenne das Gesetz nicht.

Der Kläger hat Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung der §§ 59, 60, 63, 146 KO; § 28 Abs 3 RVO aF.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg

vom 22. Mai 1980 aufzuheben und die Berufung

der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts

Hamburg vom 13. November 1979 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen, weil die tatsächlichen Feststellungen zu einer abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht ausreichen (§ 170 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

Die mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage gegen die Beklagte ist zulässig. Anders als in den von der Rechtsprechung zu dieser Frage entschiedenen Fällen hatte die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid Verzugszinsen gefordert. Das Urteil des LSG enthält weder Feststellungen darüber, ob die Zinsforderung in der geltend gemachten Höhe gerechtfertigt ist, noch darüber, daß und in welcher Form der Kläger den geforderten Betrag an die Beklagte gezahlt hat, sei es freiwillig oder im Wege der Zwangsvollstreckung. Mit der Anfechtungsklage allein erreicht der Kläger das erstrebte Ziel nicht. Würde der Bescheid über die Verzugszinsen aufgehoben, könnte die Zahlung allenfalls ohne materiellen Rechtsgrund erfolgt sein. Damit allein wäre aber der erstrebte Erfolg, nämlich der Rückfluß in die Konkursmasse, noch nicht erreicht. Die Beklagte müßte weiter tätig werden. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt nicht etwa wie in BSGE 48, 33 oder 49, 197, 198 zur Wiederherstellung des früheren Rechtszustandes mit einer bindend festgestellten Leistungspflicht. Hier ist vielmehr zu prüfen, aus welchem Rechtsgrund eine Leistungspflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger besteht.

Zutreffend hat das LSG entschieden, daß die streitigen Verzugszinsen für die Zeit seit der Eröffnung des Konkurses bis zum 17. Februar 1977 Masseschulden im Sinne des hier noch anzuwendenden § 28 Abs 3 RVO (idF des Gesetzes über Konkursausfallgeld - Konkursausfallgeldgesetz - vom 17. Juli 1974 - BGBl I 1481 - Art 2 § 4) aF sind. Der Gemeinschuldner hatte bei Eröffnung des Anschlußkonkurses am 30. Januar 1976 fällige Winterbau-Umlagen (§ 186 a AFG) in den voraufgegangenen sechs Monaten nicht gezahlt. Wie der 12. Senat des Bundessozialgerichts -BSG- (SozR 4230 § 3 Nr 1) bereits entschieden hat, gehören zu den Rückständen, die nach § 28 Abs 3 RVO in der bis zum 17. Juli 1974 geltenden Fassung das Konkursvorrecht des § 61 Nr 1 KO aF genossen, neben der Winterbau-Umlage und der Pauschale nach § 186 a Abs 2 Satz 3 AFG auch die durch die Säumnis entstandenen Nebenkosten wie Säumniszuschläge und Verzugszinsen (§ 397 a Abs 1 und 2 RVO aF) sowie die Kosten für Mahnungen. Das folgt aus der Verweisung in § 3 Abs 2 der Winterbau-Umlage-VO vom 13. Juli 1972 (BGBl I 1201) auf § 179 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), wo wegen der Beitreibung rückständiger Beiträge auf § 28 RVO aF verwiesen war. Mit der Neufassung des § 28 Abs 3 RVO durch das Konkursausfallgeldgesetz (Art 2 § 4) ist eine Änderung der Rechtslage nur insoweit eingetreten, als Rückstände für die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung nunmehr Masseschulden wurden. Der Begriff der Rückstände hat sich dadurch inhaltlich jedoch nicht geändert (vgl dazu die eingehende Begründung des 2. Senats in BSGE 49, 276 ff). Der erkennende Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Auffassung des 2. Senats (aaO) an. Insbesondere die erneute Änderung des § 28 RVO und der §§ 59 und 61 KO durch das Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften - SGB 4 (Art 2 § 1 Nr 1 a; § 10 Nr 1 und 2) stellte klar, welche Ansprüche der Sozialversicherungsträger im Konkurs Masseschulden und bevorrechtigte Konkursforderungen sind. § 28 Abs 3 RVO wurde gestrichen, dem § 59 Abs 1 Nr 3 KO wurde ein Buchstabe e und dem § 61 Abs 1 Nr 1 KO ebenfalls ein Buchstabe e angefügt. Hier sind jetzt ausdrücklich Säumniszuschläge und Umlagen genannt. Materiell-rechtlich hat sich hiermit ebenfalls nichts geändert. Es sollte lediglich das materielle Konkursrecht, soweit es die Ansprüche der Sozialversicherungsträger betrifft, systematisch richtiger aus der RVO in die KO übernommen werden (vgl die Begründung zum Regierungsentwurf in BR-Drucks 300/75 zu Art II § 1 - S 39 - und Art II § 10 - S 41). Daß neben den Säumniszuschlägen Verzugszinsen nicht erwähnt sind, hat seinen Grund in der Streichung des § 397 a RVO, an dessen Stelle § 24 SGB 4 getreten ist, der nur noch Säumniszuschläge kennt (vgl auch die Urteile des erkennenden Senats vom 5. Juni 1981 - 10 RAr 4/81 und 10 RAr 8/81 -).

Die Einführung der Insolvenzversicherung (§§ 141 a bis m AFG) rechtfertigt es ebenfalls nicht, die vom Gesetzgeber ausdrücklich zu Masseschulden erklärten Ansprüche der Versicherungsträger dahin unterschiedlich zu behandeln, daß einzelne Rückstände nicht das Privileg der Masseschulden genießen, sondern, wie der Kläger meint, "Supervorrechte" sind. Es muß dem Gesetzgeber überlassen bleiben, welche Qualität er einzelnen Forderungen im Konkursfall verleiht. Es würde dem jetzt in § 59 Abs 1 Nr 3 e KO deutlich zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen widersprechen, wollte man etwa die Winterbau-Umlage oder die Säumniszuschläge nicht zu den Masseschulden rechnen. Im übrigen treffen die Ausführungen des 2. Senats (aaO 280 bis 283) in Bezug auf die Beitragsrückstände zur gesetzlichen Unfallversicherung im System der §§ 59 und 61 KO ebenso für die übrigen in § 59 Abs 1 Nr 3 e KO genannten Ansprüche zu. Es widerspricht nicht zwingend der Systematik des Konkursverfahrens, wenn das Gesetz auch alle Ansprüche der Sozialversicherungsträger gleichrangig mit denen der Arbeitnehmer konkurrieren läßt.

Masseschulden sind nicht nur die bis zur Eröffnung des Konkurses angefallenen Verzugszinsen nach § 397 a Abs 2 RVO aF (jetzt Säumniszuschläge nach § 24 Abs 2 SGB 4), sondern auch solche, die erst für Zeiten nach diesem Zeitpunkt wegen rückständiger Beiträge oder Umlagen aus den letzten sechs Monaten vor der Konkurseröffnung angefallen sind. § 28 Abs 3 RVO idF des Konkursausfallgeldgesetzes spricht zwar von Rückständen für die letzten sechs Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens oder vor dem Ableben des Gemeinschuldners. Hinsichtlich der Nebenforderungen, also vor allem der Verzugszinsen, wird dadurch aber nur die Hauptforderung zeitlich begrenzt. Deutlicher kommt das in der Fassung des § 59 KO durch das SGB 4 zum Ausdruck: "Masseschulden sind: ... 3. wegen der Rückstände für die letzten sechs Monate ... die Ansprüche ... e) der Träger der Sozialversicherung ... einschließlich Säumniszuschläge und auf Umlagen".

Durch die Eröffnung des Konkurses werden die Ansprüche der Gläubiger des Gemeinschuldners insoweit beeinträchtigt, als sie nur in der Reihenfolge und mit den Quoten der Konkursordnung berichtigt werden. War der Gemeinschuldner im Verzug, so wird dieser mit der Konkurseröffnung nicht beseitigt. Auch während des Konkursverfahrens können Verzugszinsen anfallen (Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 9. Aufl 1979, § 63 Anm 2). § 62 Nr 3 KO setzt die bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelaufenen Zinsen an derselben Stelle wie die Kapitalforderung an. Nach § 63 Nr 1 KO können jedoch im Konkursverfahren die seit dem Eröffnungsverfahren laufenden Zinsen nicht geltend gemacht werden. Das betrifft aber nur Zinsen von Konkursforderungen, nicht auch von Masseansprüchen (Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, aaO). Die von Kilger in: Böhle/Stamschräder, Konkursordnung, 13. Aufl 1981 zu § 3 Anm 2 vertretene Auffassung, Zinsen für Masseschulden im Sinne von § 59 Abs 1 Nr 3 KO seien ebenfalls nicht im Konkurs geltend zu machen, beruht auf seiner Auffassung, die Ansprüche der Arbeitnehmer und der Sozialversicherungsträger seien ihrem rechtlichen Charakter nach Konkursforderungen und lediglich im Rang des § 59 Abs 1 Nr 3 zu befriedigen (aaO, § 3 Anm 1b). Wie oben ausgeführt, teilt der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG diese Auffassung aber nicht. Die hier streitigen Verzugszinsen sind daher von der Beklagten zutreffend als Masseschulden mit dem angefochtenen Bescheid gegen den Kläger als Konkursverwalter geltend gemacht worden (vgl das Urteil des 8a Senats vom 30. Oktober 1980 - 8a RU 96/79 -, SozR 2200 § 28 Nr 4 = ZiP 1981, 39).

Über die gegen diese Bescheide zulässigerweise erhobene Anfechtungsklage kann der Senat jedoch nicht abschließend entscheiden. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG steht nämlich nicht fest, ob die Beklagte gegen den Kläger einen Zahlungsanspruch in der uneingeschränkt geltend gemachten Höhe von 918,10 DM hat.

Abgesehen davon, daß Feststellungen zur Höhe der Forderung fehlen, wäre der Anspruch auch dann nicht in jedem Fall begründet, wenn der geforderte Betrag rechnerisch den für die streitige Zeit auf die rückständige Winterbau-Umlage entfallenden Verzugszinsen entsprechen sollte. Bei unzulänglicher Konkursmasse haben Massegläubiger nämlich nicht grundsätzlich einen Anspruch auf volle Befriedigung ihrer Forderung. Vielmehr regelt § 60 KO: Sobald sich herausstellt, daß die Konkursmasse zur vollständigen Befriedigung aller Massegläubiger nicht ausreicht, werden Massekosten und Masseschulden, soweit die Ansprüche auf einen Geldbetrag gerichtet sind, nach der anschließend genannten Rangordnung und im Verhältnis ihrer Beträge berichtigt. Die Masseschulden im Sinne des § 59 Abs 1 Nr 3 und 3, also auch die Rückstände der Sozialversicherungsträger, sind gegenüber den Masseschulden nach § 59 Abs 1 Nr 1 und 2 und den Massekosten nach § 58 Nr 1 und 2 nachrangig. Die Beklagte hätte daher nur dann Anspruch auf volle Berichtigung ihres Zinsanspruchs, wenn die Masse zur vollen Berichtigung aller in § 60 Abs 1 Nrn 1, 2 und 3 genannten Masseschulden ausreichen würde. Was insoweit für Massegläubiger gilt, die keine Sozialversicherungsträger sind und ihre Forderungen mit einer Leistungsklage gegen den Konkursverwalter geltend machen (vgl dazu das Urteil des Bundesarbeitsgerichts -BAG- vom 31. Januar 1979, AP § 60 KO Nr 1 Bl 40), muß auch entsprechend gelten, wenn der Massegläubiger seine Forderung durch Verwaltungsakt geltend macht. Wird dieser Verwaltungsakt mit der Anfechtungsklage angefochten, ist materieller Streitgegenstand ebenfalls die Masseschuld. Zu entscheiden ist auch hier über die Rechtmäßigkeit der Forderung. Daß die Sozialversicherungsträger gegebenenfalls bereits vor rechtskräftiger Entscheidung wegen ihrer Forderungen vollstrecken können (§ 28 Abs 1 und 2, § 748 RVO aF, jetzt § 66 SGB 10), berührt die Anfechtungsklage nicht. Der Zusatz in dem angefochtenen Bescheid: "Der die Vollstreckung vermeidende Einwand der Masseunzulänglichkeit oder der Hinterlegung ... müßte Ihrerseits rechtzeitig ... erhoben werden". wirkt sich materiell-rechtlich nicht auf die uneingeschränkte Forderung der geltend gemachten Masseschuld aus.

Wie das BAG (aaO, Bl 39 R) unter II 1 ausgeführt hat, regelt die Konkursordnung die Befriedigung der Massegläubiger nur unvollkommen, weil sie einerseits in § 60 Abs 1 KO für die Erfüllung von Masseverbindlichkeiten eine Rangordnung, bei gleichem Rang eine Quotelung, vorschreibt, andererseits aber kein Verfahren zur Verfügung stellt, um die Rangordnung zu wahren; für Massegläubiger ist keine Ausnahme vom Prioritätsprinzip vorgesehen. Das kann aber nicht gelten, sobald sich herausstellt, daß die Masse nicht ausreicht. Andernfalls wäre es für den Konkursverwalter unmöglich, dem Gesetz zu genügen, die Rangfolge des § 60 Abs 1 KO einzuhalten und die dort vorgeschriebenen Kürzungen zu beachten. Dem muß auch im sozialgerichtlichen Verfahren bei der Anfechtung von Bescheiden Rechnung getragen werden, mit denen Masseforderungen geltend gemacht werden. Steht bereits im Erkenntnisverfahren fest, daß die Masse zur vollständigen Befriedigung der Massegläubiger der jeweiligen Rangklasse nicht oder jedenfalls nach dem derzeitigen Stand nicht ausreicht, steht ein solcher Bescheid, mit dem Rückstände und Nebenforderungen geltend gemacht werden, wegen der Höhe der Forderung jedenfalls dann in Widerspruch zu § 60 Abs 1 KO, wenn - wie hier - der volle Betrag gefordert wird. § 60 Abs 1 KO schränkt in einem solchen Fall die Bereinigung der Masseverbindlichkeit ein. Der Bescheid dürfte nicht einschränkungslos bestätigt, die Anfechtungsklage nicht uneingeschränkt abgewiesen werden; andernfalls würde dem Sozialversicherungsträger im Ergebnis etwas zugesprochen, was er alsbald wieder herausgeben (erstatten) müßte (vgl BAG, aaO, Bl 40, 3 b).

Läßt sich die Quote des Versicherungsträgers aus § 60 Abs 1 KO feststellen, wird der angefochtene Bescheid entsprechend abzuändern sein. Lassen sich weder die Zulänglichkeit der Masse, noch die Quote im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch überhaupt eine Quote, die auf die streitige Forderung entfällt, feststellen, steht aber - wie hier - fest, daß der Versicherungsträger eine Masseforderung nach § 59 Abs 1 Nr 3e KO hat, ist der Betrag der Forderung ohne Rücksicht auf den Rang und die Quote des § 60 Abs 1 KO festzustellen. Der Rechtsstreit ist sodann insoweit entscheidungsreif, als über den "Grund" im Sinne eines Zwischenurteils entsprechend § 304 der Zivilprozeßordnung (ZPO) entschieden werden kann. Der angefochtene Bescheid wäre mit der Maßgabe zu ändern, daß festgestellt wird, der beklagte Versicherungsträger habe eine Masseforderung nach § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO in der festgestellten Höhe gegen den klagenden Konkursverwalter. Ein solches Zwischenurteil könnte selbständig mit den zulässigen Rechtsmitteln angegriffen werden (Baumbach/Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 39. Aufl 1981, § 304 Anm 4 C). Hiermit wäre den berechtigten Interessen aller Beteiligten, auch der übrigen Konkursgläubiger, Rechnung getragen. Die Feststellung ist gegenüber allen Beteiligten des Konkursverfahrens verbindlich. Die Forderung steht auch in ihrer Höhe als Masseschuld fest, so daß sie mit dem festgestellten Betrag bei der endgültigen Verteilung der Masse entsprechend ihrem Rang berichtigt werden kann.

Der Kläger hat bereits im Klageverfahren ua vorgetragen, er könne nicht übersehen, ob die Masse ausreiche. Das LSG wird deshalb die entsprechenden Feststellungen über die Höhe der Masseforderung der Beklagten sowie über die Zulänglichkeit oder Unzulänglichkeit der Masse zu treffen und sodann erneut über die Anfechtungs- und Leistungsklage zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung bleibt dem das Verfahren abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

BSGE, 42

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