Entscheidungsstichwort (Thema)

Reihenfolge der versicherungsfreien Beschäftigungen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Berechnung des für die Versicherungspflicht eines Angestellten maßgebenden regelmäßigen Jahresarbeitsverdienstes sind Vergütungen für versicherungsfreie Nebenbeschäftigungen nicht zu berücksichtigen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der in AVG § 4 eingehaltenen Reihenfolge der versicherungsfreien Beschäftigungen kommt nicht die Bedeutung einer Rangfolge zu.

2. Zum regelmäßigen Jahresarbeitsverdienst zählt jedes Einkommen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung, so daß die Entgelte aus mehreren in der Angestelltenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen grundsätzlich zusammenzurechnen sind.

3. Wird neben einer Angestelltentätigkeit eine Beschäftigung als Arbeiter (RVO § 165 Abs 1 Nr 1) ausgeübt, so sind die einzelnen Beschäftigungsverhältnisse versicherungsrechtlich getrennt zu beurteilen.

 

Normenkette

AVG § 1 Abs. 2 Fassung: 1952-08-13; RVO § 168 Fassung: 1945-03-17, § 165 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1945-03-17; AVG § 4

 

Tenor

Die Revision der beigeladenen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 21. März 1958 wird zurückgewiesen.

Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat den Beigeladenen K, Hanna M, Irma A sowie der Baugenossenschaft "H eGmbH die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I.

Die klagende Baugesellschaft beschäftigt seit mehreren Jahren den Beigeladenen K als kaufmännischen Angestellten, der in der Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1951 ein Monatsgehalt von 540.- DM erhielt. Obgleich der Jahresarbeitsverdienst aus diesem Beschäftigungsverhältnis unter der damals in der Angestellten-Rentenversicherung geltenden Verdienstgrenze lag, hielt die Klägerin den Beigeladenen K für versicherungsfrei, weil er nebenher bei den Beigeladenen zu 3) und 4) und bei der Beigeladenen zu 5) gegen eine monatliche Vergütung von 30.- DM und 38.- DM als Hausverwalter tätig war und sein Gesamteinkommen die Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritt. Die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) ist hingegen der Ansicht, der Entgelt aus den beiden versicherungsfreien Nebenbeschäftigungen dürfe bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes nicht berücksichtigt werden. Sie hielt den Beigeladenen K hinsichtlich seiner Hauptbeschäftigung in der Angestellten-Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung für versicherungspflichtig und forderte mit Bescheid vom 24. Dezember 1953 von der Baugesellschaft N mbH Beiträge für diese Versicherungszweige.

Der Widerspruch der Baugesellschaft blieb ohne Erfolg. Daraufhin erhob die Baugesellschaft Klage beim Sozialgericht (SG) in Hamburg und beantragte die Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 1954 und des ihm zugrunde liegenden Beitragsbescheides. Die beklagte AOK und die beigeladene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BfArb) beantragten Klageabweisung. Mit Urteil vom 13. Juni 1956 hob das SG den Widerspruchsbescheid und den Beitragsbescheid auf, weil der Gesamtverdienst des Beigeladenen K. aus seinen Beschäftigungsverhältnissen bei der Klägerin und den Beigeladenen zu 3) - 5) die Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritten habe und K. somit versicherungsfrei sei.

Die beklagte AOK legte gegen dieses Urteil Berufung mit dem Antrag ein, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Diesem Antrag schloß sich die beigeladene BfArb an. Die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) beantragte die Zurückweisung der Berufung. Die Hausverwaltertätigkeiten des Beigeladenen K seien zwar als versicherungsfreie Beschäftigungen im Sinne des § 168 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzusehen. Da es sich aber bei dem Verdienst für diese Tätigkeiten um Entgelt aus an sich versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen handele, müsse die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes vor Anwendung des § 168 Abs. 3 RVO erfolgen, der nur "beitragstechnische Vorschriften" enthalte.

Mit Urteil vom 21. März 1958 hob das Landessozialgericht (LSG) Hamburg das angefochtene Urteil auf und wies die Klage unter Zulassung der Revision ab. Versicherungsfreie Nebenbeschäftigungen hätten grundsätzlich keinen Einfluß auf das Versicherungsverhältnis der Hauptbeschäftigung. Bei der Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes sei nur der Verdienst zu berücksichtigen, der aus einem Beschäftigungsverhältnis bezogen werde, das der Versicherungspflicht unterliege. Zwar seien im Hinblick auf die Stellung des Beigeladenen K als Vorstandsmitglied der Beigeladenen zu 5) Zweifel gerechtfertigt, ob der von dieser Beigeladenen gezahlte Betrag etwa als Aufwandsentschädigung anzusehen sei. Dies könne aber dahinstehen, denn selbst wenn es sich hier um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handele, bestehe - ebenso wie bei der Hausverwaltertätigkeit für die Beigeladenen zu 3) und 4) - Versicherungsfreiheit nach § 168 Abs. 3 RVO, weil beide Tätigkeiten nur nebenher ausgeübt würden. K sei hinsichtlich seiner Hauptbeschäftigung in der Angestellten-Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig, weil der aus dieser Beschäftigung bezogene Entgelt die Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht übersteige.

Mit ihrer Revision begehrt die beigeladene BfA die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Sie rügt Verletzung des § 1 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz idF des Art. 6 der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung vom 17. März 1945 - AVG aF -.

II

Die frist- und formgerecht eingelegte, durch Zulassung statthafte Revision ist nicht begründet.

Der Senat hat zunächst geprüft, ob die beklagte AOK die zuständige Einzugsstelle für den Einzug der Beiträge zur Angestellten-Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung war. Diese Frage ist zu bejahen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 der Zweiten Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs vom 24. April 1942 - 2. LAV - (RGBl I 252) sind die Krankenkassen Einzugsstellen für die Beiträge zur Angestellten-Rentenversicherung. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob der Beigeladene K etwa Teilbeschäftigter im Sinne des § 184 AVG aF gewesen ist und nach dieser Vorschrift die Pflichten des Arbeitgebers selbst hätte erfüllen müssen, denn nach den Vorschriften der 2. LAV unterlagen auch Teilbeschäftigte dem Lohnabzugsverfahren. § 13 Abs. 3 und 4 der Verordnung zur Durchführung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften der 2. LAV - DVO zur 2. LAV - vom 15. Juni 1942 (RGBl I 403, 448) beschränkte das Lohnabzugsverfahren allerdings auf die Hauptbeschäftigung der Teilbeschäftigten. Diese Regelung wurde jedoch durch Art. 25 Abs. 2 Nr. 6 der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung - VereinfVO - vom 17. März 1945 (RGBl I 41) wieder beseitigt. Es kann dahinstehen, ob diese Rechtsänderung durch § 9 Abs. 7 der Verordnung zur Durchführung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes vom 27. Juni 1949 (WiGBl 101, 204, 230) widerrufen worden ist und § 15 Abs. 3 und 4 DVO zur 2. LAV damit wieder wirksam wurden (so Koch/Hartmann/v. Altrock/Fürst, Das Angestelltenversicherungsgesetz, § 184 Anm. 1 b), denn die Hauptbeschäftigung der Teilbeschäftigten - um eine solche handelt es sich hier - unterliegt in jedem Falle, d. h. sowohl nach der 2. LAV als auch nach § 15 Abs. 4 der DVO zur 2. LAV dem Lohnabzugsverfahren.

Der Beigeladene K war in der Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1951 in der Angestellten-Rentenversicherung versicherungspflichtig, weil sein regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst die damals in der Angestellten-Rentenversicherung geltende Jahresarbeitsverdienstgrenze von 7.200.- DM nicht überschritten hat (§ 1 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes idF der VereinfVO - AVG aF - vom 17. März 1945). Das LSG hat zu Recht die Entgelte aus den Nebenbeschäftigungen des Beigeladenen K nicht zum regelmäßigen Jahresarbeitsverdienst gerechnet.

Zum regelmäßigen Jahresarbeitsverdienst zählt jedes Einkommen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung, so daß die Entgelte aus mehreren in der Angestellten-Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen grundsätzlich zusammenzurechnen sind (vgl. RVA GE 2518, AN 1919 S. 289). Anders ist es jedoch, wenn neben einer Angestelltentätigkeit eine Beschäftigung als Arbeiter (§ 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO) ausgeübt wird. In diesem Falle sind nach der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, die einzelnen Beschäftigungsverhältnisse versicherungsrechtlich getrennt zu beurteilen (RVA GE Nr. 2518 aaO; BSG 16, 98, 104). Demnach wäre der Entgelt aus der Hauptbeschäftigung des K nicht mit den Verdiensten aus seiner Hausverwaltertätigkeit zusammenzuzählen, wenn er diese als Arbeiter verrichtet hätte. Das gleiche würde gelten, wenn er die Nebenbeschäftigungen nicht in abhängiger Stellung, sondern als Selbständiger ausgeübt hätte. Nach den Feststellungen des LSG ist es zweifelhaft, ob K. den von der Beigeladenen zu 5) gezahlten Betrag von monatlich 38.- DM nur als Aufwandsentschädigung in seiner Eigenschaft als Mitglied des Vorstandes dieser Genossenschaft, also in selbständiger Stellung, bezog. Ebenso läßt das Urteil des LSG nicht erkennen, ob es sich bei den Beschäftigungen des K. als Hausverwalter um handwerkliche - also invalidenversicherungspflichtige - oder aber um überwiegend verwaltende und demnach angestelltenversicherungspflichtige Tätigkeit gehandelt hat. Diese Fragen können indessen dahinstehen, weil die Nebenverdienste des K auch dann nicht in den regelmäßigen Jahresarbeitsverdienst einzubeziehen sind, wenn er weder als Selbständiger noch als Arbeiter, sondern - sowohl bei den Beigeladenen zu 3) und 4) als auch bei der Beigeladenen zu 5) - als Angestellter abhängig beschäftigt war; denn es würde sich dann jedenfalls um versicherungsfreie Nebenbeschäftigungen handeln (§ 1 Abs. 6 AVG aFG i. V. m. §§ 1228 Abs. 2, 168 Abs. 3 RVO), die bei der Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes unberücksichtigt bleiben.

Nach § 168 Abs. 3 RVO bleiben Dienstleistungen versicherungsfrei, wenn sie von Personen, die in einem regelmäßigen Beschäftigungsverhältnis stehen, für einen anderen Arbeitgeber zwar laufend oder in regelmäßiger Wiederkehr, aber nur nebenher ausgeführt werden und wenn Arbeitszeit und Entgelt die Hälfte der Arbeitszeit und des Entgelts der Hauptbeschäftigung nicht überschreiten. Dies ist bei dem Beigeladenen K der Fall. Sowohl Arbeitszeit als auch Entgelt aus jeder der beiden Nebenbeschäftigungen überschritten nicht die Hälfte der Arbeitszeit und des Entgelts seiner Hauptbeschäftigung bei der klagenden Baugesellschaft. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist schon beim Vorliegen dieser leicht feststellbaren objektiven Merkmale eine versicherungsfreie Nebenbeschäftigung anzunehmen (vgl. BSG 11, 130, 134); einer Prüfung, ob die "nebenher" ausgeübte Tätigkeit für die Lebensstellung des Beschäftigten nur von nebensächlicher Bedeutung ist, bedarf es bei Anwendung des § 168 Abs. 3 RVO nicht.

Entgegen der Ansicht der beigeladenen BfA ist der Entgelt aus versicherungsfreien Nebenbeschäftigungen bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsverdienstes nicht zu berücksichtigen (Peters, Handbuch der Krankenversicherung § 165 Anm. 6 b; Weber, Die Beiträge 1957 S. 129, WzS 1961 S. 281). Der Gesetzgeber hat die in § 168 Abs. 3 RVO bezeichneten Dienstleistungen deswegen von der Versicherungspflicht ausgenommen, weil sie wirtschaftlich nur von untergeordneter Bedeutung sind und der Beschäftigte bereits durch die auf Grund der Hauptbeschäftigung bestehende Pflichtversicherung hinreichend gesichert ist, sofern er nicht schon mit dem in der Hauptbeschäftigung bezogenen Entgelt die Jahresarbeitsverdienstgrenze überschreitet und daher vom Gesetz nicht mehr als schutzbedürftig angesehen wird. Die Versicherungsfreiheit abhängig Beschäftigter stellte eine Ausnahme von dem Grundsatz der Solidarhaft der Arbeitnehmer dar, wonach mit der abhängigen Beschäftigung grundsätzlich die Zugehörigkeit zur Versichertengemeinschaft und damit die Beitragspflicht verbunden ist. Die diesen Grundsatz einschränkende Vorschrift über die Versicherungsfreiheit der Angestellten bei Überschreiten der Jahresarbeitsverdienstgrenzen darf daher nicht extensiv dahin ausgelegt werden, daß Arbeitsentgelte, von denen - wegen der Versicherungsfreiheit nach § 168 RVO - keine Beiträge zu entrichten sind, die Versicherungspflicht einer anderen Beschäftigung, nämlich der Hauptbeschäftigung, ausschließen. Eine versicherungsfreie Nebenbeschäftigung ist nicht geeignet, der daneben ausgeübten - für sich allein betrachtet, versicherungspflichtigen - Hauptbeschäftigung den Versicherungsschutz zu nehmen und den Versicherten auch hinsichtlich dieser Hauptbeschäftigung von der Solidarhaft (Beitragspflicht) zu befreien. Es würde dem Sinn und Zweck der Regelung des § 168 Abs. 3 RVO nicht entsprechen, wollte man die wegen ihrer geringen wirtschaftlichen Bedeutung von der versicherungsrechtlichen Betrachtung ausgeschlossenen versicherungsfreien Dienstleistungen bei der Berechnung der Jahresarbeitsverdienstgrenze doch wieder für die versicherungsrechtliche Gestaltung eines anderen Beschäftigungsverhältnisses als relevant ansehen.

Dem kann nicht die Begrenzung der Versicherungspflicht auf die ihrem Verdienst nach schutzwürdigen Angestellten entgegengehalten und es kann nicht argumentiert werden, ein Beschäftigter, der in mehreren teils versicherungspflichtigen, teils nach § 168 Abs. 3 RVO versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen stehe und dessen Einkommen aus diesen Beschäftigungsverhältnissen die Jahresarbeitsverdienstgrenze überschreite, bedürfe des Schutzes der Sozialversicherung ebensowenig wie ein Angestellter, der das gleiche Einkommen aus nur einem Beschäftigungsverhältnis bezieht. Der Gesetzgeber hat den Gedanken einer Abhängigkeit der Versicherungspflicht von der Schutzbedürftigkeit nur unvollkommen durchgeführt, andernfalls hätte er bei Begrenzung der Versicherungspflicht nicht nur auf den Arbeitsverdienst, sondern auch auf sonstiges Einkommen des Angestellten (z. B. aus selbständiger Tätigkeit oder aus Vermögen) abstellen müssen. Sicherlich auch aus Gründen der Rechtssicherheit und der verwaltungsmäßig leichteren Gesetzesanwendung hat er sich darauf beschränkt, allein den Arbeitsentgelt des Angestellten maßgebend sein zu lassen, zumal dieser schon für die Berechnung der Beiträge der Feststellung bedarf und auf Grund der Meldepflicht des Arbeitgebers (§ 317 RVO) leicht zu ermitteln ist. Versicherungsfreie Nebenbeschäftigungen sind aber nicht der Krankenkasse als Einzugsstelle zu melden. Sie müßte also durch besondere Rückfrage bei dem Versicherten selbst feststellen, ob die - für sich allein betrachtet versicherungspflichtige - Hauptbeschäftigung bei Hinzurechnung von Verdiensten aus Nebenbeschäftigungen wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze versicherungsfrei ist. Alle diese Erwägungen sprechen dafür, daß der Gesetzgeber zum regelmäßigen Jahresarbeitsverdienst nur Entgelt aus versicherungspflichtigen - und daher meldepflichtigen - Beschäftigungen zählt (vgl. Dersch, Grundriß der gesetzlichen Rentenversicherung 1952 S. 89; Jantz/Zweng, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, § 5 Anm. I S. 363). - Die GE des RVA Nr. 5592 (AN 1945, 7) steht dieser Auffassung nicht entgegen, sie betrifft die andere Frage, ob ein Angestellter, der wegen Überschreitens der Verdienstgrenze in der Krankenversicherung bereits versicherungsfrei ist, dadurch versicherungspflichtig wird, daß er eine weitere Beschäftigung als Arbeiter aufnimmt.

Die Ansicht der beigeladenen BfA, § 168 Abs. 3 RVO stelle nur eine "beitragstechnische" Regelung dar, betreffe also nicht die Versicherungspflicht, ist unrichtig. Es ist zwar zutreffend, daß § 168 RVO durch die Erste Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung neu gefaßt worden ist. Diese Verordnung befaßt sich aber nicht nur wie ihre Bezeichnung zunächst vermuten läßt, mit Fragen des Beitrags- und Leistungsrechts, sondern enthält in ihrem Teil I, der mit "Versicherungspflicht" überschrieben ist, eine Neuregelung des Umfangs der Versicherung, die vor allem den Ersten Abschnitt des Zweiten Buches der RVO, den Ersten Abschnitt des Vierten Buches der RVO und den Ersten Abschnitt des AVG aF betrifft. Die Neufassung des § 168 RVO und der Vorschriften, die auf § 168 verweisen (§ 1228 Abs. 2 RVO aF, § 1 Abs. 6 AVG aF), erfolgte in dem genannten Teil I der 1. VereinfVO. Sowohl nach ihrer Stellung in der VereinfVO, in der RVO und im AVG als auch nach ihrem Wortlaut enthalten diese Vorschriften keine allein "beitragstechnischen" Regelungen, sondern betreffen in erster Linie Fragen der Versicherungspflicht, die sich auf die Beitragspflicht auswirken.

Auch die weitere Erwägung der beigeladenen BfA, daß sich aus der Reihenfolge der in § 4 AVG nF aufgeführten versicherungsfreien Beschäftigungen der Vorrang der Versicherungsfreiheit wegen Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze ergebe, vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, daß § 4 AVG nF auf den vorliegenden Streitfall keine Anwendung finden kann, kommt der in dieser Vorschrift eingehaltenen Reihenfolge der versicherungsfreien Beschäftigungen nicht die Bedeutung einer Rangfolge zu.

Soweit der Bescheid der beklagten AOK die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung betraf, ist das Urteil des LSG rechtskräftig geworden; denn es wurde nur von der beigeladenen BfA angefochten (vgl. Urteil des 3. Senats vom 29. März 1962 - 3 RK 83/59 -). Ihr Revisionsantrag war daher einschränkend dahingehend zu verstehen, daß das Urteil des LSG nur insoweit angefochten wird, als es die Beiträge zur Angestellten-Rentenversicherung betraf (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Da somit die Entgelte aus den versicherungsfreien Nebenbeschäftigungen des Beigeladenen K nicht zum regelmäßigen Jahresarbeitsverdienst zu rechnen sind, war der Beigeladene auf Grund seiner Hauptbeschäftigung bei der klagenden Baugesellschaft in der Angestellten-Rentenversicherung pflichtversichert. Die Revision der beigeladenen BfA ist deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 674127

BSGE, 168

NJW 1962, 2126

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge