Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 26.04.2023; Aktenzeichen L 3 AL 2575/21)

SG Heilbronn (Entscheidung vom 24.06.2021; Aktenzeichen S 9 AL 2350/19)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 2023 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den von ihm allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht in der gebotenen Weise dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger, der in der Sache Arbeitslosengeld (Alg) begehrt, formuliert zusammengefasst drei Rechtsfragen zur Berücksichtigung von in der Türkei zurückgelegten "Beschäftigungszeiten" als Anwartschaftszeit. Schon die Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen ist nicht hinreichend dargelegt, denn der Kläger setzt sich mit Rechtsprechung und Schrifttum zu Inhalt und Reichweite der von ihm angesprochenen Abkommen mit der Türkei und den konkretisierenden Assoziationsratsbeschlüssen (vgl etwa Donath, EuGRZ 2017, 497 ff; Hummer in Fuchs/Janda, Europäisches Sozialrecht, 8. Aufl 2022, Teil 9 RdNr 4 f; Franzen in Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl 2018 Art 45 AEUV RdNr 54 ff) nicht auseinander. Sich auf die Aussage zu beschränken, über diese Rechtsfragen habe das Revisionsgericht bisher noch nicht entschieden, reicht hier unter Berücksichtigung der Komplexität der Fragen nicht aus (vgl zu den insoweit bestehenden Darlegungsanforderungen nur Voelzke in Schlegel/Voelzke, SGG, 2. Aufl 2022, § 160a RdNr 100 ff; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 14c f, jeweils mwN).

Zudem vermag der Senat anhand der Beschwerdebegründung auch nicht zu beurteilen, ob die formulierten Rechtsfragen klärungsfähig bzw entscheidungserheblich sind, dh ob es auf sie überhaupt ankommen kann. Denn abgesehen davon, dass die Beschwerde zur Arbeitslosigkeit als Anspruchsvoraussetzung für das Alg (§ 137 Abs 1 Nr 1, § 138 SGB III) nichts vorträgt, hätte der Kläger aufzeigen müssen, was er im Einzelnen in der Zeit vom 24.1.2014 bis 28.2.2014, die er als "Beschäftigungszeit" bezeichnet, in der Türkei gemacht hat. Der Verweis auf im Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung enthaltene Zeiten ersetzt nicht den schlüssigen tatsächlichen Vortrag. Nur die Kenntnis dieser Umstände würde ein Urteil darüber erlauben, ob und welche assoziationsrechtlichen Fragen sich stellen, und welche Bedeutung diese für den Umfang der Anwartschaftszeit iS von § 142 SGB III als Anspruchsvoraussetzung für Alg haben können.

Im Übrigen ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers auch nicht schlüssig, warum unter Berücksichtigung der referierten Hilfserwägungen des LSG, wonach selbst bei Gleichstellung dieser Zeiten in der Türkei mit einer Beschäftigungszeit in einem Mitgliedstaat der EU diese nicht als Anwartschaftszeit in der Arbeitslosenversicherung zu berücksichtigen wären, trotzdem ein Anspruch auf Alg bestehen könnte. Soweit die Beschwerde hierzu auf von den Feststellungen des LSG abweichende tatsächliche Umstände verweist, ist das zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ungeeignet. Diese ist auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 9f mwN); fehlerhafte Feststellungen können allenfalls durch eine - hier nicht erhobene - Verfahrensrüge geltend gemacht werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Söhngen

Burkiczak

B. Schmidt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16079271

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