Nutzungsausfall für Oldtimer trotz Zweitwagens?

Auch Oldtimer-Fahrer haben bei einem unverschuldeten Schaden grundsätzlich Anspruch auf Nutzungsausfall. Verfügen sie aber über einen Zweitwagen, können sie ihre Nutzungseinbußen nicht plausibel machen. Das ein "normales" Fahrzeug weniger Spaß macht als ein Oldie, ist noch kein Entschädigungsgrund.

Besonderes Fahrvergnügen gilt nicht als erstattungsfähig

Wird ein privat genutztes Fahrzeug beschädigt, hat der Geschädigte Anspruch auf eine Nutzungsausfallsentschädigung. Das ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Geschädigte objektive Nutzungseinbußen erlitten hat.

Ob das besondere Fahrvergnügen, und die Freude über das Aufsehen, das ein Oldtimer nach sich zieht, seinem Besitzer Nutzungseinbußen beschert, damit hat sich das OLG Düsseldorf auseinandergesetzt.

Oldtimer für Alltagsfahrten genutzt

Das gute Stück, um das es ging, war ein Oldtimer-Sportwagen der Marke Morgan Modell Plus 8 aus dem Jahr 1975. Der Wagen des Klägers war in einem Verkehrsunfall beschädigt worden. Die Reparatur zog sich über ein Jahr hin.

Der Kläger forderte von der Beklagten

  • Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 19.750 Euro (250 Tage à 79 Euro)
  • sowie  Vorhaltekosten in Höhe von 4.270,32 Euro (162 Tage à 26,36 Euro).

Er habe das Fahrzeug an 412 Tagen bei vorhandenem Nutzungswillen nicht in Gebrauch nehmen können, begründete er seine Klage. Vor dem Unfallereignis habe er den Oldtimer für Fahrten zum Einkaufen, zu Ärzten, zu Verwandten und ähnlichen Alltagszielen eingesetzt.

Mobilität durch Ersatzwagen gesichert

Das OLG Düsseldorf gab der Berufung des Klägers nicht statt. Der hatte nämlich in seinem Haushalt noch zwei weitere Fahrzeuge:

  • einen auf ihn zugelassenen Mercedes E 200
  • und einen auf seine Ehefrau zugelassenen Nissan Micra.

Mit dem Mercedes habe dem Kläger ein adäquater Ersatzwagen zur Verfügung gestanden, mit dem er seine Mobilität habe aufrecht erhalten können.

Keine für die Richter fühlbare Entbehrung

Voraussetzung für einen Anspruch auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens ist, dass die Entbehrung der Nutzung für den Geschädigten fühlbar ist, weil er das Fahrzeug mangels eines weiteren Fahrzeugs wirklich gebraucht hätte (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008, VI ZR 248/07). Genau das traf in dem vorliegenden Fall nicht zu.

Subjektive Wertschätzung des Oldtimers keine relevante Nutzungseinbuße

Der Kläger konnte auf den auf ihn zugelassenen Mercedes uneingeschränkt zurückgreifen. Dass der Mercedes dem Oldtimer in Sachen Fahrvergnügen und Aufmerksamkeit nicht das Wasser reichen kann, sei eine subjektive Wertschätzung des Klägers. Nutzungseinbußen nach objektiven Maßstäben ergeben sich daraus nicht.

Gebrauchsmöglichkeit als Vermögenswert

In der Urteilsbegründung wies das OLG darauf hin, dass ein Nutzungsausfall grundsätzlich nicht nur für neuere Fahrzeuge möglich ist, sondern auch für Oldtimer.

Grundsätzlich gilt: Das Vermögen eines Geschädigten beinhaltet nicht nur den reinen Sachwert eines Kraftfahrzeugs, sondern auch die Möglichkeit zum ständigen Gebrauch und zur Nutzung.

Die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs stellt deshalb gegenüber dem Substanzwert einen selbständigen Vermögenswert dar, dessen Verlust schadensersatzrechtlich vom Schädiger auszugleichen ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2008, I-1 U 198/07).

(OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2011, I-1 U 50/11).

Praxishinweis: Mit dem Hinweis des Klägers, er habe den Oldtimer großteils für Alltagsfahrten genutzt, hat dieser sich keinen Gefallen getan. Dies verdeutliche, dass er dem Oldtimer einen ähnlichen Nutzungswert beimesse, wie einem für den Alltagsgebrauch vorgesehenen Personenkraftwagen.

Schlagworte zum Thema:  Schadensersatz, Nutzungsausfall, Verkehrsrecht