Surfbremse der Telekom vorerst gestoppt

Die Internetgemeinde hat einen Etappensieg gegen die Telekom errungen. Die für das Jahr 2016 geplante Surfbremse ist zumindest wieder in Frage gestellt. Wie so manches Unternehmen zuvor, ist die Telekom über das Recht zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestolpert.

Im Juni dieses Jahres hat das Bundeswirtschaftsministerium verkündet, dass inzwischen 99,7 % der bundesdeutschen Haushalte an das Breitbandnetz angeschlossen sind. Die für die Nutzer zur Verfügung gestellte Surfgeschwindigkeit sei im Allgemeinen ausreichend. Die Mindestgeschwindigkeit wird bei 1 MB pro Sekunde gesehen. Allerdings kann diese in ländlichen Regionen noch nicht überall erreicht werden. Trotz dieser Situation hat die Telekom angekündigt, ab 2016 die Surfgeschwindigkeit von „Intensivnutzern“ zu drosseln.

Tempovernichtung ab 75 Gigabyte

Für Flatrate-Nutzer soll die Geschwindigkeit dann gedrosselt werden, wenn mehr als 75 GB an Datenmenge im Monat heruntergeladen wurde. Bei abweichenden vertraglichen Vereinbarungen soll die Drosselung dann eintreten, wenn die vertraglich vereinbarte Datenmenge überschritten wurde. Nach der ursprünglichen Ankündigung, die Geschwindigkeit auf völlig unzureichende 384 KB pro Sekunde herunterzufahren hat die Telekom im Frühjahr die Bezugsgröße mit 2 MB/s angegeben. Seitdem spricht die Netzgemeinde nur noch von der Drosselkom.

Ausbau des Breitbandnetzes muss finanziert werden

Der Konzernchef der Telekom, René Obermann, wies darauf hin, dass es sich bei den Kosten für den Ausbau des Breitbandnetzes um eine Milliardeninvestition handle. Diese Kosten müssten irgendwo wieder eingefahren werden. Die Nutzer würden durch die Drosselung nicht wirklich benachteiligt, denn die jetzt angepeilte Vorgabe von 2 MB/s Stelle für jeden Nutzer auch in Zukunft eine ausreichende Surfgeschwindigkeit auch nach Überschreitung der vereinbarten Datenmenge sicher.

Unangemessene Verbraucherbenachteiligung

Der Verbraucherschutz NRW hat gegen die Vorgabe der Telekom geklagt und einen ersten Etappensieg errungen. Das LG Köln erklärte die Datendrosselung für unwirksam. Der Flatrate- Kunde gehe bei Vertragsunterzeichnung grundsätzlich davon aus, dass er Daten zu einem Festpreis mit einer bestimmten Geschwindigkeit herunterladen könne. Mit Einschränkungen rechne er grundsätzlich nicht. So bedeute in der Konsequenz die beabsichtigte Datendrosselung im Fall eines  VDSL-Kunden für diesen eine Reduzierung der Surfgeschwindigkeit auf weniger als 10 % der vertraglich vereinbarten Geschwindigkeit. Damit müsse ein Durchschnittskunde grundsätzlich nicht rechnen. Eine entsprechende AGB-Klausel sei deshalb eine überraschende, für den Kunden unangemessene Benachteiligung gegenüber der vertraglichen Hauptvereinbarung.

Breite Nutzerschicht betroffen

Nach Auffassung des LG würde von der Drosselung der Surfgeschwindigkeit auch ein erheblicher Teil der Nutzer betroffen. Stelle man in Rechnung, dass die heruntergeladenen Datenmengen immer größer und Netzanschlüsse gleichzeitig von mehreren Nutzern in Anspruch genommen werden, so würden bis zum Jahre 2016 mit Inkrafttreten der Regelung eine große Anzahl der User die Drosselung der Surfgeschwindigkeit deutlich zu spüren bekommen. Entgegen der Darstellung der Telekom betreffe die neue Regelung daher nicht nur eine kleine Zahl von sog. „Power-Usern“ sondern die breite Masse des Publikums.

Netzneutralität gefährdet

Verbraucherschutzverbände weisen im übrigen darauf hin, dass die Neuregelung das Prinzip der Neutralität des Netzes gefährde. So plant die Telekom beispielsweise, die Nutzer Ihres Programmangebots „Entertain“ von der Neuregelung in der Weise auszunehmen, dass die Nutzung dieses Angebots bei der Datenmenge nicht mitgerechnet würde. Dies sei der Beginn des Einstiegs in eine unterschiedliche Behandlung der Datenmengen, je nachdem von dem sie angeboten würden. Die Internetgemeinde hält es daher für unabdingbar, dass die Bundesregierung in Brüssel auf gesetzliche Regelungen drängt, die jede unterschiedliche Behandlung von Inhalten und Anwendungen im Netz ausschließen. Geschehe dies nicht, so würden große Anbieter wie die Telekom den Zugang zum Netz immer wieder künstlich verknappen, um ihre eigene Einnahmesituation zu verbessern.

Hinweis: Urteil nicht rechtskräftig

Die Telekom hat bereits ihre Absicht angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Ihr ist die Entscheidung des Gerichts unverständlich, da nach Auffassung der Telekom die exakten Vorgaben hinsichtlich der Datendrosselung noch gar nicht feststünden und die Telekom immer erklärt habe, dass je nach Lage im Jahre 2016 die Datenmenge, ab der die Geschwindigkeit gedrosselt werden solle, den dann herrschenden Gegebenheiten angepasst werden soll. Im übrigen müssten sonst die Kosten für den Ausbau des Breitbandnetzes auf andere Weise, beispielsweise durch eine allgemeine Kostenerhöhung, erzielt werden.

(LG Köln, Urteil v. 30.10.2013, 26 O 211/13)

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