Unterhaltszahlungen auch bei hoher Steuernachzahlung steuerlich abziehbar
Ein Steuerpflichtiger, der Unterhalt zahlen muss, kann diesen Betrag als außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag seiner Einkünfte abziehen, um so seine Einkommensteuer zu senken.
Dies ist allerdings nur möglich,
- wenn die Unterhaltsaufwendungen in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen stehen
- und dem Leistenden somit nach Abzug der Unterhaltszahlungen noch angemessene Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verbleiben
(sog. Opfergrenze des § 33a EStG).
Hohes Einkommen, hohe Steuerschulden
Der selbständige Kläger beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 die Unterhaltsleistungen für seine beiden volljährigen und auswärts studierenden Söhne in Höhe von jeweils 8.004 EUR als außergewöhnliche Belastungen anzusetzen.
- Seine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit betrugen etwas mehr als 483.000 EUR
- – errechnet aus dem Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre 2010 bis 2012.
Finanzamt erkennt Unterhaltszahlungen nicht an
Allerdings hatte der Kläger im Jahr 2012 auch noch Steuervorauszahlungen und vor allem Steuernachzahlungen für die letzten drei Jahre von insgesamt rund 564.000 EUR zu leisten.
Zu viel, meinte das Finanzamt und berücksichtigte die Unterhaltszahlungen nicht.
- Nach Abzug der Steuerzahlungen verbliebe dem Kläger ein Minusbetrag, von dem nicht auch noch die Unterhaltsleistungen abgezogen werden könnten.
- Die Opfergrenze des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG sei erreicht und der Kläger daher als nicht leistungsfähig einzustufen.
Ermittlung der unterhaltsrelevanten Leistungsfähigkeit
Bei der Frage, wie diese unterhaltsrelevante Leistungsfähigkeit im vorliegenden Fall zu ermitteln und zu berechnen war, musste nun auch der Bundesfinanzhof das Finanzamt korrigieren und bestätigte damit das zuvor ergangene Urteil des Finanzgerichts.
- Unstreitig ist der Kläger seinen Söhnen gegenüber zivilrechtlich unterhaltsverpflichtet und diese sind auf der anderen Seite auch unterhaltsberechtigt und -bedürftig (§ 1602 BGB).
- Unterhaltszahlungen sind nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG aber auch nur dann abzugsfähig, wenn dem Kläger nach § 1603 Abs. 1 BGB noch angemessene Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs zur Verfügung stehen.
Dies war nach Auffassung des BFH vorliegend jedoch der Fall.
Dreijahresdurchschnittseinkommen abzüglich der im Streitjahr entrichteten Steuerzahlungen
Bei der Ermittlung des Nettoeinkommens von Selbständigen ist zunächst ein Dreijahresdurchschnitt zu bilden, da – anders als bei Arbeitnehmern – deren Einkünfte stärkeren Schwankungen unterliegen.
- Wurden in dem steuerrechtlich relevanten Jahr Steuerzahlungen (Voraus- und Nachzahlungen) geleistet,
- werden diese grundsätzlich dem so ermittelten Einkommen abgezogen.
Im vorliegenden Fall hätte danach vom berechneten Dreijahresdurchschnittseinkommen des Klägers i.H.v. ca. 480.000 EUR die im Streitjahr entrichtenden Steuerzahlungen i.H. von 564.000 EUR abgezogen werden müssen und tatsächlich zu einem Negativbetrag geführt.
Realitätsgerechte Ermittlung des Nettoeinkommens als Ausnahme
Da aber von Selbstständigen neben Steuervorauszahlungen oft auch Steuernachzahlungen für mehrere Jahre zu leisten sind, führt dessen (Gesamt-)Abzug im steuerlich relevanten Jahr - wie im vorliegenden Fall - zu erheblichen Verzerrungen.
- Nach Auffassung des BFH müsse in solchen Fällen das unterhaltsrelevante Einkommen daher realitätsgerecht ermittelt werden:
- vom zu berechnenden Dreijahresdurchschnittseinkommen sind nur Steuerzahlungen in der Höhe abzuziehen, die durchschnittlich in den vergangenen drei Jahren zu zahlen waren.
Unterhaltsleistungen unter Berücksichtigung der Opfergrenze steuerlich anzuerkennen
Das Einkommen des Klägers i.H.v. 480.000 EUR war somit nur um rund 188.000 EUR zu vermindern.
Damit war der Kläger auch unter Berücksichtigung der Opfergrenze leistungsfähig und seine Unterhaltszahlungen waren zu berücksichtigen.
(BFH, Urteil v. 28.4.2016, VI R 21/15).
Hintergrundwissen:
Unterhalt als außergewöhnliche Belastung und Opfergrenze
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH
- können Unterhaltsaufwendungen nur dann als zwangsläufig und folglich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen
- und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs verbleiben (BFH Urteil vom 06.02.2014 , VI R 34/12)
Im Falle von Selbstständigen, deren Einkünfte naturgemäß stärkeren Schwankungen unterliegen, ist der Berechnung der Unterhaltsleistungen nach zivilrechtlichen Grundsätzen regelmäßig ein längerer Zeitraum (3 Jahre) zugrunde zu legen BFH Urteil vom 28.03.2012, VI R 31/11).
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