Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung. laserinduzierte Thermotherapie. lebensbedrohliche Erkrankung. Neue Behandlungsmethode. Bundesausschuss. Tumor

 

Orientierungssatz

Eine Krankenkasse hat die Kosten der ambulante Behandlung mit der laserinduzierten Thermotherapie (LITT) bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung (hier: hepatozelluläres Karzinom der Leber) unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 zu erstatten.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 2; SGB V § 2 Abs. 1 S. 3, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 3, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, § 135 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.11.2006; Aktenzeichen B 1 KR 24/06 R)

 

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 10. Oktober 2002 und der Bescheide der Beklagten vom 3. Mai 2001 und 7. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2001 verurteilt, der Klägerin die Kosten der Behandlung mit der laserinduzierten Thermotherapie (LITT) in Höhe von 5.604,57 Euro zu erstatten.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Kostenerstattung für die Behandlung mit der laserinduzierten Thermotherapie (LITT) in Höhe von 5.604,57 Euro.

Die 1939 geborene und bei der Beklagten als Rentnerin versicherte Klägerin litt nach dem Befundbericht des praktischen Arztes P. vom 23.08.2001 unter anderem an einem hepatozellulären Karzinom.

Sie beantragte am 30.04.2001 bei der Beklagten unter Vorlage eines Berichts des Universitätsklinikums F. (Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Direktor Prof. Dr. V.) vom 27.04.2001 die Kostenübernahme für die Durchführung einer ambulanten laserinduzierten Thermotherapie (LITT) von Lebermetastasen; es handle sich hierbei um eine noch nicht in die allgemeine, vertragsärztliche Versorgung aufgenommene Behandlungsmethode, deren Kosten durch die Krankenkasse nur im Rahmen einer Einzelfallentscheidung gegebenenfalls unter Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) übernommen werden können. Die komplette LITT-Behandlung beinhalte die CT-gesteuerte Punktion, die MRT-gesteuerte LITT sowie eine MRT-Nachkontrolle 24 bis 48 Stunden nach dem Eingriff. Je nach Größe und Zahl der Metastasen sei die Einlage von 1 bis 4 Laserapplikatoren notwendig. Die voraussichtlichen Gesamtbehandlungskosten wurden mit 12.667,48 DM angegeben. Beigefügt war eine Liste der Krankenkassen, die derartige Behandlungskosten bereits übernommen hatten.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 03.05.2001 und mit dem weiteren Bescheid vom 07.05.2001 die Kostenübernahme ab. Qualität und Wirksamkeit neuer Behandlungsverfahren hätten nach dem Willen des Gesetzgebers dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse zu entsprechen. Dies schließe neue Verfahren aus, die nicht ausreichend erprobt seien. Nach den vorliegenden Erkenntnissen und ärztlichen Aussagen seien diese Voraussetzungen für die beantragte Methode nicht erfüllt.

Die Klägerin machte mit den Widerspruch vom 10.05.2001 geltend, nach der Chemotherapie sei die laserinduzierte Thermotherapie indiziert; sie werde seit 1992 erfolgreich angewandt und gehöre somit in den Bereich einer normalen Behandlungsmethode.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2001 den Widerspruch zurück. Eine Kostenübernahme für eine neue Behandlungsmethode komme nur infrage, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für diese Behandlungsmethode eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens abgegeben habe. Bezüglich der LITT liege keine Entscheidung des Bundesausschusses vor. Unerheblich sei, dass andere Krankenkassen bzw. die Beklagte in anderen Fällen die Kosten der Therapie nach der Behandlungsmethode übernommen habe.

Die Klägerin hat hiergegen am 09.07.2001 beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben. Den beigefügten ärztlichen Bescheinigungen von Prof. Dr. S. und Dr. B. vom 02.07.2001 beziehungsweise 03.07.2001 sei zu entnehmen, dass alle bisherigen etablierten therapeutischen Methoden beim hepatozellulären Karzinom eine nur sehr begrenzte Wirksamkeit zeigten und der Befund inoperabel gewesen sei. Es sei besser, wenn der Tumor durch eine direkte, lokale Einwirkung zerstört werden könne. Eine derartige Therapie sei bei der Klägerin durchgeführt worden. Hierbei handle es sich nicht um ein Außenseiterverfahren, sondern um unter besten wissenschaftlichen Voraussetzungen durchgeführte kurative Medizin.

Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (Arbeitsausschuss ärztliche Behandlung) hat in der Auskunft vom 08.03.2001 mitgeteilt, es sei bisher noch kein Antrag gestellt worden, diese Behandlungsmethode einer Überprüfung zu unterziehen. Dem Arbeitsausschuss lägen auch keine Unterlagen vor, die erkennen lassen würden, ob es sich um eine medizinische Methode handelt, die die gesetzlich ...

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