hier: Klarstellungsbedarf zu den Einheitlichen Grundsätzen zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden

Sachverhalt:

Am 1. August 2013 ist das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15. Juli 2013 in Kraft getreten. Es sieht in § 256a Abs. 1 und 2 SGB V folgende Maßnahmen vor, die auf den Abbau und die Vermeidung von Beitragsschulden für die Gruppe der Versicherungspflichtigen nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V abzielen:

  • Für Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, deren Mitgliedschaft bereits bis zum 31. Juli 2013 festgestellt worden ist, sollen die für den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Versicherungspflicht und der Anzeige der Voraussetzungen der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse bereits festgestellten Beitragsansprüche, die noch nicht gezahlt worden sind, sowie darauf entfallende Säumniszuschläge erlassen werden ("Altfallregelung").
  • Für Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, deren Mitgliedschaft noch nicht festgestellt worden ist und die sich bis zum Stichtag 31. Dezember 2013 bei der Krankenkasse melden, sollen sämtliche für den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Versicherungspflicht und der Anzeige der Voraussetzungen der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse festgestellten Beitragsansprüche sowie darauf entfallende Säumniszuschläge erlassen werden ("Stichtagsregelung").
  • Für Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, die sich erst nach dem Stichtag 31. Dezember 2013 bei der Krankenkasse melden, sollen die für den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Versicherungspflicht und der Anzeige der Voraussetzungen der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse festgestellten Beitragsansprüche ermäßigt werden ("Neufallregelung").

Die näheren Voraussetzungen für den Erlass von Beiträgen bzw. den Umfang der Beitragsermäßigung werden durch die "Einheitlichen Grundsätze zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden" geregelt, die der GKV-Spitzenverband aufgrund seines sich aus § 256a Abs. 4 SGB V ergebenden Regelungsauftrags unter dem Datum vom 4. September 2013 beschlossen hat. Um eine weitgehend einheitliche Anwendung durch die Krankenkassen sicherzustellen, ist der GKV-Spitzenverband im Zuge der Bekanntgabe der Einheitlichen Grundsätze mit Rundschreiben Nr. 2013/415 vom 17. September 2013 bereits auf ausgewählte Fragen und Aspekte zum Beitragserlass bzw. zur Beitragsermäßigung näher eingegangen. Zwischenzeitlich haben sich aus der Praxis weitere Fragen von grundsätzlicher Bedeutung ergeben. Diese betreffen die Leistungsinanspruchnahme als Ausschlusstatbestand für den Beitragserlass sowie die Definition des Nacherhebungszeitraums.

Darüber hinaus ist der Umgang mit Sachverhalten bei Fehlen einer Anzeige über das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unklar. Ist die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V wegen einer Inanspruchnahme von Leistungen nach den Regelungen des Anscheinsbeweises von Amts wegen durch die Krankenkasse ohne Mitwirkung des Versicherten begründet und durchgeführt worden, lässt sich der für die Begrenzung des Nacherhebungszeitraum maßgebende Tag der Anzeige der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nicht ohne Weiteres bestimmen. Auch die Einheitlichen Grundsätze sehen für den Umgang mit Sachverhalten bei Fehlen einer Anzeige über das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht keine ausdrücklichen Regelungen vor. Fraglich ist daher, ob in diesen Fällen generell eine den Beitragserlass ausschließende Leistungsinanspruchnahme im Sinne der Einheitlichen Grundsätze vorliegt (ohne dass überhaupt ein Nacherhebungszeitraum zu ermitteln ist) oder ob die Leistungsinanspruchnahme einer Anzeige der Versicherung quasi gleichzusetzen ist, sodass sich ein fiktiver Nacherhebungszeitraum bilden lässt, der regelmäßig mit Ablauf des Monats vor der Leistungsinanspruchnahme endet, und die in Anspruch genommenen Leistungen insofern einem Beitragserlass nicht entgegenstehen.

Ergebnis:

1. Leistungsinanspruchnahme als Ausschlusstatbestand für den Beitragserlass

Jegliche Leistungsinanspruchnahme im Nacherhebungszeitraum durch das Mitglied schließt den Beitragserlass aus. Dabei ist weder nach der Art der in Anspruch genommenen Leistungen zu differenzieren noch sind die Kosten der Leistung von Bedeutung. Auch eine Erstattung von in Anspruch genommenen (geringwertigen) Leistungen durch das Mitglied im Sinne eines "Rückkaufs" zwecks Beitragserlass kommt nicht in Betracht, da das Einräumen eines solchen Gestaltungsrechts auf einen mit den Einheitlichen Grundsätzen nicht in Einklang stehenden Günstigkeitsvergleich hinausliefe. Der Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Einreichung bzw. Nichteinreichung von Rechnungen zur Kostenerstattung - mit Wirkungen gegen bzw. für den Beitragserlass – bleibt unberührt. Gleiches gilt für die Beitragsermäßigung.

2. Definition des Nacherhebungszeitraums

Der Nacherhebungszeitraum im Sinne der Einheitlichen Grundsätze zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden ist grundsätzlich der Zei...

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