Erstattung der Aktenversendungspauschale als notwendige Auslage

Als eine Düsseldorfer Verteidigerin einem Kölner Mandanten "aus der Patsche half", sollte sie nach dem Willen der Staatskasse auf Erstattung der von ihr verauslagten Aktenversendungspauschale (=12 EUR) verzichten. Schließlich hätte der Mandant auch einen Kölner Strafverteidiger beauftragen können, dem die Strafakte kostenfrei in das Gerichtspostfach gelegt worden wäre.

In dem Verfahren bestellte sich die in Düsseldorf ansässige Verteidigerin im Zwischenverfahren für den in Köln wohnenden Angeschuldigten und beantragte Akteneinsicht mit der Bitte um Übersendung der Akte. Nach einer schriftlichen Stellungnahme der Verteidigerin wurde das Verfahren im Zwischenverfahren durch Beschluss des AG Köln gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt und der Staatskasse sowohl die Kosten als auch die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten auferlegt.

Kostenfestsetzung erfolgte einschließlich Aktenversendungspauschale

Daraufhin beantragte die Verteidigerin die Festsetzung der von ihr berechneten Gebühren und Auslagen, u.a. auch die von ihr für die Akteneinsicht verauslagte Aktenversendungspauschale in Höhe von 12 EUR. Die Kosten hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 29.10.2013 antragsgemäß festgesetzt.

Bezirksrevisorin legte sofortige Beschwerde ein

Die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Landeskasse hat gegen den ihr zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss  sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die Berechnung der Aktenversendungspauschale sei nicht gerechtfertigt. Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und den Fall dem Amtsgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.

AG Köln: Aktenversendungspauschale gehört zu den notwendigen Auslagen

Das AG entschied: Im konkreten Fall, in dem der angeklagte Mandant am Ort des Gerichts wohnt und mit seiner Verteidigung einen nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hat, gehört die Aktenversendungspauschale zu den erstattungsfähigen notwendigen Auslagen i.S.d. § 91 Abs. 2 ZPO.

  • Ein auswärtiger Verteidiger kann das Recht auf Akteneinsicht vernünftigerweise und sachdienlich nur durch die Übersendung der Akte ausüben;
  • er kann im Rahmen der ihm obliegenden Geschäftsführung angesichts des damit verbundenen Aufwandes nicht verpflichtet werden, die Strafakte auf der Geschäftsstelle einzusehen.

Die Möglichkeit, ein Postfach vorzuhalten, besteht ohnehin nur für einen ortsansässigen Verteidiger.

Abwägung zwischen Berufsausübungsfreiheit/ Recht auf frei gewählten Verteidiger und 12 Euro

„Ein Angeklagter ist grundsätzlich auch berechtigt, einen Verteidiger seiner Wahl und seines Vertrauens mit seiner Verteidigung zu beauftragen; er kann daher auch nicht grundsätzlich verpflichtet werden, nur einen Verteidiger am Ort des Gerichts zu beauftragen“, betonte das Amtsgericht Köln. 

Angesichts der relativ geringen Kosten  in Höhe von 12,- EUR für die Wahrnehmung des im Strafprozesses unerlässlichen Rechts auf Akteneinsicht und unter Abwägung der Interessen des Mandanten an einer Verteidigung durch einen von ihm frei gewählten Verteidiger und der Berufsausübungsfreiheit des nicht am Gerichtsort ansässigen Verteidigers, in die durch die Versagung der Erstattungsfähigkeit eingegriffen wird, fällt die Abwägung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zugunsten einer Erstattungsfähigkeit dieser Auslagen aus.

Nicht erstattungsfähige Reise für auswärtigen Anwalt unzumutbar

Auch der Umstand, dass die Aktenübersendung der Arbeitserleichterung des Anwalts dient, schließt das Bestehen eines Anspruchs auf die Aktenversendungspauschale laut Richterspruch nicht aus. Denn Grundlage für die Versendung der Akte bleibt nach wie vor die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts durch den Verteidiger für den Mandanten. Dieses Recht kann bei einem auswärtigen Verteidiger nur auf diese Weise sinnvoll durchgeführt werden.

Eine nach § 91 Abs. 2 ZPO möglicherweise „nicht erstattungsfähige Reise" an den Ort des Gerichts ist einem auswärtigen Verteidiger nicht zumutbar. Die Erstattung der Aktenversendungspauschale kann nach Auffassung des Gerichts im konkreten Fall auch nicht mit der Begründung verweigert werden, dass er als auswärtiger Verteidiger möglicherweise entsprechende Reisekosten, Tages- und Abwesenheitsgelder nicht erstattet verlangen könnte.

Funktion der Aktenversendungspauschale

Die Aktenversendungspauschale dient der Abgeltung des dem Gericht entstehenden Aufwandes und nicht der Vermeidung von Reisekosten des Verteidigers. Ob nicht auch ein am Ort des Gerichts ansässiger Verteidiger berechtigt sein könnte, die Erstattung dieser relativ geringen Kosten für die Aktenversendungspauschale zu verlangen, statt auf die Möglichkeit verwiesen zu werden, ein Gerichtspostfach zu nutzen und/oder die Akten auf der Geschäftsstelle einzusehen, kann nach Ansicht des Gerichts dahingestellt bleiben, jedenfalls konnte ein auswärtiger Verteidiger die Akteneinsicht kostengünstig nur auf diese Weise wahrnehmen.

(AG Köln, Beschluss vom 20.12.2013, 53 Ds 44/13).

Schlagworte zum Thema:  Berufsfreiheit