Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Rückzahlungs- bzw Forderungsanspruch aus einem an Dritte gewährten Darlehen. Verwertbarkeit. vereinbartes Sonderkündigungsrecht des Darlehensgebers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Forderung auf vorzeitige Rückzahlung eines einem Dritten gewährten Darlehens kann verwertbares Vermögen nach § 12 SGB 2 sein und die Hilfebedürftigkeit des Darlehnsgebers nach § 9 SGB 2 ausschließen.

2. Ein Darlehen kann gem § 490 Abs 3 iVm § 314 BGB aus wichtigem Grund vorzeitig gekündigt werden. Eine ohne vorzeitige Darlehensrückzahlung eintretende Hilfebedürftigkeit kann ein derartiger wichtiger Grund sein.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 13.02.2014; Aktenzeichen B 4 AS 361/13 B)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. August 2012, S 22 AS 679/12, wird zurückgewiesen, soweit sie den Bescheid vom 12.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.07.2012 betrifft.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger in der Zeit von Februar bis Juli 2012 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zusteht.

Der 1980 geborene Kläger schloss das erste juristische Staatsexamen erfolgreich ab und war bis Januar 2009 Rechtsreferendar. Dann bezog er bis Januar 2010 Krankengeld und weiter bis 30.01.2011 Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) von kalendertäglich 15,06 Euro. Nachdem er im Jahr 2012 das zweite juristische Staatsexamen nachgeholt hat, ist er als Jurist erwerbstätig.

Der Kläger beantragte erstmals am 31.01.2011 Arbeitslosengeld II beim Beklagten. Er wohne mit drei weiteren Personen in einer Wohnung von ca. 110 qm Wohnfläche, für die 990,- Euro Kaltmiete sowie 160,- Euro Betriebskosten (Nebenkosten und Heizkosten) anfallen würden. Mitmieter sei ein Herr F., die beiden anderen Personen seien Untermieter. Die Untermiete betrage 525,- Euro netto bzw. 680,- Euro monatlich einschließlich anteiliger Betriebskosten.

Seiner Mutter E. S. habe er ein Darlehen von 17.500,- Euro gegeben. Bei dem vereinbarten Zinssatz von 3 % erhalte er zu jedem Jahresende 525,- Euro an Zinsen. Der vorgelegte Darlehensvertrag datiert vom 28.03.2010. Das Darlehen werde zur Finanzierung von Renovierungsarbeiten am Haus A-Straße in A-Stadt gewährt. Die Auszahlung erfolgte im Oktober 2010. Der Darlehensvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:

"4. Laufzeit:

Das Darlehen ist spätestens 10 Jahre nach Inanspruchnahme der Darlehenssumme zurückzuzahlen. Der Darlehensnehmer kann das Darlehen jederzeit vorzeitig zurückzahlen. Der Darlehensgeber kann die vorzeitige Rückzahlung nur verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

5. Abtretbarkeit von Ansprüchen:

Der Rückzahlungs- und der Zinsanspruch dürfen durch den Darlehensgeber nicht an Dritte abgetreten werden."

Als weiteres Vermögen gab der Kläger beim Erstantrag an:

* Ein Tagesgeldkonto bei der C.Bank mit dem Guthaben von 709,92 Euro,

* ein Wertpapierkonto bei der H.Bank mit einer Einlage von 1.333,80 Euro,

* eine Kapitallebensversicherung mit Endnummer 5569 mit einem Wert von 9.463,55 Euro bei bislang eingezahlten Beiträgen von 4.936,80 Euro - für diese Versicherung wurde am 13.04.2011 ein Verwertungsausschluss vereinbart,

* eine weitere Kapitallebensversicherung mit Endnummer 4972 mit einem Wert von 1.501,21 Euro bei bislang eingezahlten Beiträgen von 3.243,61 Euro,

* einen Bausparvertrag mit einem Guthaben von 2.611,29 Euro und

* das hälftige Miteigentum an einem Wohnhaus in der A-Straße in A-Stadt mit einem Grundstück von 675 qm.

Das Haus in der A-Straße wurde dem Kläger und seinem Bruder von ihrer 1954 geborenen Mutter mit notariellem Überlassungsvertrag vom 12.10.2004 jeweils hälftig zu Miteigentum übertragen. Die Mutter hat sich das Nießbrauchsrecht an dem Haus vorbehalten und sie beziehe daraus monatlich ca. 1.500,- Euro Miete. Daneben besteht eine Rückübertragungsverpflichtung für den Fall, dass das Haus zu Lebzeiten der Mutter veräußert oder belastet wird; für diese Verpflichtung ist im Grundbuch eine Vormerkung eingetragen. Die Mutter hat sich ferner in § 4 des Vertrages das Recht vorbehalten, das Grundstück oder den Nießbrauch mit bis zu 150.000,- Euro zu belasten. Die Mutter ist im Übrigen Eigentümerin einer Eigentumswohnung in der X-Straße in A-Stadt.

Dem Kläger wurden mit Bewilligungsbescheid vom 08.03.2011 und Darlehensbescheid gleichen Datums vorläufig Leistungen für die Zeit vom 31.01.2011 bis 31.07.2011 bewilligt. Die Forderung aus dem Darlehensvertrag übersteige den Freibetrag von 5.250,- Euro und sei nicht sofort verwertbar. Das Begehren des Klägers, in dieser Zeit Leistungen in Form von Zuschüssen zu erhalten, ist Gegenstand der Berufung L 7 AS 762/12.

Den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II für die Zeit von August 2011 bis Januar 2012 lehnte der Beklagte vollständig ab. Diese Leistungsablehnung ist Gegenstand des Berufungsverfahrens L 7 AS 750/12.

Der Kläger b...

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