Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 31.08.1998)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluß des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. August 1998 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt F. S. … beizuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt im Hauptverfahren die Feststellung eines höheren Rentenwerts unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Ersatzzeit.

Der Kläger bezieht seit dem 1. Februar 1994 von der Beklagten eine Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 26. Februar 1997 stellte diese den Wert der monatlichen Rente neu fest. Hierbei lehnte sie es ab, die vom Kläger behaupteten Zeiten des Kriegsdienstes oder der Kriegsgefangenschaft vom 25. April bis 24. Mai 1945 und der anschließenden Arbeitsunfähigkeit bis 31. Dezember 1948 als Ersatzzeit zu berücksichtigen. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 1997, Urteil des Sozialgerichts vom 16. März 1998, Beschluß des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 31. August 1998).

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluß des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Zugleich begehrt er die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) und die Beiordnung seines Prozeßbevollmächtigten.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Antrag auf Gewährung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist unbegründet.

1. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den allein geltend gemachten Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), nicht in der gebotenen Weise bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

Der Kläger rügt, das LSG habe seinen „Beweisantrag” in dem Schriftsatz vom 29. Mai 1998 vollständig unberücksichtigt gelassen und sein „Beweisantritt” habe keinerlei Eingang in die Entscheidung des LSG gefunden. Der benannte Zeitzeuge, sein Bruder, hätte seine Angaben – zur streitigen Ersatzzeit – in vollem Umfang bestätigen können. Mit diesem Vorbringen genügt der Kläger nicht den Anforderungen an die von ihm zu beachtende Darlegungspflicht.

Um einen Verfahrensmangel ordnungsgemäß zu bezeichnen, muß der Beschwerdeführer nicht nur den behaupteten (vermeintlichen) Verfahrensverstoß in den ihn begründenden Tatsachen substantiiert dartun (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Er muß auch aufzeigen, daß die angefochtene Entscheidung auf dem Mangel beruhen kann (BSG SozR 1500 §§ 160 Nr 5 und 160a Nr 36). Demzufolge sind vom Beschwerdeführer folgende Gesichtspunkte aufzuzeigen:

  • Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren, den Anforderungen der Zivilprozeßordnung (ZPO) genügenden Beweisantrags,
  • die genaue Darstellung des behaupteten Verfahrensmangels unter Wiedergabe des ihn begründenden Sachverhalts,
  • die Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung hätten drängen müssen,
  • Angabe des Ergebnisses der unterbliebenen Beweiserhebung,
  • Schilderung, daß und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG also bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl zum ganzen BSG SozR 1500 § 160 Nrn 5 und 35 sowie § 160a Nrn 24 und 34).

Die Beschwerdebegründung genügt nicht den genannten Voraussetzungen. Der Kläger hat bereits keinen Beweisantrag benannt, der den Anforderungen der ZPO entspricht. Ein solcher ist jedenfalls nicht in dem benannten Schriftsatz vom 29. Mai 1998 aufzufinden. Mit diesem Schriftsatz hat der Kläger in der Anlage lediglich eine schriftliche Zeugenerklärung vorgelegt. Ob dieser Schriftsatz – mittelbar – als eine Beweisanregung gewertet werden kann, kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist die bloße Übersendung einer schriftlichen Zeugenerklärung nicht als ein Beweisantrag iS der ZPO zu werten. Ein solcher ordnungsgemäßer Antrag erfordert nämlich, daß der Kläger konkret die Tatsachen benennt, über die Beweis erhoben werden soll, und zugleich die geeigneten Beweismittel benennt (vgl zum Zeugenbeweis § 373 ZPO). Nur ein solcher Beweisantrag läßt unzweifelhaft erkennen, daß eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen zu genau benannten Tatsachen für erforderlich gehalten wird. Insoweit hat der Beweisantrag Warnfunktion, da er der Tatsacheninstanz vor Augen führen soll, daß er – der Kläger – die gerichtliche Sachaufklärung in einem bestimmten Punkt noch nicht als erfüllt ansieht (BSG SozR 1500 § 160 Nr 7; SozR 3-1500 § 160 Nr 9). Eine solche Warnfunktion fehlt bei Beweisantritten und bloßen Beweisanregungen. Im übrigen spricht das Schreiben des Klägers vom 29. Mai 1998 dafür, daß er aufgrund der vorgelegten schriftlichen Zeugenerklärung eine weitere Sachaufklärung nicht mehr für erforderlich gehalten hat. Dies folgt aus seinem Vorbringen, daß die Beklagte nicht in der Lage sei, Gegenbeweise vorzulegen und deshalb „zur Zahlung überführt” sei. Ein den Anforderungen der ZPO genügender Beweisantrag läßt sich diesem Vorbringen jedenfalls nicht entnehmen.

Ferner hat der Kläger es ua unterlassen, die Rechtsauffassung des LSG darzustellen, so daß nicht erkennbar ist, warum sich das Berufungsgericht – ausgehend von seiner Rechtsauffassung – zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen und warum seine Entscheidung auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann.

Die Begründung der Beschwerde genügt somit nicht den gesetzlichen Anforderungen, so daß diese in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig verworfen werden mußte.

2. Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, mußte auch der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens PKH zu bewilligen und seinen Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt S. … beizuordnen, abgelehnt werden (§ 73a Abs 2 Satz 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175584

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