Arzthaftung bei Krebsvorsorgeuntersuchung

Versäumt es der Arzt, einen Patienten mit erhöhtem Darmkrebsrisiko  aufgrund einer familiären Disposition über die dringend notwendige Durchführung einer Koloskopie aufzuklären, handelt es sich um einen groben ärztlichen Behandlungsfehler der hohe Schmerzensgeldzahlungen zur Folge haben kann. Hier: 150 000 EUR

Der damals 57-jährigen Kläger ließ bei dem beklagten Arzt, einem niedergelassenen Internisten und Allgemeinmediziner, eine allgemeine Gesundheitsüberprüfung mit Krebsvorsorge durchführen.

Mutter des Klägers bereits an Darmkrebs verstorben

Im Rahmen der familiären Anamnese teilte der Patient dem Beklagten mit, dass seine Mutter in Folge einer Darmkrebserkrankung verstorben sei. Dabei versäumte es der Internist, aufgrund des gesteigerten Darmkrebsrisikos auf die Notwendigkeit einer Darmspiegelung zur weiteren diagnostischen Abklärung hinzuweisen.

Eineinhalb Jahre später unterzog sich der Kläger auf eigene Initiative einer Koloskopie in einem Universitätsklinikum. Dort wurde eine bereits fortgeschrittene Darmkrebserkrankung  mit Metastasen in Leber und Lunge diagnostiziert. Mehrere Eingriffe und eine Teilentfernung der Leber, Lunge und Galle sowie die Durchführung von Chemotherapien wurden notwendig.

Arzt muss auf notwendige Maßnahmen wie Koloskopie hinweisen

Das OLG Köln verurteilte den Arzt aufgrund des Behandlungsfehlers zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 150.000 Euro sowie zum Ersatz der Behandlungskosten in Höhe von 10.000 Euro.

Unterbliebene Hinweis auf weitere diagnostische Abklärung

Der unterbliebene Hinweis auf eine weitere diagnostische Abklärung stelle ein Behandlungsfehler in Form verletzter Sicherheitsaufklärung dar, urteilte das Gericht. Es gehöre zu den Behandlungspflichten eines Arztes, dem Patienten die notwendigen therapeutischen Sicherheitshinweise zu erteilen.

  • Im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung müsse der behandelnde Arzt daher auf Maßnahmen hinweisen, welche der Arzt selbst zwar nicht durchführen könne oder wolle, die jedoch nach ärztlichen Standard als empfehlenswert oder notwendig angesehen werden.
  • Vorliegend habe es dem fachärztlichen Standard entsprochen, auf eine Koloskopie hinzuweisen und die Risiken zu erläutern, falls eine solche unterbleibe. 

Fehlende Dokumentation geht zu Lasten des Arztes

Der Patient müsse durch die Sicherheitsaufklärung ein klares Bild davon bekommen, was ihm droht, wenn er dem Hinweis nicht folge. Eine solche therapeutische Aufklärung habe der Arzt jedoch nicht geleistet. Nach seinem Vorbringen habe er zwar dem Kläger mitgeteilt, dass eine Koloskopie sinnvoll sei. Dies reiche aufgrund aufgrund des erhöhten Risikos nach Ansicht der Richter nicht aus.

Hinweis nicht in der Krankenakte dokumentiert

Zudem sei der vom Beklagten vorgebrachter Hinweis nicht in der Krankenakte dokumentiert. Nach allgemeiner Auffassung habe jedoch eine nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht stattgefunden.

(OLG Köln, Urteil v. 6.08.2014, 5 U 137/13).



Bemessung: Bei der Höhe des Schmerzensgeldes orientiert sich die Rechtsprechung i. d. R. an Schmerzensgeldtabellen, z.B. an der von Hacks begründeten Schmerzensgeldtabelle.

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