Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilferecht: Voraussetzung der Zuerkennung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Ermittlung bei Streit um das Bestehen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs

2. Zur prozessualen Behandlung der isolierten Ablehnung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs

 

Orientierungssatz

Kann trotz einer Gesundheitsstörung eine gesunden Vollkost eingehalten werden, ohne dass sich daraus ein gesundheitlicher Nachteil ergibt, kommt die Zuerkennung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung im Rahmen der Sozialhilfeleistung nicht in Betracht.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung (§ 30 Abs. 5 SGB XII) zusteht.

Der 1960 geborene Kläger bezieht seit 01.03.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Diese wurde mit Bescheid vom 05.08.2013 bis 31.12.2015 bewilligt.

Seit 01.09.2008 bezieht der Kläger ergänzende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII. Dabei wurde zunächst für den Bewilligungszeitraum 01.09.2008 bis 30.04.2009 ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von monatlich 38,-- Euro als Bedarf berücksichtigt (Bescheide vom 05.08.2008 und vom 29.09.2008).

Mit Bescheid vom 17.04.2009 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum 01.05.2009 bis 30.04.2010 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von monatlich 703,59 Euro. Mit weiterem Bescheid vom 17.04.2009 lehnte die Beklagte die Weitergewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung ab 01.05.2010 (gemeint: 2009) ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die diagnostizierte Erkrankung, nämlich Hyperlipidämie, ergebe nach den aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Anhaltspunkte für einen Mehrbedarf.

Mit zwei Schreiben vom 28.04.2009 und vom 07.05.2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen "die Bescheide vom 17.04.2009". Mit einem Widerspruchsbescheid vom 11.01.2010 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch zurück. Die Beklagte habe zu Recht Warmwasserkosten in Höhe von monatlich 15,76 Euro von den berücksichtigungsfähigen Heizkosten abgezogen. Ein ernährungsbedingter Mehrbedarf bestehe nicht; dies ergebe sich aus den Empfehlungen des Deutschen Vereins.

Am 25.01.2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Er hat zunächst beantragt, beide Bescheide vom 17.04.2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 11.01.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm den Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII weiter zu gewähren. Außerdem sei die Beklagte zu verurteilen, die rückständige Leistung des Mehrbedarfszuschlags in Höhe von 342,-- Euro zu erbringen.

Das Gericht hat einen Befundbericht von Dr. B. eingeholt. Diese hat eine cholesterinarme Ernährung als geboten erachtet. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Befundberichts Bezug genommen.

Am 18.03.2010 ist beim SG ein Schreiben des Klägers eingegangen, in dem er ausführt, er lege Widerspruch gegen den zwischenzeitlich ergangenen Bescheid vom 08.03.2010 ein. Mit diesem Bescheid war die Bewilligung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs - ohne Angabe eines Zeitraums oder Zeitpunkts - nochmals abgelehnt worden. Weiter hat der Kläger ausdrücklich beantragt, den Bescheid vom 08.03.2010 in die Klage einzubeziehen.

Die Beklagte hat sich zu einer Klageänderung nicht ausdrücklich geäußert; sie hat allerdings mitgeteilt, dass der Kläger am 15.02.2010 einen nochmaligen ausdrücklichen Antrag gestellt habe und dass dieser mit Bescheid vom 08.03.2010 abgelehnt worden sei. Sie hat außerdem auf die BSG-Rechtsprechung (Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R, Rn. 8; Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 59/06 R, Rn. 13) verwiesen, nach der eine erneute Antragstellung den streitgegenständlichen Zeitraum begrenze.

Am 02.08.2011 hat die Beklagte selbst (Referat für Gesundheit und Umwelt) ein ärztliches Gutachten erstellt. In diesem wird ausgeführt, zur Behandlung der vorliegenden Erkrankungen seien teilweise spezielle Ernährungsformen/Diäten einzuhalten, jedoch könne die erforderliche Kost aus dem Lebensmittelangebot des täglichen Bedarfs zusammengestellt werden. Mehrkosten entständen dadurch nicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe ab 01.05.2009 kein Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung zu. Das SG hat sich dabei auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins und auf das von der Beklagten erstellte Gutachten berufen.

Am 19.07.2012 hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe 2012 gegen mehrere Bescheide Widerspruch eingelegt. Der Mehrbedarf betrage monatlich 147,-- Euro.

Der Senat hat den Kläger aufgefordert, den geltend gemachten Mehrbedarf zu beziffern und mitzuteilen, ob und ggf. wie e...

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