Beauftragte Künstler und künstlerische Gestaltungsfreiheit

Kunstwerke auf Bestellung bereiten immer wieder Probleme. In der Regel hat der Besteller konkrete Vorstellungen von dem späteren Werk. Selbst wenn er diese vertraglich mit dem Künstler festlegt, so bleibt in der Regel doch meist Raum für die künstlerische  Interpretation. Wann eine Abweichung von der vertraglichen Vereinbarung und damit ein Mangel des Werks vorliegt, ist im Einzelfall oft schwer zu fassen.

Kunst im Treppehaus

Das AG München hatte sich an einem solchen Fall abzuarbeiten: Eine Münchnerin wollte ihr Treppenhaus verschönern. Über eine Kunstberaterin bestellte sie die Installation eines Künstlers, die im Treppenhaus den Eindruck einer untergehenden Sonne hervor rufen sollte. Zunächst bezahlte sie die Hälfte des vereinbarten Gesamtpreises von 4.500 EUR. Sie war nach Fertigstellung von der künstlerischen Ästhetik dann aber so enttäuscht, dass sie die Zahlung des Restkaufpreises verweigerte. Der erhoffte „Wow-Effekt“ stellte sich beim Betreten des Treppenhauses nach ihrem Dafürhalten nicht annähernd ein.

Kunstinstallation vertragsgemäß

Zunächst stellte die Amtsrichterin klar, dass der Künstler verpflichtet ist, vertragliche Vorgaben einzuhalten. Darüber hinaus sei er aber in der künstlerischen Gestaltung des Werks frei, solange diese Gestaltung den Vertragszweck nicht gefährde. Es sei Sache des Bestellers, sich schon vor der Auftragsvergabe sachkundig zu machen und sich ggf. mit der Kunstrichtung des beauftragten Künstlers auseinander zu setzen.

Künstlerische Eigenarten muss der Besteller hinnehmen

Das Risiko des Gefallens trägt nach Auffassung des Amtsgerichts allein der Besteller, solange der vertraglich vorgegebene Rahmen vom Künstler eingehalten wird. Dies sei hier der Fall. Der Künstler habe im Rahmen seiner Kunstanschauung eine Sonnenuntergangsstimmung dargestellt. Weitere Vorgaben seien vertraglich nicht gemacht worden, so dass eine Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit nicht festzustellen sei.

Vertragliche Einschränkung der künstlerischen Freiheit ist möglich

Nach Auffassung der Amtsrichterin folgt aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, dass eine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Künstlers weitgehend zulässig ist, soweit diese nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Bestellerin habe aber keine so exakten Vorgaben gemacht, dass sie nun eine Abnahme des Werkes ablehnen könne.

Bestellerin muss zahlen

Nach der Entscheidung des AG bekommt die Bestellerin ihr Geld daher nicht zurück, sondern muss noch die zweite Hälfte des vereinbarten Preises zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.

(AG München, Urteil v. 09.04.2011, 224 C 33358/10).