Reiseabbruchversicherung muss mehr als den Rücktransport zahlen

Als Ergänzung zur Reiserücktrittsversicherung bieten viele Versicherungen auch den Abschluss einer Reiseabbruchversicherung an. Die Reiseabbruchversicherung zahlt, wenn eine bereits begonnene Reise aus wichtigem Grund abgebrochen werden muss.

Grund für den Reiseabbruch können eine plötzliche Erkrankung während der Reise, eine Verletzung, aber auch die schwere Erkrankung eines zu Hause gebliebenen Kindes sein. Das LG Düsseldorf hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem die Reiseabbruchversicherung zwar bereit war, die erforderlichen Rückflugkosten zu leisten, nicht jedoch eine Entschädigung für nicht mehr in Anspruch genommene Reiseleistungen infolge des vorzeitigen Reiseabbruchs.

Ersatz für nicht mehr in Anspruch genommene Reiseleistungen?

In den Versicherungsbedingungen war bestimmt, dass die Versicherung auch Entschädigung „aufgrund des Abbruchs der Reise nicht mehr in Anspruch genommene Reiseleistungen“ zahlt. Von dieser Erstattungspflicht wurden aber „Reiseleistungen, die bereits angetreten sind und zum Teil in Anspruch genommen werden konnten“ ausgenommen.

Sprunggelenksfraktur berechtigt zum Reiseabbruch

Das LG stellte zunächst klar, dass eine dreifache Sprunggelenksfraktur im rechten Fuß als schwere Unfallverletzung im Sinne der Versicherungsbedingungen zu qualifizieren ist. Auch sei die Fortführung der gebuchten Schiffsreise für den noch am Urlaubsort auf Barbados operierten Kläger und dessen Ehefrau nicht mehr zumutbar gewesen.

Kostenersatz für nicht in Anspruch genommene Urlaubstage

Entgegen der Auffassung der beklagten Reiseversicherung bewertete das LG die Tatsache, dass die Schiffsreise bereits angetreten war, nicht dahingehend, dass die Reiseleistung „Schiffsreise“ damit zum Teil in Anspruch genommen sei und eine Entschädigung für die nicht in Anspruch genommene Restreise gemäß den AGB nicht mehr gewährt werden könne.

Andernfalls wäre nach Auffassung des LG der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Erstattung des Reisepreises für den nicht in Anspruch genommen Teil der Urlaubsreise in vielen Fällen gegenstandslos. Der Sinn der Reiseabbruchversicherung sei es aber, den Versicherungsnehmer gegen einen Schaden in Gestalt nutzloser Aufwendungen abzusichern, der ihm entstehe, wenn er die Reise vorzeitig abbrechen müsse (OLG Düsseldorf, Urteil v. 17.06.2011, I 4 U 133/07).

Aus der Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers handele sich daher bei einer Schiffsreise um nach den einzelnen Reisetagen abgrenzbare Einzelleistungen. Für jeden nicht in Anspruch genommen Reisetags sei daher der Reisepreis anteilig zu erstatten. Im konkreten Fall hatte die Versicherung an den Kläger insgesamt 6490,72 € zu zahlen. (LG Düsseldorf, Urteil v. 25.07.2012, 11 O 40/12)

Einzelfragen

Bei Erkrankung von Betreuungspersonen (z.B. für ein zu Hause verbliebenes Kind), ist zu beachten, dass die Erkrankung durch ein zeitnah erstelltes ärztliches Attest nachzuweisen ist. Ein Attest das erst drei Tage nach Eintritt der Erkrankung erstellt wurde, kann als Beweis schon nicht mehr ausreichend sein (AG München, Urteil v. 20. 11. 2011, 241 C11924/11).

Die bloße Unterbrechung einer Reise, die beispielsweise nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt wieder fortgesetzt wird, ist nicht von der Reiseabbruchversicherung abgedeckt (AG München, Urteil v. 10. 12. 2009, 3 U 1338/01). 

Die AGB sind wichtig

Vor Abschluss einer Reiseabbruchversicherung sollte der Reisende die Versicherungsbedingungen genau studieren. Oft wird eine Kostenerstattung für nicht in Anspruch genommene Urlaubstage in den AGB ausgeschlossen. Diese Klausel wird von manchen Gerichten als wirksam angesehen. In diesem Fall ist der Wert der Reiseabbruchversicherung deutlich reduziert.

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