Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsgeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung: Stufenweise Wiedereingliederung bei Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

I. Eine stufenweise Wiedereingliederung im Sinne des § 28 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (ab 1.1.2018 § 44 SGB IX nF) kommt zu Lasten der Rentenversicherung nicht nur in Frage, falls die stufenweise Wiedereingliederung an die bisher vertraglich vereinbarte Arbeitszeit (hier: 8 Stunden) heranreicht. Auch die Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit ist eine Eingliederung in das Erwerbsleben, die einen entsprechenden Anspruch auf Übergangsgeld gem. § 51 Abs. 5 SGB IX aF (seit 01.01.2018 § 71 Abs. 5 SGB IX) auslöst.

II. Nach dem Grundsatz der einheitlichen Bemessungsgrundlage ist bei der Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes während einer stufenweisen Wiedereingliederung nicht zu berücksichtigen, dass die Klägerin beabsichtigt hat, künftig - nach durchgeführter Wiedereingliederung - nur noch in einem Teilzeitarbeitsverhältnis tätig sein zu wollen.

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Dezember 2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 Übergangsgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zahlt.

II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Zahlung von Übergangsgeld während einer im Zeitraum vom 01.08.2013 bis 31.10.2013 durchgeführten stufenweisen Wiedereingliederung.

Die 1970 geborene Klägerin erlitt 28.11.2011 eine Radiusfraktur links, die konservativ behandelt wurde. Die anschließende Arbeitsunfähigkeitszeit erstreckte sich vom 28.11.2011 bis 03.02.2012. Seit dem 13.02.2012 bestand erneut durchgängig Arbeitsunfähigkeit. Nach Überschreiten der Höchstbezugsdauer, wurde die Klägerin vom Krankengeld ausgesteuert.

Vom 17.06.2013 bis zum 22.07.2013 besuchte die Klägerin in der Fachklinik Sankt L. in Bad G. eine von der Beklagten mit Bescheid vom 27.05.2013 bewilligte und finanzierte Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation. Während dieser stationären Rehabilitation zahlte die Beklagte der Klägerin Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 41,31 Euro. Die Berechnung erfolgte nach Auskunft der Beklagten mit Schreiben vom 02.02.2018 gegenüber dem Senat auf Grundlage des Einkommens, das die Klägerin aus ihrer früheren Vollzeittätigkeit erlangt hat.

Im ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik Sankt L. in Bad G. vom 24.07.2013 wurde ein Morbus Sudeck am linken Unterarm, ein Cervicalsyndrom sowie ein psychosomatisches Schmerzsyndrom diagnostiziert. Die zuvor als Sekretärin vollschichtig (acht Stunden täglich) tätige Klägerin könne nach dem Entlassungsbericht nicht mehr lange sitzen und benötige daher viele Pausen. Aufgrund des Sudeck seien auch die Schreibfähigkeit und die allgemeine Belastbarkeit eingeschränkt.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 18.07.2013 über den Sozialdienst der Klinik Sankt L. eine stufenweise Wiedereingliederung. Der Facharzt für Orthopädie Dr. R. bescheinigte auf dem Vordruck Rentenversicherung "Stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (Stufenplan)" Folgendes:

"Durch eine stufenweise Wiedereingliederung kann die Versicherte/der Versicherte die bisherige Arbeit wieder aufnehmen. Nach meiner ärztlichen Beurteilung und in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt/Betriebsarzt empfehle ich mit Einverständnis der Obengenannten/des Obengenannten und nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber folgenden Ablauf für die stufenweise Wiederaufnahme der bisherigen beruflichen Tätigkeit.

1.8

30.8

2 Stunden täglich

Sekretariatstätigkeiten

2.9

30.9

3 Stunden täglich

"

Ab 1.10

4 Stunden täglich

"

"

In dem Antrag bzw. Stufenplan ist vermerkt, dass die Klägerin nach Absprache mit ihrem Arbeitgeber, der Universität in A-Stadt, nach der stufenweisen Widereingliederung in das Erwerbsleben nur noch 4 Stunden arbeiten werde. Ein entsprechender Arbeitsversuch wurde von der Arbeitgeberin der Klägerin, der Universität in A-Stadt, mit Schreiben vom 23.07.2013 und 15.10.2013 genehmigt. Mit Wirkung vom 01.11.2013 wurde die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung der Klägerin auf 4 Stunden täglich reduziert (Änderung des Arbeitsvertrags vom 23.10.2013). Mit Schreiben der Universität in A-Stadt vom 29.07.2013, vom 08.08.2013 und vom 15.10.2013 wurde die bis zum 31.10.2013 verlängerte Durchführung der Wiedereingliederung bestätigt. In der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2018 erklärte die Klägerin, dass sie entgegen des Änderungsvertrages vom 25.02.2014 auch über den September 2014 hinaus nur zur Hälfte der Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten tätig war.

Mit Bescheid vom 24.07.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die von der Klinik in Bad G. eingeleitete stufenweise Wiedereinglied...

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