Betriebsschließungsversicherung aufgrund von Corona

Viele Versicherer meinen, Betriebsschließungen aufgrund des Coronavirus seien grundsätzlich nicht durch die Betriebsschließungsversicherung gedeckt, weil das Virus erst neu in das Infektionschutzgesetz aufgenommen wurde. Dem hat das Landgericht Mannheim jetzt eine Absage erteilt.

Die Betreiberin von drei Hotels in Hamburg und Berlin forderte von ihrem Versicherer Leistungen aus der abgeschlossenen Betriebsschließungsversicherung. Ihre Forderung stützte sie auf Verordnungen der beiden Städte. Zum einen auf eine von der Hansestadt Hamburg am 16. März 2020 im Wege der Allgemeinverfügung erlassene Regelung, die unter anderem folgendes festlegte:

„Übernachtungsangebote im Beherbergungsgewerbe dürfen nicht für touristische Zwecke bereitgestellt werden. Der Betriebsinhaber muss vor Abschluss eines Beherbergungsvertrags den Zweck der Beherbergung des Gastes erfragen und diesen zusammen mit den erfassten Personaldaten des Gastes dokumentieren. Soweit Beherbergungsverträge im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Allgemeinverfügung abgeschlossen waren und die Beherbergung begonnen hat, ist die Beherbergung zu beenden, sobald sichergestellt ist, dass der Gast abreisen kann.“

Zum anderen auf die in Berlin am 17. März 2020 erlassene SARS-CoV-2-Eindämmingsverordnung, die unter anderem folgendes regelte: (4) Hotels und Gaststätten dürfen keine touristischen Übernachtungen anbieten.

Versicherungsbedingungen verweisen auf Infektionsschutzgesetz

In den Versicherungsbedingungen der Betriebsschließungsversicherung fand sich unter anderem folgender Passus:

„Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)

  1. Den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;
  2.  Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne der Bedingungen sind die in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger.“

Betriebsschließung aufgrund einer Allgemeinverfügung ist einer Einzelverfügung gleichzustellen

Das Landgericht Mannheim hat entschieden, dass ein Versicherungsfall vorliegt und bejaht damit die vieldiskutierte Frage, ob Betriebsschließungen, die aufgrund von Covid-19 mittels Rechtsverordnung und Allgemeinverfügung angeordnet werden, über die Betriebsschließungsversicherung versichert sind. Eine Betriebsschließung, die aus einer Rechtsverordnung und Allgemeinverfügung folge, sei einer Einzelverfügung gleichzustellen, so das Gericht.

Gericht: Covid-19 ein meldepflichtiger Krankheitserreger

Das Gericht hat auch der von vielen Versicherern geäußerten Auffassung widersprochen, dass Vorgänge im Zusammenhang mit dem Coronavirus grundsätzlich nicht versichert seien. Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass Covid-19 ein meldepflichtiger Krankheitserreger sei.

  • Zwar komme der Name Covid-19 nicht den in den §§ 6, 7 IfSG aufgezählten Krankheiten und Erregern vor.
  • In § 6 Abs. 1 Nr. 5 IfSG befinde sich aber eine generalklauselartige Formulierung, dass auch nicht nach den Nummern 1 bis 4 bereits meldepflichtige bedrohliche übertragbare Krankheiten zu melden seien.

Es gilt die Sichtweise eines verständiger Versicherungsnehmers

Ein verständiger Versicherungsnehmer dürfe davon ausgehen, dass die Versicherung Betriebsschließungen aufgrund von Covid-19 decke. Daran ändert laut Auffassung des Landgerichts auch nicht, dass der Versicherer das Risiko von Covid-19 bei Vertragsabschluss nicht kannte und es deshalb bei der Kalkulation der Versicherungsprämie nicht berücksichtigen konnte. Dies könne nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen.

Faktische Betriebsschließung, auch wenn Geschäftsreisen möglich waren

Das Gericht geht auch von einer faktischen Betriebsschließung aus, obwohl durch die Verordnungen nur touristische Übernachtungen untersagte, Geschäftsreisen aber grundsätzlich weiter möglich waren. Zum einen machten Geschäftsreisen nur einen Teil der Übernachtungen aus. Zum anderen sei auch der Bereich der Geschäftsreisen durch die Verbreitung des Coronavirus zusätzlich eingeschränkt gewesen, weil Arbeitnehmer ins Home-Office geschickt wurden, Messen und Großveranstaltungen abgesagt und zahlreiche Betriebe geschlossen wurden.

Die Auswirkung der behördlichen Anordnung habe folglich Auswirkungen wie eine Schließung eines Hotels im konkreten Einzelfall zur Desinfektion oder zur Eindämmung eines Krankheitsausbruchs allein in diesem Hotel. Der Sinn und Zweck der Regelung, Betriebsunterbrechungen durch behördliche Maßnahmen aufgrund des Infektionsschutzgesetzes abzufedern, spreche dafür, derartige faktische Schließungen unter diese Klausel zu subsumieren.


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