Die oben zitierte Entscheidung des OVG des Saarl. (Beschl. v. 27.7.2006 – 1 W 33/06) beschäftigt sich mit der Erforderlichkeit einer medizinisch-psychologischen Begutachtung für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach ihrer Entziehung wegen Unfallflucht. Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung gelten zunächst die Vorschriften für die Ersterteilung (§ 20 Abs. 1 FeV). Die Vorlage eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (MPU) kann danach zur Klärung von Eignungszweifeln bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis angeordnet werden, wenn
- die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war (§§ 20 Abs. 3, 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 5a FeV) oder
- der Entzug der Fahrerlaubnis auf erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder auf Straftaten beruhte, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung standen oder bei denen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bestanden (§§ 20 Abs. 3, 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 5b i.V.m. Nr. 4 FeV).
Problematisch ist die MPU-Anordnung auf Grund von Eignungszweifeln nach einer Straftat.
Das OVG d. Saarl. (a.a.O) hält dazu dort fest: Für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis begründet allein ihre Entziehung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort bei der gebotenen Gesamtschau keine Eignungszweifel, die die Durchführung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung rechtfertigen. "… § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 FeV verpflichtet wegen seiner weit reichenden Anordnungsmöglichkeit speziell bei einem nur einmaligen Fehlverhalten zu einer eingehenden Einzelfallprüfung. Nicht jeder sich aus einer einzelnen Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr ergebende noch so geringe Eignungszweifel ist geeignet, das bei Durchführung der medizinisch-psychologischen Begutachtung tangierte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zu überwinden (vgl. Ebner in Ferner [Hrsg.], Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl. 2006, S. 861). "
Für den Gutachter besteht darüber hinaus die Schwierigkeit, dass sich auf der Grundlage einer einzelnen Tat aus psychologischer Sicht oft nur schwer eine hinreichend sichere Aussage über die Kraftfahreignung eines ansonsten unauffälligen Probanden treffen lassen wird. Damit kann es der Anordnung in vielen Fällen schon an der Geeignetheit zur Ausräumung von Eignungszweifeln fehlen (so Ebner in Ferner [Hrsg.]), a.a.O., S. 861).“
Neben der Verlässlichkeit der Eignungsgutachten gerade im Zusammenhang mit einer einzigen Tat (vgl. auch Dauer, in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl. 2007, FeV § 11 Rn 14) tritt noch die hohe Eingriffsintensität der Begutachtung hinzu. Dazu das OVG des Saarl (a.a.O.) unter Hinweis auf das BVerfG (zfs 1993, 285 = BVerGE 89, 69 und BVerfG v. 30.1.2003 – 1 BvR 866/00, Blutalkohol 2004, Band 41, 459):
Zitat
" … Vor allem aber ist zu berücksichtigen, dass das von dem Antragsgegner geforderte Gutachten die Erhebung höchstpersönlicher Befunde, die unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fallen, voraussetzt. Das gilt nicht nur für den medizinischen, sondern in gesteigertem Maße für den psychologischen Teil der Untersuchung. Gegenstand des medizinischen Teils einer zur Feststellung der Fahreignung angeordneten medizinisch-psychologischen Untersuchung sind der allgemeine Gesundheitszustand, der Bewegungsapparat, das Nervensystem, unter Umständen auch innere Organe, die Sinnesfunktionen, die psychische Verfassung, die Reaktionsfähigkeit und die Belastbarkeit. Der Psychologe erforscht zunächst den Lebenslauf: Elternhaus, Ausbildung, Beruf, Familienstand, Kinder, besondere Krankheiten, Operationen, Alkohol, Rauchen, finanzielle Verhältnisse, Freizeitgestaltung. Sodann werden Ablauf und Ursachen etwaiger Gesetzesverstöße und die vom Betroffenen daraus gezogenen Lehren erörtert. Diese Befunde stehen dem unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der geforderten Untersuchung zu erheben sind. Sie sind deswegen stärker von Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt. Die bei dem psychologischen Teil der Untersuchung ermittelten Befunde zum Charakter des Betroffenen berühren seine Selbstachtung ebenso wie sein gesellschaftliches Ansehen. Er muss die Einzelheiten in einer verhörähnlichen Situation offen legen. Hinzu kommt, dass die Beurteilung des Charakters im Wesentlichen auf einer Auswertung von Explorationsgesprächen beruht, einer Methode, die nicht die Stringenz von Laboruntersuchungen aufweist und Unwägbarkeiten nicht ausschließt. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht wird bei der Frage des Vorliegens von Eignungszweifeln unter Berücksichtigung der allgemeinen gesetzlichen Maßstäbe für die Erteilung der Fahrerlaubnis nur dann angemessen Rechnung getragen, wenn die Anforderung eines Gutachtens sich auf solche Mängel bezieht, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, dass der Betroffene sich als Führer eines Kraftfahrzeu...