hier: Berücksichtigung von in anderen EU-Staaten geleisteten Zuzahlungen

Sachstand:

Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind. Bei der Ermittlung der Belastungsgrenze nach § 62 Abs. 1 SGB V werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt der mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners jeweils zusammengerechnet (§ 62 Abs. 2 Satz 1 SGB V).

Mit Rundschreiben 2010/200 hatte der GKV-Spitzenverband/DVKA Auslegungshinweise zu Artikel 5 VO (EG) 883/04 gegeben. Danach sind (am Beispiel der stationären Krankenhausbehandlung dargestellt) in anderen EU-Staaten geleistete zeitbezogene Zuzahlungen auf die Dauer der Zuzahlungspflicht z. B. nach § 39 Abs. 4 SGB V anzurechnen. Außerdem habe bei der Ermittlung der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V eine Anrechnung der in anderen EU-Staaten geleisteten (betraglichen) Zuzahlungen zu erfolgen. Demnach wären alle im Ausland geleisteten Zuzahlungen, die als Zuzahlung gelten, bei der Prüfung der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V anzurechnen, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe für die entsprechende Leistung auch in Deutschland eine Zuzahlung zu entrichten sei. Nicht anzurechnen seien dagegen Zahlungen wie Aufzahlungen, Eigenanteile oder Ausgaben für Leistungen, die nicht zum Leistungsumfang des jeweilig anderen Landes gehören.

Vor dem Hintergrund dieser Aussagen und des von Krankenkassen geäußerten Beratungsbedarfs war über die Auslegung der Vorschrift des Artikel 5 VO (EG) 883/04 zu beraten.

Im Wesentlichen wurden zwei mögliche Alternativen zur Auslegung der Vorschrift des Artikels 5 VO (EG) 883/04 diskutiert, die sich vorrangig in Bezug auf die Beantwortung folgender Fragen unterscheiden:

  • Welche Zuzahlungen sind zu berücksichtigen?

    • Ist es erforderlich, dass für diese Behandlung auch in Deutschland Zuzahlungen angefallen wären?
    • Ist die Höhe der zu berücksichtigenden Zuzahlung auf den Betrag begrenzt, der in Deutschland angefallen wäre?
  • Ist die ausländische Zuzahlung nur hinsichtlich der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, ob die Belastungsgrenze überschritten wurde oder sind ausländische Zuzahlungen ggf. auch zu erstatten?

Die erste Auslegungsalternative verfolgt den Ansatz einer strikten Gleichstellung der ausländischen Sachverhalte mit deutschen Sachverhalten. D. h. es könnten nur Zuzahlungen berücksichtigt werden, die auch in Deutschland angefallen wären. Eine Berücksichtigung ausländischer Zuzahlungen für Leistungen, die in Deutschland zuzahlungsfrei sind, würde demnach nicht erfolgen. Sofern eine ausländische Zuzahlung die nach den deutschen Rechtsvorschriften vorgesehene Zuzahlung übersteigt, müsste entsprechend eine Begrenzung auf die Zuzahlung in deutscher Höhe vorgenommen werden.

Bei der Berechnung der Belastungsgrenze bzw. Feststellung des Erstattungsbetrages nach § 62 SGB V würden nach dieser Variante die Zuzahlungen berücksichtigt werden, die den deutschen Zuzahlungen in Form und Höhe gleichzustellen sind. Im Ergebnis könnte ein Versicherter also allein aufgrund ausländischer Zuzahlungen eine Befreiung bzw. Erstattung nach § 62 SGB V erhalten.

Die zweite Auslegungsalternative sieht keine Beschränkung auf die Zuzahlungen vor, die mit deutschen Zuzahlungen gleichzusetzen sind. Hintergrund für diese Auslegung ist, dass der Versicherte mit den im Ausland geleisteten Zuzahlungen tatsächlich belastet wird.

In Bezug auf die Ermittlung der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V würden bei dieser Alternative ausländische Zuzahlungen nur bei der Berechnung der Belastungsgrenze, jedoch nicht bei einer möglichen Erstattung des über die Belastungsgrenze hinausgehenden Zuzahlungsbetrages Berücksichtigung finden. Eine Beachtung auch bei der Erstattung des über die Belastungsgrenze hinausgehenden Betrages erfolgt nicht, da dies einer ergänzenden Erstattung gleichkäme. Eine solche ergänzende Erstattung sieht Artikel 26 VO (EG) 987/09 jedoch nur vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

  • der deutsche Träger hat die Genehmigung zur geplanten Behandlung im Ausland erteilt (E 112) und
  • die angefallenen Kosten sind niedriger als die einer vergleichbaren Behandlung in Deutschland.

Dies würde bedeuten, dass es zwar zu einer Zuzahlungsbefreiung des Versicherten bei Überschreitung der Belastungsgrenze, jedoch nicht zur Erstattung nach § 62 SGB V für den die Belastungsgrenze überschreitenden Betrages kommen würde, wenn der Versicherte nur ausländische Zuzahlungen geleistet hat.

Besprechungsergebnis:

Die Besprechungsteilnehmer/-innen verständigen sich unter Würdigung der bisherigen EuGH-Rechtsprechung zu anderen GKV-relevanten Sachverhalten (derzeit liegt noch keine Rechtsprechung zu Artikel 5 VO (EG) 883/04 - Vorschrift ü...

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