Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Revision. Divergenz. Verfahrensmangel

 

Orientierungssatz

1. Sofern sich die Beschwerde auf den Revisionszulassungsgrund der Divergenz beruft, muss sie entscheidungstragende Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einer höchstrichterlichen Entscheidung andererseits gegenüberstellen und begründen, weshalb diese miteinander unvereinbar seien. Dies erfordert, dass das LSG bewusst einen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl BSG vom 27.1.1999 - B 4 RA 131/98 B = SozR 3-1500 § 160 Nr 26).

2. Zur Bezeichnung eines Verfahrensmangels iSd § 160a Abs 2 S 3 SGG sind diejenigen Tatsachen, aus denen er sich ergeben soll, substantiiert darzutun (vgl BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 = SozR 1500 § 160a Nr 14; vom 24.3.1976 - 9 BV 214/75 = SozR 1500 § 160a Nr 24; vom 16.3.1979 - 10 BV 127/78 = SozR 1500 § 160a Nr 34 und vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 = SozR 1500 § 160a Nr 36).

 

Normenkette

SGG § 160 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 160a Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.05.2007; Aktenzeichen L 11 KR 1135/07)

SG Freiburg i. Br. (Gerichtsbescheid vom 21.02.2007; Aktenzeichen S 5 KR 2319/06)

 

Tatbestand

Der bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren, ab 5.12.2005 Krankengeld (Krg) zu erhalten, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat - teilweise durch Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids der Vorinstanz - zur Begründung ua ausgeführt, der Kläger sei im Zeitpunkt der Entstehung des geltend gemachten Krg-Anspruchs als Rentenantragsteller ohne Krg-Anspruch versichert gewesen, da ihm durch Krankheit weder Arbeitsentgelt noch Arbeitseinkommen entgangen sei. Der Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krg wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) habe wegen Anspruchserschöpfung zum 2.12.2005 geendet. Danach habe erstmals am 7.12.2005 Dr. B. Arbeitsunfähigkeit (AU) festgestellt. Die Rückdatierung des AU-Beginns auf den 2.12.2005 sei ohne Belang. Nichts anderes gelte für das Attest des Dr. B. vom 1.3.2006 und die AU-Folgebescheinigung, wonach der Kläger ab 16.11.2005 durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Auch als Alg-Bezieher habe der Kläger mit Beginn der AU die notwendigen Schritte unternehmen müssen, um eine mögliche AU feststellen zu lassen und seine Ansprüche zu wahren ( BSGE 90, 72 ff = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 ). Dies habe der Kläger nicht getan (Urteil vom 15.5.2007).

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil und beruft sich auf Divergenz und Verfahrensfehler.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der Divergenz und des Verfahrensfehlers (Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 Nr 2 und 3 SGG).

1. Soweit sich die Beschwerde auf den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG beruft und geltend macht, das LSG-Urteil sei vom Urteil des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ ( BSGE 90, 72 ff = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 ) abgewichen und beruhe auf dieser Abweichung, fehlt es an § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügenden Darlegungen. Wer sich auf diesen Zulassungsgrund beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einer höchstrichterlichen Entscheidung andererseits gegenüberstellen und begründen, weshalb diese miteinander unvereinbar seien ( vgl BSG, Beschluss vom 27.6.2005 - B 1 KR 43/04 B; BSG, Beschluss vom 18.7.2005 - B 1 KR 110/04 B - mwN; BSG, Beschluss vom 24.1.2007 - B 1 KR 155/06 B - RdNr 8 mwN ). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich nur fehlerhaft das Recht angewendet hat ( vgl zB BSG, Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f ). An der Darlegung eines vom LSG bewusst abweichend aufgestellten Rechtssatzes fehlt es. Die Beschwerde beruft sich vielmehr darauf, dem LSG habe ein anderer Sachverhalt vorgelegen, als er für das BSG-Urteil (aaO) ausschlaggebend gewesen sei. Insoweit rügt die Beschwerde im Kern die bloße Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des LSG. Das gilt auch, soweit sich die Beschwerde darauf beruft, das LSG habe eine weitere Entscheidung des BSG ( BSGE 44, 226 = SozR 2200 § 1241 Nr 5 mwN ) nicht beachtet. Dieses Vorbringen genügt nicht, um eine Divergenz im erläuterten Sinne darzulegen.

2. Mit ihrem Vorbringen, das LSG sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, legt die Beschwerde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dar. Insoweit macht die Beschwerde geltend, das LSG habe die Bescheinigung vom 1.3.2006 über AU ab 16.11.2005 rechtlich anders bewerten müssen, worauf bereits in der Berufungsschrift hingewiesen worden sei. Das aber genügt nicht, um einen Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs darzulegen. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Zur Bezeichnung eines derartigen Verfahrensmangels ( § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) sind diejenigen Tatsachen, aus denen es sich ergeben soll, substantiiert darzutun ( vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; 24; 34; 36 ). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, inwieweit die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann ( vgl BSG, Beschluss vom 8.2.2006 - B 1 KR 65/05 B - RdNr 9 mwN; BSG, Beschluss vom 9.2.2005 - B 10 KG 9/04 B -; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 mwN ). Daran fehlt es. Die Beschwerde geht schon nicht darauf ein, dass das LSG ihr Vorbringen in der Sache im Tatbestand seines Urteils erwähnt, mithin zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Einen weitergehenden Anspruch darauf, der von einem Beteiligten vorgetragenen Rechtsansicht zu folgen, gibt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs dagegen nicht. Danach genügt das Vorbringen nicht, um den Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu bezeichnen.

3. Von weiterer Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 3 SGG ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1803718

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