Strenge Anforderungen an AGB-Klausel zu Vertragsstrafen
Hintergrund: Aufrechnung mit in AGB vereinbarter Vertragsstrafe
Die Klägerin wurde von der Beklagten als Subunternehmerin beauftragt, Schlosserarbeiten an einem Bauvorhaben durchführen. Hierfür wurde eine Auftragssumme von 109.500 Euro vereinbart. Der Werkvertrag enthielt in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten folgende Regelung:
„Überschreitet der Auftragnehmer die Vertragstermine (Zwischen- und Endtermine) schuldhaft, ist eine Vertragsstrafe von 0,3% der Nettoabrechnungssumme, jedoch mindestens 520,00 Euro je Werktag und nicht fertig gestellter Wohneinheit vereinbart, höchstens jedoch 5% der Nettoauftragssumme."
Nach Abschluss der Arbeiten zahlte die Klägerin der Beklagten den geschuldeten Werklohn bis auf einen Teilbetrag in Höhe von 5% der Nettoauftragssumme. Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass aufgrund verspäteter Fertigstellung durch die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe des Maximalbetrags angefallen sei, mit der sie nun aufrechne. Die Klägerin verlangte daraufhin Zahlung der Restvergütung.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen das Urteil hat die Beklagte vor dem KG Berlin Berufung eingelegt.
Mindesttagessatz macht Klausel unwirksam (Beschluss des KG Berlin v. 23.2.2017 – 21 U 126/162)
Das KG Berlin (Urt. v. 23. 2. 2017 – 21 U 126/162) wies die Berufung zurück. Durch den Mindesttagessatz von 520 EUR sei die Klausel unangemessen. Das KG bezog sich hierbei auf den BGH (Urteil vom 20.01.2000 – VII ZR 46/98), der eine Klausel, die für jeden Arbeitstag der Verspätung eine Vertragsstrafe von 0,5%, höchstens jedoch 5% der Auftragssumme vorsah, wegen unangemessener Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 BGB für unwirksam erachtete. Der Mindestsatz führte dazu, dass rund 0,5 % der vereinbarten Auftragssumme von 109.500 Euro (0,5 % entsprächen 547,50 Euro) pro Werktag verwirkt würde. Insofern halte die Klausel den Anforderungen des BGH nicht stand.
Anmerkung: Umgehung der strengen Regeln für Vertragsstrafen in AGB durch Verhandeln
Das Urteil verdeutlicht die strengen Anforderungen der Rechtsprechung an Vertragsstrafen in AGB. Während sicher ist, dass ein Tagessatz von 0,5 % der Auftragssumme bei Verzug unwirksam ist, ist die maximale Obergrenze umstritten. Eine Strafe von 0,2 % je Kalendertag wird noch für zulässig erachtet, pro Werktag werden auch 0,3 % noch als angemessen betrachtet. Zu beachten ist, dass neben der Beschränkung der Tagessätze auch die Gesamtstrafe begrenzt werden muss. Eine Strafe von mehr als 5 % der Auftragssumme ist ebenfalls unzulässig. Ferner muss in AGB die Vertragsstrafe an ein Verschulden geknüpft werden.
Wenn Unternehmen diese strengen Anforderungen umgehen möchten, bleibt nur die Verhandlung der Vertragsstrafenklausel. Denn ausgehandelte Vertragsbedingungen sind keine AGB mehr. Die Verhandlungen sollten jedoch gut dokumentiert sein, damit sich im Streitfall nachweisen lässt, dass die Parteien tatsächlich verhandelt haben und auch beide Parteien ihre Vorstellungen anbringen konnten. Es genügt schließlich nicht, dass die stärkere Partei Änderungswünsche immer mit dem Argument zurückweist, die Klausel sei nicht verhandelbar – auch dann liegen in der Regel AGB vor. Solange sich Klauseln im Laufe der Verhandlungen nicht nachweislich geändert haben, sind die Anforderungen der Rechtsprechung zum Nachweis echter Verhandlungen extrem hoch.
Rechtsanwälte Dr. Hendrik Thies, Johanna Hennighausen, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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