Leitsatz (amtlich)
Ein Vorbenutzungsrecht nach §§ 12 Abs. 1 Satz 1 PatG, 13 Abs. 3 GebrMG kann auch vom Erfinder abgeleitet werden. Dies gilt zumindest dann, wenn der Erfinder nicht Arbeitnehmer, sondern eine in die Betriebsorganisation eingebundene Person mit ausreichenden Kompetenzen ist, die im Interesse des Unternehmens tätig wird.
Normenkette
PatG § 12 Abs. 1 S. 1, § 12 S. 4; GebrMG § 13 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 14.12.2006; Aktenzeichen 3 O 1482/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Erfurt vom 14.12.2006 - 3 O 1482/04, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht Auskunfts- und Schadensersatzansprüche wegen Gebrauchsmusterverletzung geltend. Sie ist Inhaberin eines eingetragenen Gebrauchsmusters und Anmelderin eines Patents betreffend die Beschichtung von flexiblen Unterlagen (insbesondere Boden- und Wandbeläge). Die Beklagte ist Insolvenzverwalterin. Im Betrieb der Schuldnerin war der Ehemann der Klägerin und Vater des Geschäftsführers der Schuldnerin, der Zeuge P. als Entwickler tätig.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme mit der Begründung abgewiesen, Ansprüchen wegen Gebrauchsmusterverletzung stünde ein Vorbenutzungsrecht entgegen; vertragliche Ansprüche könne die Klägerin ebenfalls nicht geltend machen. Gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.
Die Klägerin rügt die Annahme eines Vorbenutzungsrechts durch das LG. Erfindungsbesitz habe nicht bejaht werden dürfen, weil es der Beklagten an der notwendigen Erkenntnis gefehlt habe, die Stoffe sich jedenfalls bis zur Patentanmeldung noch in einer Versuchsphase befunden hätten. Das LG habe insoweit die erhobenen Beweise fehlerhaft gewürdigt. Die Aussage des Zeugen K. sei unglaubhaft, die Aussage des Zeugen H. hätte so nicht herangezogen werden dürfen. Ende 2000 hätten lediglich Testbeschichtungen stattgefunden, die weiteren notwendigen Erkenntnisse seien erst im Laufe des Jahres 2001 erarbeitet worden.
Auf den Prozesskostenhilfebeschluss und die im Termin vom 25.7.2007 gegebenen Hinweise des Senats vertieft die Klägerin ihre Rechtsansicht zum fehlenden Vorbenutzungsrecht. Sie trägt weiter vor, ein Vorbenutzungsrecht habe sich auf die konkrete Ausführungsform beschränken müssen.
Die Klägerin hat nach teilweiser Klagerücknahme zuletzt beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen,
1. der Klägerin Angaben zu machen bzgl. der Menge der mit den unter lit. a) bis d) genannten Materialien beschichteten Bodenbeläge in Quadratmeter, sowie einzelner Lieferungen, der Liefermenge, des Lieferzeitpunktes, des Namens und der Anschrift der Abnehmer sowie bzgl. des erzielten Preises und des Gewinns der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie seit dem 27.6.2002 Gegenstände, namentlich Bodenbelagsbeschichtungen gewerbsmäßig hergestellt, verarbeitet, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht hat, die folgende Merkmale aufweisen:
- Füllstoff für kunststoffgebundene Beschichtungen, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei diesem Füllstoff um ein Eisenoxid mit einem FE-Anteil von mehr als 50 % handelt.
- Beschichtungsmaterial für flexible Unterlagen, dadurch gekennzeichnet, dass eine Mischung aus Ethylen-Vinyl-Acetat und einem Eisenoxid mit einem FE-Anteil von mehr als 50 % verwendet wird.
- Beschichtungsmaterial für flexible Unterlagen, dadurch gekennzeichnet, dass das verwendete Ethylen-Vinyl-Acetat einen Schmelzpunkt zwischen 75 C und 130 C aufweist.
- Beschichtungsmaterial für flexible Unterlagen, dadurch gekennzeichnet, dass er das verwendete Ethylen-Vinyl-Acetat eine kommt Größe zwischen 50 und 800 mµ aufweist;
2. erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern.
3. In einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe an die Klägerin dasjenige herauszugeben, was diese durch die Nutzung des der Klägerin zustehenden Gebrauchsmusterrechts in der Zeit vom 27.6.2002 bis 31.7.2002 erlangt hat und ab dem 1.8.2002 in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe Schadenersatz zu leisten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen, weil zugunsten der Schuldnerin ein Vorbenutzungsrecht besteht, das die Beklagte der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Gebrauchsmuster entgegenhalten kann (§§ 13 Abs. ...