In seinem Art. 12 EMRK gewährleistet die EMRK das Recht eines jeden erwachsenen Bürgers, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. Traditionell wird die Ehe als dauerhafte Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau verstanden. Auch der 1950 verabschiedeten Menschenrechtskonvention dürfte dieses Eheverständnis zugrunde liegen. Als Familie wird dagegen eine Hausgemeinschaft (lateinisch: familia) und Lebensgemeinschaft verstanden, die durch Heirat, Partnerschaft, Adoption oder Abstammung begründet wurde. Dagegen war nach traditionellem Verständnis die Familie eine aus Eltern und Kindern bestehende Lebensgemeinschaft. Die Ehe galt seit der Antike – aber wohl nicht mehr nach heutigem Verständnis – als eine Vorbedingung für den Beginn einer Familie, die als Baustein einer Gemeinschaft und der Gesellschaft angesehen wurde. Kennzeichnend für eine Familie ist jedoch auch heute noch das Zusammenleben von mindestens zwei Generationen (vgl. www.menschenrechtskonvention.eu/eheschliessung-9294/ ).

 

Enrico Oliari und weitere gegen Italien

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschied, dass die Europaratsstaaten verpflichtet sind, die Beziehung gleichgeschlechtlicher Paare im Sinne einer eingetragenen Partnerschaft rechtlich anzuerkennen und zu regeln. Da Italien keine entsprechende Form der Anerkennung kennt, verurteilte er das Land wegen Verletzung von Art. 8 EMRK. Die Beschwerde gestützt auf Art. 12 EMRK erklärte der EGMR als unzulässig (Urteil, Ziff. 189 ff.). Aus Art. 12 EMRK lasse sich heute noch keine Verpflichtung der Staaten ableiten, gleichgeschlechtlichen Paaren das Eingehen einer Ehe zu ermöglichen. Zwar ginge die Entwicklung in einigen Europaratsstaaten in Richtung Zulassung zur Ehe – im Zeitpunkt des Urteils ermöglichten elf Mitgliedstaaten die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare –, trotzdem halte er an seiner Praxis gemäß Urteil im Fall Schalk und Kopf gegen Österreich fest, dass diesbezüglich kein Konsens zwischen den Europaratsstaaten bestehe und der Entscheid damit der Beurteilung der einzelnen Staaten zu überlassen sei (Urt. v. 21.7.2015 – Nr. 18766/11 u. 36030/11 in: www.humanrights.ch/de/internationale-menschenrechte/europarats-organe/egmr/urteile/italien-gleichgeschlechtliche-partnerschaft-einfuehren ).

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