Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hilfebedürftigkeit. Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen. Zulässigkeit der Aufbewahrung in der Verwaltungsakte als rechtmäßige Datenspeicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wer Leistungen nach dem SGB II beantragt, hat auf Verlangen des Grundsicherungsträgers Kontoauszüge für die letzten drei Monate vor Antragstellung vorzulegen (vgl BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 10/08 R = ZFSH/SGB 2009, 282). Dazu ist es nicht ausreichend, dem Grundsicherungsträger lediglich eine Einsicht in die Kontoauszüge anzubieten.

2. Die Aufbewahrung der Kontoauszüge in den Akten beruht zulässig auf § 67c Abs 1 S 1 SGB X.

 

Normenkette

SGB X § 67c Abs. 1 S. 1, § 45 Abs. 3 S. 3; SGB I § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, §§ 34a, 34-35; SGG § 86b Abs. 2 S. 2; GG Art. 19 Abs. 4

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21.Juli 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Monate Juli, August und September 2015 sowie die Inanspruchnahme Dritter im Wege des Regresses.

Der 1955 geborene Antragsteller erhält seit 2006 mit Unterbrechungen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Antragsgegner. Mit Bescheid vom 24.04.2015 bewilligte der Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von 01.05.2015 bis 31.07.2015 in Höhe von monatlich 919,00 € (399 € Regelbedarf und Leistungen für Unterkunft und Heizung) Für Juli 2015 erfolgte zunächst eine Entziehung der Leistungen, weil der Antragsteller angeforderte Nachweise zu einer Mietminderung sowie die Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2013 nicht vorgelegt hatte. Mit Bescheid vom 06.07.2015 nahm der Antragsgegner den Entziehungsbescheid vom 10.06.2015 wieder zurück und setzte die Leistungen für Juli erneut auf 919,00 € fest. Gleichzeitig wurde dem Antragsteller ein Weiterbewilligungsantrag ab August 2015 zugesandt mit der Aufforderung, die Kontoauszüge der letzten drei Monate vollständig und lückenlos einzureichen.

Am 29.06.2015 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht München,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,

1. ihm vorläufig die ihm zustehenden Leistungen nach dem SGB II für Juli, August und September in voller Höhe (391 € Regelbedarf und 520 € für Unterkunft und Heizung) zu gewähren,

2. das Ehepaar E. und G. P. sowie Herrn R. M. für die an den Antragsteller bislang gezahlten und noch zu zahlenden Leistungen nach dem SGB II in Regress zu nehmen.

Letztere hätten ihn in strafrechtlich relevanter Weise genötigt, auf Kosten des Steuerzahlers von kümmerlichen Regelleistungen zu leben.

Der Antragsgegner äußerte sich unter Hinweis auf den zwischenzeitlich ergangenen Bescheid vom 06.07.2015. Die Leistungen für Juli 2015 seien bereits vollständig ausbezahlt worden. Eine Bewilligung ab August sei derzeit nicht möglich, da noch die Kontoauszüge des Antragstellers fehlten. Sobald diese eingingen, würde über die Weiterbewilligung entschieden. Regressforderungen gegen das Ehepaar P. lägen nicht vor.

Mit Beschluss vom 21.07.2015 lehnte das Sozialgericht München die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Soweit der Antragsteller die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von 01.07.2015 bis 30.09.2015 beantrage, fehle für einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ein Anordnungsgrund i.S. der besonderen Eilbedürftigkeit einer Entscheidung durch das Gericht, da der Antragsgegner inzwischen für Juli Leistungen in vollem Umfang bewilligt und darüber hinaus zugesichert habe, Leistungen auch ab August 2015 zu gewähren, wenn der Antragsteller die angeforderten Kontoauszüge vorlege. Der Antragsteller habe es selbst in der Hand, durch seine Mitwirkung die Leistungsgewährung ab August 2015 herbeizuführen. Soweit der Antragsteller beantrage, den Antragsgegner zu verpflichten, einzelne Personen für die an ihn gezahlten Leistungen in Regress zu nehmen, fehle es an einer Rechtsgrundlage im Sozialgesetzbuch, die einen solchen Anspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner begründen könnte. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 24.07.2015 zugestellt.

Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 28.07.2015 mitgeteilt hatte, dass seine Bankfiliale bis 09.08.2015 wegen Umbaus geschlossen habe, bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 29.07.2015 auch für August 2015 Leistungen in Höhe von 839,20 €. Die Bewilligung erfolgte in Höhe des maßgebenden Regelsatzes (399 €) und Unterkunftskosten in Höhe von 520 € (Auszahlung des Regelbedarfs in Höhe von 319,20 € wegen einer Sanktion, teilweise aufgehoben durch Abhilfebescheid vom 10.08.2015). Die Bewilligung erfolgte gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vorläufig, weil aufgrund der fehlenden Kontoauszüg...

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