Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitraum der Verzinsung einer betrieblichen Altersversorgung bei Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verzinsung eines Ausgleichswerts (hier: betriebliche Altersversorgung) ist für den Zeitraum seit dem Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich anzuordnen.

 

Normenkette

FamFG § 70 Abs. 1; VersAusglG § 14 Abs. 4

 

Verfahrensgang

OLG München (Beschluss vom 12.10.2012; Aktenzeichen 16 UF 707/12)

AG München (Beschluss vom 29.03.2012; Aktenzeichen 534 F 9842/11)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG München vom 12.10.2012 aufgehoben, als darin über den Ausgleich der von dem Antragsteller bei der BMW AG erworbenen Anrechte entschieden worden ist, und die Entscheidung insoweit wie folgt neu gefasst:

Im Wege externer Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der BMW AG (Vers.-Nr.:) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 6.411,28 EUR, bezogen auf den 31.8.2011 als Ende der Ehezeit, bei der Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG begründet.

Die BMW AG wird verpflichtet, den Betrag von 6.411,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5,15 % vom 1.9.2011 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an die Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG zu zahlen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 1.605 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die am 1.8.2003 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf einen am 15.9.2011 zugestellten Scheidungsantrag durch Endbeschluss des AG vom 29.3.2012 rechtskräftig geschieden.

Rz. 2

Während der ehevertraglich vereinbarten Ausgleichszeit haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Daneben hat der Antragsteller Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung bei der Beteiligten zu 2) (BMW AG) erworben. Das AG hat den Versorgungsausgleich im Scheidungsverbund geregelt und dabei die von den Parteien erworbenen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung intern geteilt. Ferner hat es zu Lasten des von dem Antragsteller bei der Beteiligten zu 2) erworbenen betrieblichen Anrechts im Wege interner Teilung zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 4.406,60 EUR, bezogen auf den 31.7.2009, übertragen.

Rz. 3

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2), die darauf hinweist, bereits in erster Instanz auf eine externe Teilung des Anrechts angetragen zu haben. Das OLG hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - die Entscheidung des AG dahingehend abgeändert, dass es im Wege externer Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Beteiligten zu 2) zugunsten der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 3) (Versorgungsausgleichskasse) ein Anrecht i.H.v. 6.411,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5,15 % seit dem 1.9.2011 begründet hat. Den von der Beteiligten zu 2) begehrten Ausspruch zur Beendigung des Zinslaufes bei Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat das OLG abgelehnt, weil nach seiner Auffassung Zinsen bis zur Zahlung des Ausgleichsbetrages an den Zielversorgungsträger zu leisten seien.

Rz. 4

Gegen die Entscheidung zum Zinslauf wendet sich die Beteiligte zu 2) mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Rz. 5

Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache Erfolg und führt im Umfang der Anfechtung zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Rz. 6

Die Verzinsung des Ausgleichswertes ist für den Zeitraum seit dem Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich anzuordnen. Soweit demgegenüber - mit dem Beschwerdegericht - die Auffassung vertreten wird, dass die Verzinsung des Ausgleichswertes grundsätzlich bis zum tatsächlichen Eingang der Zahlung beim Zielversorgungsträger erfolgen müsse, vermag der Senat dem nicht zu folgen (vgl. Senatsbeschluss v. 6.2.2013 - XII ZB 204/11 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Rz. 7

Die Anordnung der externen Teilung ist ein richterlicher Gestaltungsakt. Mit der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich wird zwischen der ausgleichsberechtigten Person und dem Träger der Zielversorgung unmittelbar ein Rechtsverhältnis begründet bzw. ein bestehendes Rechtsverhältnis ausgebaut. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte erwirbt deshalb bereits mit Rechtskraft der Entscheidung im Umfang des zu seinen Gunsten zu begründenden Anrechts einen Anspruch auf die von der Zielversorgung nach seiner Versorgungsordnung gewährten Leistungen, und zwar unabhängig davon, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt es zu einem Kapitaltransfer zwischen dem Träger der Zielversorgung und dem zahlungspflichtigen Versorgungsträger kommt. Das Risiko der Beitreibung des vom Gericht nach § 222 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 14 Abs. 4 VersAusglG festgesetzten Kapitalbetrages trägt somit der Träger der Zielversorgung (BGH v. 6.2.2013 - XII ZB 204/11 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl., § 14 VersAusglG Rz. 29; MünchKomm/BGB/Gräper 6. Aufl., § 14 VersAusglG Rz. 30; FAKomm-FamR/Wick 5. Aufl., § 14 VersAusglG Rz. 24; Häußermann BetrAV 2008, 428, 431; kritisch hierzu MünchKomm/BGB/Dörr 6. Aufl., § 222 FamFG Rz. 9). Diese Risikoverteilung entspricht erkennbar den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 16/10444, 95), was sich auch daraus erschließt, dass für die gesetzliche Rentenversicherung als Auffangversorgung (§ 15 Abs. 5 Satz 1 VersAusglG) mit § 120g SGB VI eine vom Gesetzgeber ausdrücklich als "Sonderbestimmung" (BT-Drucks. 16/10444, 101) bezeichnete Vorschrift geschaffen wurde, durch die - an sich systemwidrig - die Begründung des Anrechts zugunsten der ausgleichsberechtigten Person auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Kapitaltransfers hinausgeschoben worden ist.

Rz. 8

Vor diesem Hintergrund besteht kein Bedürfnis für die Anordnung einer Verzinsung des Ausgleichswertes über den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich hinaus. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte erwirbt aufgrund der Gestaltungswirkung der gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich mit deren Rechtskraft beim Träger der Zielversorgung ein Anrecht in einer konkret bestimmbaren Höhe. Selbst wenn man - was allerdings zweifelhaft erscheint - davon ausgehen wollte, dass der Verzinsungsvorgang im Versorgungssystem des Zielversorgungsträgers erst nach Eingang des zu transferierenden Betrages beginnt (so Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rz. 1139), gebieten weder die Interessen der ausgleichsberechtigten Person noch die Interessen des Zielversorgungsträgers die Anordnung einer über die Rechtskraft der Entscheidung hinausgehenden Verzinsung. Leistet der zahlungspflichtige Versorgungsträger auf eine Zahlungsaufforderung nicht, kann der Träger der Zielversorgung nach den allgemeinen Regeln über den Verzug mit einer Geldschuld (§§ 288 ff. BGB) seinen Verzögerungsschaden geltend machen; dieser Schaden kann sich auch auf die kapitalisierten Zinsen beziehen und den im Versorgungssystem des zahlungspflichtigen Versorgungsträgers verwendeten Rechnungszins durchaus übersteigen (vgl. Senatsbeschluss v. 6.2.2013 - XII ZB 204/11 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Rz. 9

Von einer weitergehenden Begründung der Entscheidung wird nach § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

 

Fundstellen

FamRZ 2013, 1019

FamFR 2013, 227

NJW-Spezial 2013, 326

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