Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unanfechtbarkeit der Berufungsrücknahme als Prozesshandlung. Widerruf bei Vorliegen von Restitutionsgründen

 

Leitsatz (amtlich)

Anfechtung der Berufungsrücknahme.

 

Orientierungssatz

Sofern Restitutionsgründe gem § 580 ZPO vorliegen, kommt ein Widerruf der Berufungsrücknahme in Betracht.

 

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Berufungsrücknahme des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2006 beendet wurde.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Fortsetzung des durch Rücknahme der Berufung am 16.12.2006 abgeschlossenen Verfahrens. Streitgegenstand dieses Verfahrens war die Gewährung eines Zuschusses für den Einbau eines hydraulischen Hubtisches in die Garage des Klägers als Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung.

Die Beklagte gewährt dem 1930 geborenen Kläger Leistungen nach der Pflegestufe III. Der Kläger erlitt 1951 einen Stromunfall, der Gebrauchsunfähigkeit der rechten Hand, Oberarmamputation links und beidseitige Blindheit zur Folge hatte. 1999 erlitt der Kläger eine Hirnblutung. Davon war eine Halbseitenlähmung links mit Spastik des linken Beins zurückgeblieben. Wegen des Unfalls bezieht der Kläger Rente der Berufsgenossenschaft nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 v. H.

Die Beklagte hatte dem Kläger bereits im Februar 2000 eine Teleskoprampe genehmigt. Im Dezember 2003 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für den Einbau eines Flachscherenhubtisches. Diesen benötige er, um wetterunabhängig mit seinem Rollstuhl von der Garage in die Wohnung und umgekehrt gelangen zu können. Hierbei seien zwei Stufen in der Garage zu überwinden. Nach dem Kostenvoranschlag der Herstellerfirma beliefen sich die Kosten auf 2.973,08 Euro.

Mit Bescheid vom 19.04.2004 lehnte die Beklagte die Bezuschussung dieser Maßnahme ab, weil nach Ansicht ihres Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Bayern die Hebevorrichtung nicht der Pflege diene, sondern der Aufrechterhaltung privater Außenkontakte. Mit Bescheid vom 10.01.2005 sagte die Beklagte einen Zuschuss in Höhe von 2.557,00 Euro für einen im Februar 2003 beantragten Wohnumfeld verbessernden Badumbau zu.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2005 zurück. Eine Verbesserung der Pflegesituation oder eine Reduzierung des Hilfebedarfs bei der Grundpflege werde durch die beantragte Maßnahme nicht erreicht. Im Übrigen habe sie den Badumbau bereits bezuschusst. Eine darüber hinausgehende Kostenbeteiligung komme nicht in Betracht, weil es sich rechtlich um eine einheitliche Wohnumfeldverbesserung handle.

Im dagegen gerichteten Klageverfahren bestätigte der gerichtliche Sachverständige Dr. H. die Auffassung des MDK. Mit Gerichtsbescheid vom 23.03.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es bezog sich auf das Gutachten des Dr. H..

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Kläger vor, die ihm von der Gesundheitskasse angebotene Teleskoprampe habe sich als völlig ungeeignet erwiesen. Seit fast drei Jahren benütze er problemlos den hydraulischen Hubtisch. Die Beklagte wandte dagegen ein, die Hebebühne stelle kein Pflegehilfsmittel dar, da sie fest einzubauen sei, was die Herstellerfirma bestätigt habe.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.12.2006 nahm der Kläger nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage die Berufung zurück. In der Sitzungsniederschrift ist festgehalten, dass die Erklärung dem Kläger vorgelesen und von ihm genehmigt wurde. In der mündlichen Verhandlung wurde zudem darauf hingewiesen, dass das Gerät nach der Betriebsanleitung der Herstellerfirma fest mit dem Boden verankert werden müsse und darüber hinaus nicht für das Betreten der Plattform, also den Personentransport, zugelassen sei. Dem Kläger wurde empfohlen, sich mit der Beklagten und evtl. mit der Krankenversicherung in Verbindung zu setzen, um eine adäquate Problemlösung zu finden. Die Bevollmächtigte der Beklagten sicherte zu, der Krankenkasse nahezulegen, das Verfahren beschleunigt durchzuführen.

Mit Schreiben vom 06.08.2008 wandte sich der Kläger an den Senat und beantragte die Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Beklagte hätte in der Sitzung vom 13.12.2006 versprochen, dafür zu sorgen, dass ihm binnen kürzester Frist ein geeignetes Hilfsmittel zur Verfügung gestellt würde. Unter dieser Voraussetzung und auf Anraten des Gerichts habe er seine Klage unter Vorbehalt zurückgenommen. Die Beklagte habe ihr Versprechen bis heute nicht gehalten. Er wolle das Verfahren vor dem Senat fortsetzen.

Die Beklagte erklärte, die Prüfung durch die Krankenkasse habe sich bedauerlicherweise verzögert. Ein Hilfsmittelberater habe den Kläger besucht und die Ausstattung mit zwei mobilen Rampen vorgeschlagen. Der Kläger habe jedoch auf Ausstattung mit einem Scherenhubtisch bestanden. Hierfür sei ihm ein Betrag von 700,00 Euro zur freien Verfügung angeboten worden. In dieser Höhe h...

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