Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 16. März 2006 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Bescheides vom 18. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2005 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Oktober 2005 die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat den Klägern die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob den Klägern für die Zeit vom 01.07. bis 31.10.2005 Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe sowie für die Zeit vom 01.05. bis 31.10.2005 höhere Regelleistungen zustehen.

Die Kläger bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum zusammen mit ihrem volljährigen Sohn eine ca. 140 qm große Wohnung mit einem Wohnflächenanteil von 90 qm (4 Zimmer, Küche, Bad) zu einem monatlichen Mietzins von 710,60 EUR, Heizkosten ohne Warmwasseranteil 88,83 EUR, Nebenkosten (Müll, Wasser) 46,75 EUR. Mit Bescheid vom 15.11.2004 bewilligte die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.01. bis 30.04.2005 Arbeitslosengeld II (Alg II). Die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden dabei in tatsächlicher Höhe zu 2/3 (ohne Anteil des mit in Haushaltsgemeinschaft lebenden volljährigen Sohnes) bewilligt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der von den Klägern bewohnte Wohnraum als nicht angemessen eingestuft werde und die tatsächlichen Mietkosten nur für die Dauer von sechs Monaten übernommen werden könnten.

Mit Bescheid vom 18.04.2005 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 01.05. bis 30.06.2005 weiterhin die bisher anerkannten, tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 281,90 EUR. Für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.10. 2005 wurden die Unterkunftskosten nur anteilig in Höhe von monatlich 157,79 EUR bzw. 157,77 EUR berücksichtigt.

Mit ihrem Widerspruch vom 11.05.2005 machten die Kläger die Weiterzahlung der bisherigen Unterkunftskosten ab dem 01.07. 2005 geltend. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2005 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, im Landkreis Tirschenreuth seien für einen Drei-Personen-Haushalt Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 385,00 EUR angemessen, durch diesen Betrag seien auch die Betriebskosten bzw. die Nebenkosten abgedeckt. Da die Haushaltsgemeinschaft aus drei Personen bestehe, die Bedarfsgemeinschaft aber nur zwei Personen umfasse, bestehe ein Anspruch nur in diesem Verhältnis, also in Höhe von 256,67 EUR monatlich (385,00 : 3 x 2). Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass sie sich intensiv bemüht hätten, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, so dass von der Angemessenheitsgrenze nicht abgewichen werden könne.

Mit ihrer am 12.09.2005 (Montag) zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage machten die Kläger geltend, ihnen stünden höhere Regelleistungen zu; denn die Höhe der Regelleistung sei verfassungswidrig, weil sie nicht das Existenzminimum decke und der Gesetzgeber auf keine bzw. keine aktuellen Erfahrungswerte über das Existenzminimum zurückgegriffen habe. Sie beantragten die Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. M. zur Höhe des Existenzminimums in der Bundesrepublik Deutschland. Die Weiterzahlung der ungekürzten Unterkunftskosten begründeten sie im Wesentlichen damit, dass die gesetzliche Regelung über die Leistung der Kosten für Unterkunft und Heizung ebenfalls verfassungswidrig sei, da sie in ihrem Persönlichkeitsrecht und in ihrer Menschenwürde verletzt seien. Zudem habe der Gesetzgeber eine Unterscheidung in Haushalts- und Bedarfsgemeinschaft ausweislich des Wortlauts des § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht vorgenommen. Zugleich machten sie geltend, dass die Regelung des Landkreises Tirschenreuth rechtswidrig sei, da es zu den dort festgelegten Sätzen der Angemessenheit keinen Wohnraum mit entsprechender Infrastruktur (Bedarf des täglichen Lebens ohne PKW erreichbar) im Landkreis gebe. Sie seien auf eine entsprechende Lage der Wohnung angewiesen, da sie kein Auto besitzen würden und entsprechende Kosten bei der Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs aus der Regelleistung nicht bezahlen könnten.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.03.2006 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf höhere Regelleistungen. Der Gesetzgeber habe einen weiten Gestaltungsspielraum, dessen Willensbildung könne die Rechtsprechung nicht durch eigene Erwägungen ersetzen. Auch die Absenkung der Unterkunftskosten sei rechtmäßig.

Die Kläger haben gegen den ihnen am 23.03.2006 zugestellten Gerichtsbescheid am 24.04.2006 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen ihren bisherigen Sachvortrag. Das SGB II sei verfassungswidrig. Sie beantragen wiederum, von Dr. M. ein Sachverständigeng...

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