Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinder- und Jugendhilfe. Eingliederungshilfe. Unterbringung in einem Internat. Selbstbeschaffung. Beurteilungsspielraum bei Hilfemaßnahmen. Kinder- und Jugendhilferechts. Antrag nach § 123 VwGO. Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. Januar 2004

 

Normenkette

SGB VIII §§ 35a, 36 Abs. 3; SGB IX § 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

VG Würzburg (Beschluss vom 26.01.2004; Aktenzeichen 6 E 03.786)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller begehrt im Weg der einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner vorläufig bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zu verpflichten, ihm Eingliederungshilfe in Form der stationären Unterbringung im Internat der H. L.-Schule in H. zu gewähren und die Kosten zu übernehmen.

Der am 29. Dezember 1986 geborene Antragsteller besuchte im Schuljahr 2002/2003 die 9. Klasse der staatlichen Realschule in B. Wegen Schwierigkeiten in Latein war er nach der 6. Klasse vom Gymnasium auf die Realschule gewechselt, wo er die 8. Klasse wiederholen musste. Im Februar 2003 baten die Eltern des Antragstellers das Jugendamt des Antragsgegners um Hilfe. Der Antragsteller habe erhebliche Schulprobleme; diese führten zu autoaggressivem Verhalten und zu erheblichen Spannungen in der Familie. Nach einem Gutachten eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vom 20. März 2003 leidet der Antragsteller mit großer Wahrscheinlichkeit an einem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom und an depressiven Störungen. Zur Entspannung der häuslichen Situation und Behebung der Störungen des Antragstellers wird die beabsichtigte Unterbringung in einem Internat unterstützt. Im Bericht des Instituts für Leistungsentwicklung – IGL – vom 11. Oktober 2002, bei dem die intellektuelle Leistungsfähigkeit des Antragstellers untersucht worden war, wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller sich durch seine Mutter sehr unter Leistungsdruck gesetzt fühlt. Der Besuch eines Internats könne die Eigenverantwortung des Antragstellers fördern.

In Gesprächen mit dem Jugendamt am 12. März, 24. April und 25. Mai 2003 erläuterten die Eltern, dass die Probleme des Antragstellers im schulischen Bereich lägen. Ein dreitägiger Probeunterricht in der H. L.-Schule sei erfolgreich gewesen. Das Jugendamt bot wegen der befürchteten sozialen Isolation und der familiären Spannungen eine ambulante Erziehungsbeistandschaft an, in die die gesamte Familie einbezogen werden müsse. Das Unterstützungsangebot enthielt therapeutische und pädagogische Maßnahmen, um Änderungen im sozialen und schulischen Verhalten herbeizuführen. Nach Auffassung des Jugendamts könne auf diese Weise eine Fremdunterbringung vermieden werden, die allenfalls den schulischen, nicht aber den psychosozialen Problemen des Antragstellers Rechnung tragen würde. Mit Bescheid vom 17. Juli 2003 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Kosten für die Internatsunterbringung ab. Über den Widerspruch des Antragstellers ist noch nicht entschieden. Seit Beginn des Schuljahres 2003/2004 besucht der Antragsteller die H. L.-Schule und ist dort im Internat untergebracht.

In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Würzburg hat der Antragsgegner ein kinder- und jugendpsychiatrisches Fachgutachten des Landesarztes für geistig und seelisch behinderte Kinder und Jugendliche des Regierungsbezirks Unterfranken vom 28. Oktober 2003 vorgelegt. Danach gehöre der Antragsteller zum anspruchsberechtigten Personenkreis des § 35 a SGB VIII. Ob gegen Ende der 9. Klasse eine ambulante Therapie ausreichend gewesen sei, könne nachträglich nicht mehr beurteilt werden. Es sei ratsam, die begonnenen sonder- und heilpädagogischen Fördermaßnahmen und eine ambulante psychotherapeutische Behandlung fortzusetzen sowie eine begleitende Elternarbeit durchzuführen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 26. Januar 2004 abgelehnt, weil die Internatsunterbringung nicht notwendig gewesen sei.

Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Antragsteller im Wesentlichen aus: Nach den Feststellungen im Gutachten des Landesarztes sei die Fortführung der Internatsunterbringung notwendig, um eine erneute Symptomverschlechterung zu verhindern. Im Übrigen sei die Unterbringung in der Schule bereits Ende des Schuljahres 2002/2003 erforderlich gewesen, wie sich aus den von ihm vorgelegten Gutachten ergebe. Die vom Antragsgegner angebotene ambulante Hilfe sei nicht geeignet.

Er beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. Januar 2004 aufzuheben und den Antragsgegner im Weg der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zu verpflichten, dem Antragsteller Eingliederungshilfe/Jugendhilfe in Form seiner vollstationären Unterbringung und Beschulung auf dem Internat der H. L.-Schule in H. zu gewähren und die Kosten der Maßnahme zu übernehm...

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