Masern-Impfpflicht

Gegen die hochansteckenden Masern sind viele geimpft, aber immer noch nicht genug. Seit 2020 macht der Staat Eltern mehr Druck - ohne Nachweis keine Kita-Betreuung. Das ist zumutbar, entscheidet jetzt Karlsruhe. Die Impfung schütze den Einzelnen und die Gemeinschaft.

Eltern dürfen ihre kleinen Kinder auch in Zukunft nur in eine Kita geben, wenn diese gegen Masern geimpft oder immun sind. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die vor rund zweieinhalb Jahren eingeführte Nachweispflicht und wies vier Klagen betroffener Familien ab. Die Grundrechtseingriffe seien nicht unerheblich, aber derzeit zumutbar, teilten die Karlsruher Richterinnen und Richter mit. Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass der Schutz besonders gefährdeter Menschen vorgeht, ist in ihren Augen gerechtfertigt.

Masern-Impfpflicht: Nachweis der Eltern erforderlich

Seit 1. März 2020 dürfen Kitas und Tagesmütter keine Kinder ab einem Jahr mehr ungeprüft aufnehmen. Die Eltern müssen nachweisen, dass ihr Kind entweder geimpft ist oder schon die Masern hatte. Eltern bereits betreuter Kinder hatten bis 31. Juli 2022 Zeit, den Nachweis vorzulegen. Anderenfalls droht der Ausschluss oder ein Bußgeld.

Eltern können sich gegen Impfung entscheiden – mit Nachteilen

Damit sind Eltern zwar nicht gehindert, sich gegen die Impfung zu entscheiden, wie die Verfassungsrichter schreiben. Das sei aber mit Nachteilen verbunden. Allerdings verfolge der Gesetzgeber den „Schutz eines überragend gewichtigen Rechtsguts, der hier auch dringlich ist“: Es gehe darum, die vielen Menschen vor dem hochansteckenden Virus zu schützen, die selbst nicht geimpft werden können.

Flächendeckende Impfung von 95 Prozent der Bevölkerung

Das sind vor allem Säuglinge, Schwangere und Kranke mit Immunschwäche. Experten gehen davon aus, dass sie durch die Immunität der Anderen mitgeschützt werden, wenn flächendeckend mindestens 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind. Das ist noch nicht erreicht.

Impfschäden unwahrscheinlich

Die Richterinnen und Richter weisen auch darauf hin, dass gerade Kita-Kinder besonders oft Kontakt zu Schwangeren und Babys haben. Gleichzeitig sei ein echter Impfschaden „extrem unwahrscheinlich“. „Die Gefahr für Ungeimpfte, an Masern zu erkranken, ist deutlich höher als das Risiko, einer auch nur vergleichsweise harmlosen Nebenwirkung der Impfung ausgesetzt zu sein“, hieß es weiter. Die Impfung führe damit „zu einer erheblich verbesserten gesundheitlichen Sicherheit“ auch des einzelnen betroffenen Kindes.

Experten: Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit

Experten warnen seit langem vor dem Trugschluss, die Masern seien nur eine harmlose Kinderkrankheit. Es kann zu Komplikationen kommen, und das Immunsystem bleibt für längere Zeit geschwächt. Eine seltene Spätfolge ist eine Gehirnentzündung, die fast immer tödlich endet.

Auch Kombi-Impfstoffe werden von der Stiko empfohlen

Die klagenden Eltern hatten auch beanstandet, dass man in Deutschland sein Kind gar nicht ausschließ gegen die Masern impfen lassen kann. Denn es gibt nur Kombi-Impfstoffe auch gegen Mumps, Röteln und teilweise Windpocken. Die Verfassungsrichter haben damit kein Problem: Auch diese Impfungen würden von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlen und seien „grundsätzlich kindeswohldienlich“.

Masern-Impfpflicht gilt auch für Schulen

Die Impfpflicht gilt auch in anderen Gemeinschaftseinrichtungen wie Flüchtlingsunterkünften und in der Schule. Hier wird wegen der Schulpflicht aber kein Kind ausgeschlossen. Es können nur Bußgelder bis 2.500 Euro verhängt werden. Umfasst sind auch die Beschäftigten wie Lehrerinnen und Erzieher. Das Personal in Krankenhäusern oder Arztpraxen muss ebenfalls gegen die Masern geimpft oder immun sein.

BVerfG, Urteil vom 18. August 2022 (Az. 1 BvR 469/20 u.a.)

dpa

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