Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. Leistungsausschluss. Ruhen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Anrechung des Hinzuverdienstes

 

Orientierungssatz

Das Beziehen einer Rente iS von § 50 Abs 1 SGB 5 setzt nicht notwendigerweise auch deren Auszahlung voraus. Der Anspruch auf Krankengeld ist daher nach § 50 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 5 auch dann ausgeschlossen, wenn die Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund der Anrechnung des Hinzuverdienstes ruht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.09.2010; Aktenzeichen B 1 KR 31/09 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Zeitraum vom 01.09.2005 bis zum 31.12.2005 Anspruch auf Krankengeldzahlungen durch die Beklagte hat.

Der 1952 geborene Kläger war seit 1992 als Bezirkskaminkehrermeister selbständig tätig und bei der Beklagten freiwillig versichert. In der gesetzlichen Rentenversicherung bestand eine Pflichtversicherung nach § 2 Satz 1 Ziffer 8 SGB VI. Über die Satzung der Beklagten hatte der Kläger einen Anspruch auf Krankengeld ab Beginn des 29. Tages der Arbeitsunfähigkeit (§ 10 der Kassensatzung -Krankengeld- i.d. im Februar 2005 geltenden Fassung). Ab dem 24.02.2005 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt, so dass die Beklagte nach Ablauf der Karenzfrist ab dem 24.03.2005 Krankengeld zahlte. Wegen seines Gesundheitszustandes stellte der Kläger am 15.04.2005 bei der zuständigen Landesversicherungsanstalt (LVA) Unterfranken einen Antrag auf Versichertenrente und beantragte am 20.04.2005 bei seinem Dienstherrn die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand.

Die LVA Unterfranken gewährte zwar mit Rentenbescheid vom 30.08.2005 dem Kläger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, teilte aber gleichzeitig mit, dass die Rente ab dem 01.09.2005 (Rentenbeginn) nicht zur Auszahlung gelange. Auch der Beklagten gab die LVA die Rentengewährung mit Schreiben vom 30.08.2005 (Eingang 05.09.2005) bekannt. Aus der Rentenberechnung der LVA folgt, dass die monatliche Rente in Höhe von 1.035,87 Euro nicht gezahlt werden konnte, weil der zulässige Hinzuverdienst des Klägers den in § 96 a SGB VI angegebenen Wert überschritten.

Mit Schreiben vom 14.10.2005 teilte die beklagte Krankenkasse dem Kläger mit, dass die Krankengeldzahlung mit dem 31.08.2005 eingestellt werde, da er ab diesem Zeitpunkt eine Rente erhalte. Hierauf gab der Kläger am 25.10.2005 an, dass seine selbständige Tätigkeit als Kaminkehrer noch fort bestehe und er daher keine Rente erhalte. Eine entsprechende Gewerbeabmeldung werde er der Beklagten zukommen lassen. Die Beklagte bestätigte mit Bescheid vom 08.11.2005 die Einstellung des Krankengeldes zum 01.09.2005.

Der Widerspruch des Klägers vom 17.11.2005 wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Anspruch auf Krankengeld für Versicherte, die Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen, vom Beginn dieser Leistung an ende (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Ansprüche auf Sozialleistungen seien mit ihrem Entstehen fällig, also sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen (§ 40 Abs. 1 i.V.m. § 41 SGB I).

Am 25.04.2006 erhob der Kläger Klage und ließ dazu vortragen, er sei am 01.01.2006 in den Ruhestand versetzt worden sei. Erst ab diesem Zeitpunkt habe er Leistungen der Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung bezogen. Die Versagung des Krankengeldanspruchs im Zeitraum 01.09.2005 bis 31.12.2005 sei unrechtmäßig, da im Rahmen des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf den Zeitpunkt abzustellen sei, von dem ab die Leistung inhaltlich umfänglich bewilligt werde und vom Versicherten auch beansprucht werden könne. Im Fall des Ruhens der Rentenleistung sei nicht von einem Beginn auszugehen. Auch liege beim Kläger kein Doppelbezug von zweckgleichen Leistungen vor. Im Übrigen hätten sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene den Kläger darauf hinweisen müssen, dass er durch Rücknahme seines Rentenantrags (und spätere Neustellung) eine Auszahlung des Krankengeldes hätte erreichen können. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches seien daher gegeben.

Mit Urteil vom 15.01.2008 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe sich zutreffend darauf berufen, dass beim Kläger ab dem 01.09.2005 der Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung und ein entsprechender Leistungsbeginn gegeben waren. Die Tatsache, dass wegen des Hinzuverdienstes eine Anrechnung erfolgt sei und die Rentenhöhe einen Zahlbetrag von 0 Euro aufwiesen habe, hindere die Anwendung dieser Vorschrift nicht. Auch seien die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht gegeben. Ein Beratungsfehler sei nicht ersichtlich, da eine Beratung des Klägers zur Rentenantragstellung in den Akt...

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