Anwalt muss Kammer auch bei unbegründeter Beschwerde antworten

Ddas Anwaltsgericht Frankfurt am Main hatte in einem Fall entschieden, in dem sich eine Anwältin bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer darüber beschwert hatte, dass ein Kollege sich 2014 geweigert hatte, entgegen § 14 BORA im Rahmen einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt ein Empfangsbekenntnis für die vollstreckbare Ausfertigung eines Urteils des ArbG Frankfurt a. M. zu erteilen.
Mangels Stellungnahme Kammerrüge erhalten
Die Kammer schrieb den Kollegen an und bat um Aufklärung. Das Kammermitglied reagierte auf die Anhörung der Rechtsanwaltskammer nicht, weil der Anwalt die Beschwerde für unzulässig hielt. Er war der Ansicht, sein Verhalten sei rechtmäßig gewesen und habe dem Berufsrecht nicht widersprochen. Sein stolzes Schweigen reichte der Kammer nicht, weshalb sie ihm eine Rüge erteilte. Dagegen klagte der Anwalt – ohne Erfolg.
Kammerarbeit würde lahm gelegt
Ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht nach § 56 Absatz 1 Satz 1 BRAO liegt laut Richterspruch vor.
- Unstreitig habe das Kammermitglied auf die Schreiben der Rechtsanwaltskammer nicht reagiert.
- Damit habe er seine Auskunftsverpflichtung verletzt,
- die nur dann nicht greife, wenn die zugrundeliegende Beschwerde völlig abwegig sei.
- Davon könne vorliegend nicht ausgegangen werden.
- Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Beschwerde der Rechtsanwältin letztlich unbegründet war.
Zwar bestehe seit 2015 nach der Rechtsprechung des Anwaltssenats des BGH keine berufsrechtliche Verpflichtung an einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt gem. § 195 ZPO und somit auch kein Verstoß gegen § 14 S. 1 BORA (Urteil vom 26.10.2015 - AnwSt (R) 4/15 ).
Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Rechtsanwaltskammer im vorliegenden Fall war die BGH-Entscheidung aber noch gar nicht in der Welt.
Ließe man, so das Anwaltsgericht Frankfurt weiter, eine Auskunftsverpflichtung des Rechtsanwalts bereits dann entfallen, wenn die Beschwerde unbegründet sei, so würde man diese letztlich unter die Disposition des Rechtsanwalts stellen mit der Folge, dass die Rechtsanwaltskammer die mit der Auskunftsverpflichtung zu sichernden Aufgaben nicht mehr wahrnehmen könnte.
(Anwaltsgericht Frankfurt a. M., Beschluss vom 7.10.2016, IV AG 68/15).
Hintergrundwissen
Warum sah der BGH keine keine berufsrechtliche Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt (Urteil vom 26.10.2015 - AnwSt (R) 4/15)?
- In der Berufsordnung (BORA) können nur solche Pflichten normiert werden, zu deren Konkretisierung die Satzungsversammlung über § 59b BRAO ermächtigt worden ist.
- Eine Ermächtigungsgrundlage, nach der die Berufsordnung Berufspflichten im Zusammenhang mit einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt regeln kann, besteht nach Auffassung des BGH nicht.
- Insbesondere stelle § 59b Abs. 2 Nr. 6b BRAO keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage dar, denn danach können lediglich "die besonderen Berufspflichten gegenüber Gerichten und Behörden [...] bei Zustellungen" in der Berufsordnung festgelegt werden. Die Zustellung von Anwalt zu Anwalt sei davon nicht umfasst.
- Ebenso scheide eine extensive Auslegung von § 59b Abs. 2 Nr. 8 BRAO aus. Die Rechtsetzungskompetenz berufsrechtlicher Einschränkungen sei durch höherrangiges Recht begrenzt; prozessual sei es zulässig, die Mitwirkung bei einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt zu verweigern.
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