Gemeindestreit um Quellwasser
Klägerin ist die Gemeinde Steinen im Südbadischen. Auf der zur Gemeinde gehörenden Gemarkung Endenburg befinden sich die Wasenquellen, die zunächst von der Stadt Kandern und schließlich von dem Zweckverband Hohlebach-Kandertal für die Trinkwasserversorgung genutzt wurden und werden. Auf Antrag des Zweckverbandes verlängerte das Landratsamt Lörrach die seit 1980 bestehende wasserrechtliche Erlaubnis zur Nutzung der Wasenquellen bis zum 31.03.2036. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch das Regierungspräsidium Freiburg klagte die Gemeinde auf Aufhebung der dem Zweckverband erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis sowie auf Erteilung der Erlaubnis zur Nutzung der Wasenquellen an die Klägerin. Das Verwaltungsgericht Freiburg wies die Klage ab. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) lehnte den Antrag der Gemeinde auf Zulassung der Berufung ab.
Der Nutzen für die Allgemeinheit ist entscheidend
Der VGH stellte wie schon das VG auf die Rechtsgrundlage des § 94 Abs. 1 Wassergesetz (WG) ab. Danach hat von verschiedenen wasserwirtschaftlichen Vorhaben dasjenige den Vorrang, das den größten Nutzen für das Wohl der Allgemeinheit erwarten lässt. Demgegenüber habe die Eigentümerin des Grundstücks, unter dem sich die Quelle befindet, keine Eigentumsrechte an der Quelle und daher auch keine Vorrangstellung bei der Zuweisung des Quellwassers. Entscheidungserheblich sei allein das übergeordnete Interesse an einer quantitativ und qualitativ hochwertigen Wasserversorgung der Bevölkerung.
Nitratsenkung ist wichtiger wasserwirtschaftlicher Belang
Für die Gesamtbewertung spielen nach Auffassung des VGH auch die Allgemeinwohlbelange nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) eine entscheidende Rolle. Die Trinkwasserversorgung sei ein überragendes Schutzgebot des Wasserrechts (VGH Baden-Württemberg Urteil vom 24.03.2014 - 3 S 280/10.). Deshalb sei auch die bisher getätigte Investition des Zweckverbandes in Höhe von 13,7 Mio Euro zur Verringerung des Nitratswertes im Trinkwasser eine Investition, die dem wasserhaushaltsrechtlichen Belang einer qualitativ hochwertigen Trinkwasserversorgung diene. Die bei Beimischung des Quellwassers durch den Zweckverband in das Wasserversorgungsnetz der Nachbargemeinden habe daher eine wichtige, schützenswerte wasserwirtschaftliche Funktion.
Ortsnah bedeutet nicht örtlich
Demgegenüber sahen die Verwaltungsrichter keine gewichtigen Gründe der Klägerin, das Quellwasser zur Versorgung ins eigene Leitungswassernetz einzuspeisen. Sowohl qualitativ als auch quantitativ sei die Wasserversorgung in dem von der Klägerin zu verantwortenden Gebiet durch den Tiefbrunnen Steinen ohne weiteres gesichert. Aufgrund des vorhandenen Leitungsnetzes könne demgegenüber der Zweckverband das Quellwasser sofort und effizienter nutzen als die Klägerin, die Anschlüsse und Leitungen erst errichten lassen müsse. Die engere räumliche Nähe zu den Quellen privilegieren die Gemeinde ebenfalls nicht. Auch der Zweckverband agiere ortsnah. Die örtlich noch geringfügig größere Nähe der Klägerin sei demgegenüber nicht entscheidend.
Keine grundsätzliche Bedeutung
Im Ergebnis war die Entscheidung des VG nach Auffassung des VGH daher zutreffend. Der VGH maß der Rechtssache darüber hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zu. Zur rechtlichen Bewertung von konkurrierenden wasserrechtlichen Nutzungsanträgen existiere eine hinreichende Zahl von Einzelentscheidungen. Jede Entscheidung sei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu treffen. Insofern enthalte der vorliegende Fall keine besonderen Merkmale, die nach einer Grundsatzentscheidung verlangen würden. Der VGH wies daher den Antrag auf Zulassung der Berufung zurück.
(VGH Mannheim Beschluss vom 03.07.2014 - 3 S 1917/13)
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