Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Anforderungen an die Gewährung von Einstiegsgeld für eine Unternehmensgründung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine selbständige Tätigkeit kann mit Einstiegsgeld nach § 16b SGB II gefördert werden, wenn prognostisch zu erwarten ist, dass durch die Tätigkeit Einkommen erzielt wird, dass die Hilfebedürftigkeit nach SGB II überwunden wird.

Die Hilfebedürftigkeit wird überwunden, wenn zumindest der Regelbedarf, die Kosten der Wohnung sowie eine Kranken und Pflegeversicherung finanziert werden können.

Bei einer Förderung der Beschaffung von Sachgütern für eine selbständige Tätigkeit nach § 16c Abs. 1 und 3 SGB II ist zu unterscheiden: Die wirtschaftliche Tragfähigkeit besteht bereits dann, wenn der zu erwartende Gewinn die Betriebsausgaben deckt. Die Hilfebedürftigkeit wird aber erst überwunden oder vermindert, wenn darüber hinaus Gewinne erzielt werden, die den Lebensbedarf oder einen wesentlichen Teil davon abdecken.

Ob der Staat eine selbständige Tätigkeit auf astrologischer Basis überhaupt mit Steuermitteln fördern darf oder eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, konnte hier offen blieben.

 

Orientierungssatz

Durch ein Einstiegsgeld für Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende können Ausgaben für ein Arbeitszimmer und einen allgemeinen finanziellen Handlungsspielraum schon deshalb nicht als Sachmittel bezuschusst werden, da es sich insoweit nicht um Sachgüter eines Unternehmens handelt.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen astrologischen Tätigkeit.

Die im Mai 1951 geborene Klägerin erhält seit April 2013 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. Sie verfügt über eine Berufsausbildung zur MTA und war von 1987 bis 1994 mit einem Naturkost-Fachgeschäft selbständig erwerbstätig. Die Klägerin verfügte Ende 2012 über einen auszahlbaren Bausparvertrag mit 13.000,- Euro Guthaben, nach Teilauszahlung im Februar 2013 beim Erstantrag mit noch 8.900,- Euro Guthaben. Eine Woche nach dem Erstantrag kaufte sie für ca. 1.000,- Euro einen Computer und einen Drucker.

Am 19.04.2013 wurde von den Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung, gültig bis 18.10.2013, unterzeichnet, wonach die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit angestrebt werde. Der Beklagte erbringe hierfür Information, Beratung und Förderung nach den Richtlinien des SGB II, insbesondere ein Beratungsgespräch beim Team Selbständigkeit zur Förderung einer Existenzgründung.

Es kam in der Folge im Mai und Juni 2013 zu mehren Besprechungen der Klägerin mit einem Mitarbeiter des Beklagten aus der Arbeitsvermittlung. Dort legte die Klägerin einen Businessplan vom 05.06.2013 für das Gründungsvorhaben "Freiberufliche Tätigkeit auf astrologischer/astronomischer Basis, Beratungspraxis, Schulung, Vorträge, astrologische Forschung, Autorentätigkeit" vor. Es bestehe ein Kapitalbedarf von ca. 4.000,- Euro für Werbung, Büroausstattung, ein Astrologie-Programm und eine Digital-Kamera.

Als Qualifikation verfüge sie über eine Ausbildung in psychologischer Astrologie (1994 bis 1998), Kenntnisse und Erfahrungen in systemischer Familientherapie, ein langjähriges autodidaktisches Studium der Astrologie, Teilnahme an einem Crash-Kurs für Heilpraktiker und Kennnisse sowie Erfahrungen in alternativen Heilmethoden. Sie habe ein Buchmanuskript erstellt "Zwiespalt oder Zusammenarbeit, eine Verbindung von Astro-Logik" mit Entdeckung und Darstellung eines zeitlosen und universellen Erkenntnisweges am Beispiel eines archetypischen Paares sowie ein weiteres Buchmanuskript "Ein Zufall zuviel" als Biographiearbeit zur Lösung des eigenen Falles. Als Geschäftsidee wurde angeführt: Anlaufstelle für unerklärliche Erlebnisse/Ereignisse, Biographiearbeit, Beratungstätigkeit anhand des Horoskops, Vortragstätigkeit zur Vermittlung von astrologischen Lebenszyklen, Analysemethoden, Vermitteln von kosmischer Ordnung, Autorentätigkeit mit eventuellem Umschreiben der beiden Buchmanuskripte als allgemeinverständliches Buch für den Normalverbraucher und Vortragstätigkeit über das Denken in Urprinzipien. Dem Businessplan ist auch zu entnehmen, dass die Klägerin im Jahr 2008 einen Vortrag bei der Volkshochschule durchführte und Verlage die beiden Buchmanuskripte abgelehnt hatten.

Der Mitarbeiter des Beklagten erklärte der Klägerin daraufhin, dass sie die Existenzgründung weiter betreiben könne, aber hierfür keine Mittel für Anschaffungen und keinen Existenzgründungszuschuss erhalten könne. Die Klägerin wandte sich dann mit Schreiben vom 17.08.2013 an den Geschäftsführer des Beklagten und beantragte "ein Arbeitszimmer" und "einen gewissen finanzi...

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