Elterngeld bei Zwillingen

Mit der Gewährung von Elterngeld will es der Gesetzgeber jungen Familien ermöglichen, dass ein Elternteil sich nach der Geburt eines Kindes zunächst voll der Pflege und Erziehung des Kindes widmen kann. Verdoppelt sich dieser Vorzug bei Zwillingen?

Ein berufstätiges, in Bayern lebendes Paar hatte nach der Geburt doppelten Grund zur Freude: Es waren Zwillinge. Zwillinge bedeuten aber auch eine Menge Müh und Last und so beschlossen beide, sich eine berufliche Auszeit zu nehmen. Deshalb beantragten auch beide Elterngeld, der eine Partner für den erstgeborenen Zwilling, der andere für den zweitgeborenen. Die zuständige Elterngeldstelle in Oberfranken gewährte auch zunächst für einige Monate doppeltes Elterngeld, überlegte sich die Sache aber und meinte dann doch, doppeltes Elterngeld bei doppelter beruflicher Auszeit sei übertrieben. Für das zweite Kind gewährte die Behörde für die noch verbleibenden Monate nur einen „Mehrlingszuschlag“ von 300 EUR monatlich. Damit waren die Eltern nicht einverstanden und reichten nach erfolglosem Widerspruch Klage ein.

 

Gesetz sieht Elterngeld für jedes Kind vor

Nachdem das SG die Klage der Eltern zunächst abgewiesen hatte, gab das LSG den Eltern im Grundsatz Recht. Dabei gingen die Richter zunächst streng nach dem Gesetzeswortlaut vor. Gemäß § 1 Abs. 1 BEEG habe Anspruch auf Elterngeld wer

·         seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat

·         mit seinem Kind in einem Haushalt lebt

·         sein Kind selbst betreut und erzieht und

·         keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

Sämtliche Voraussetzungen sind nach Auffassung der Richter vorliegend erfüllt.

 

Persönliche Erziehung bedeutet nicht ständig und alleine

Nach Meinung des LSG ist das gesetzliche Merkmal der Eigenbetreuung auch dann gegeben, wenn andere an dem Erziehung- und Betreuungsprozess wesentlich mitwirken, wie der Ehepartner, Angehörige oder auch Tagesmütter. Entscheidend sei, dass die anspruchsberechtigte Person sich an der Kindererziehung in persona beteilige. Demgemäß spiele es vorliegend auch keine Rolle, wenn der Betreuungsprozess der Kinder sich auf beide Elternteile verteile und naturgemäß der eine Elternteil nicht nur eines der Kinder betreue. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG hätten vielmehr beide Elternteile Anspruch auf Bezug von Betreuungsgeld für 12 + 2 Monate.

 

Gleichbehandlung gebietet doppeltes Elterngeld

Die Richter stellten zur Beurteilung des Doppelanspruchs auch Vergleiche mit anderen Fällen der doppelten Anspruchsberechtigung an. So sei anerkannt, dass in den Fällen, in denen während des Elterngeldbezugs ein zweites Kind geboren oder auch adoptiert werde, der andere Partner wegen des zweiten Kindes einen eigenen Elterngeldanspruch (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) geltend machen könne. Sachlich sei kein Grund ersichtlich, „Zwillingsfälle“ anders zu behandeln. Diese unterschieden sich von den Vergleichsfällen nur dadurch, dass das zweite Kind zeitlich unmittelbar nach dem ersten geboren werde. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung sei ein abweichendes Ergebnis daher verfassungsrechtlich nicht möglich.

 

Mehrlingszuschlag fällt weg

Die Landessozialrichter konnten allerdings der Auffassung der Eltern, dass neben dem doppelten Elterngeld auch noch der Mehrlingszuschlag zu zahlen sei, nicht nähertreten. Dieser für die Mehrbelastung durch ein zweites Kind zu zahlende Aufschlag setzte voraus, dass Elterngeld nur für ein Kind gezahlt werde. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei daher für jedes Kind Elterngeld in Höhe von 67 % des in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt erzielten monatlichen Nettoeinkommens bis zu einem Höchstbetrag von monatlich 1.800 EUR an jeden Elternteil zu zahlen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ließ das LSG die Revision gegen das Urteil zu. Das Verfahren wird nun beim BSG unter Aktenzeichen B 10 EG 8/12 geführt. Mit einer Entscheidung ist im laufenden Jahr nicht mehr zu rechnen.

(Bayerisches LSG, Urteil, Urteil v. 23.11.2011, L 12 EG 26/08)

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