Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Gesundheitsschaden. Kausalität. Verschlimmerung. Anlageleiden. Schmerzsymptomatik. Lendenwirbelsäule

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanerkennung einer nach dem Unfallereignis eingetretenen Beschwerdepersistenz im Bereich der Lendenwirbelsäule (chronisch rezidivierende Lumboischialgien) eines bereits anlagebedingt an der Wirbelsäule erkrankten Versicherten, als Folge eines Arbeitsunfalles im Sinne der Verschlimmerung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.02.2008; Aktenzeichen B 2 U 10/07 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.09.2002 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 25.05.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.11.1998 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente.

Der 1952 geborene Kläger wollte anlässlich eines Büroumzugs am 12.04.1996 Leitzordner aus einem 1,83 m hohen Ordnerschrank entnehmen. Dabei kippte der Einlageboden vom Auflagebolzen und der Kläger versuchte circa 20 schwere Leitzordner aufzufangen. Er konnte sie wegen ihres Gewichts nicht halten, sackte zusammen und musste wegen schwerer Schmerzen die Arbeit einstellen. Seitdem leidet der Kläger an Wirbelsäulenbeschwerden. Er befand sich vom 09.05.1996 bis 29.05.1996 im Dr. O.-Krankenhaus (L.) wegen einer Schmerzsymptomatik bei fraglichem Nervenwurzelkompressionssyndrom L5 links, anschließend vom 30.05.1996 bis 27.06.1996 stationär in der A.klinik wegen eines Lumbalsyndroms bei Bandscheibenprotrusion L5/S1 mit fraglicher Nervenwurzelkompression L5 links und danach bis 29.07.1996 in ambulanter Rehabilitationsbehandlung. Er war bis 09.09.1996 arbeitsunfähig.

Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte bei: Auskunft der Techniker Krankenkasse vom 26.08.1996 (11.01.1994 bis 08.02.1994 Arbeitsunfähigkeit wegen chronischen Lumbalsyndroms), der AOK Allgäu Oberschwaben vom 12.02.1997, des LAA Baden-Württemberg vom 07.09.1992, Attest Dr. R. vom 29.09.1996, Computertomographieberichte Dr. K. vom 11.06.1993 und 19.04.1996, MRT-Bericht Dr. K. vom 29.11.1996, Entlassungsbericht der A.klinik vom 15.07.1996 (Umschulung vom Kfz-Mechaniker zum Technischen Zeichner 1974 aufgrund LWS-Beschwerden). Sie holte ein Gutachten des Prof. Dr. W.P. (Orthopädische Abteilung des Rehabilitationskrankenhauses U.) vom 23.05.1997 ein. Dieser führte aus, beim Kläger habe vor dem Unfall eine Gleitwirbelbildung im Sinne einer Retrolisthese L2/L3 und Anterolisthese L5/S1 bei Spondylose L5 bestanden, die mit großer Wahrscheinlichkeit zu Lumbalgien ohne Schmerzausstrahlung in die Beine geführt habe. Der Unfall habe eine vorgeschädigte Wirbelsäule getroffen. Da der Kläger jetzt über chronisch rezidivierende Lumboischialgien klage mit Hypästhesie im Bereich des Dermatom S1 sei eine Dekompensation mit deutlicher Progredienz der Beschwerdesymptomatik eingetreten. Es liege eine richtunggebende Verschlimmerung vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 30 v.H.

Mit Bescheid vom 25.05.1998 lehnte die Beklagte es ab, das Ereignis vom 12.04.1996 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die Kosten der Heilbehandlung zu übernehmen. Durch das angeschuldigte Ereignis sei beim Kläger im Bereich der Wirbelsäule kein Schaden entstanden oder verschlimmert worden. Wesentliche Ursache für die bestehende Bandscheibenprotrusion LWK 5/SW 1 mit Irritation der Nervenwurzel L5 links seien anlagebedingte bereits vorbestehende degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.1998 zurück.

Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, das Ereignis vom 12.04.1996 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm hieraus Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und insbesondere eine Verletztenrente zu gewähren. Das SG hat die einschlägigen CT-Berichte und einen Befundbericht des Dr. R. vom 27.02.1999 eingeholt, die Akten des Versorgungsamtes A. beigezogen (GdB 40 laut Bescheid vom 18.05.1999) und den Zeugen W. H. - Arbeitskollege des Klägers - am 06.04.1999 schriftlich gehört. Es hat Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. B. (A.klinik) vom 13.06.2000/14.12.2000 und gemäß § 106 SGG von Dr. F. (H.klinik A.) vom 17.09.2001/04.02.2002 eingeholt. Dr. B. hat ausgeführt, der Unfall habe zwar eine degenerativ vorgeschädigte, aber im Wesentlichen symptomarme Wirbelsäule getroffen. Eine erhebliche Kraft habe auf eine nach vorne gebeugte Wirbelsäule eingewirkt, wodurch der Inhalt des Bandscheibenraums mit großer Kraft rückwärts gedrückt worden sei. Es hätten sich sofort für einen Bandscheibenvorfall typische Symptome gebildet und die belastende körperliche Tätigkeit wurde eingestellt. Wieweit wirbelsäulenstabilisierende Bänder mitgeschädigt worden seien, könne nach den vorliegenden CT-Befunden nicht gesagt ...

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