Haarwuchsmittel: Übernimmt die Krankenkasse die Kosten?

Der Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst grundsätzlich auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Ausgeschlossen sind dabei jedoch Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hatte zu entscheiden, inwieweit ein Medikament, das als Nebenwirkung den Haarwuchs verstärkt, eine Kassenleistung sein kann.

Ein 31-jähriger Versicherter leidet an Haarlosigkeit. Nach verschiedenen erfolglosen Therapien beantragte er die Übernahme der Kosten für ein zur Behandlung von Arthritis zugelassenes Medikament, welches - als Nebenwirkung - auch den Haarwuchs verstärkt. Die Krankenkasse verwies darauf, dass Arzneimittel, die überwiegend der Verbesserung des Haarwuchses dienten, von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen seien.

Anspruch auf Haarwuchsmittel auch nicht im Off-Label-Use

Die Richterinnen und Richter beider Instanzen gaben der Krankenversicherung Recht. Das streitige Medikament sei bei dem Versicherten ausschließlich mit dem Ziel eingesetzt worden, den nicht mehr vorhandenen Haarwuchs zu fördern. Damit gelte es als Arzneimittel, bei dessen Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe.

Der Versicherte könne sich auch nicht erfolgreich auf einen sogenannten Off-Label-Use berufen. In bestimmten Fällen habe die Krankenkasse zwar auch ein Arzneimittel für die Behandlung einer Erkrankung zu gewähren, für welche das Arzneimittel nicht zugelassen sei. Voraussetzung sei jedoch unter anderem, dass es sich um eine schwerwiegende Erkrankung handele. Hiervon sei beim kompletten Haarverlust nicht auszugehen. Die vom Versicherten beklagten psychischen Probleme aufgrund des Haarverlust seien mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu behandeln.

Hinweis: Hessisches LSG Urteil vom 27.04.2021 - L 1 KR 405/20

Pressemitteilung Hessisches LSG