Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. betriebliches oder privates Interesse. Dienstreise. Fortbildung. Tagungsprogramm. Begleitprogramm. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Teilnahmemöglichkeit. Workshop Vertriebsmitarbeiter. Megakickerspiel. Erwartungshaltung Arbeitgeber. Kontaktpflege

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall ist auch im Rahmen einer Dienstreise erforderlich, dass der Versicherte im Zeitpunkt des Unfallereignisses eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt wird.

2. Für eine Aktivität, die im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung einem abgrenzbaren Freizeitprogrammteil zuzuordnen ist und die in keinem Sachzusammenhang zu dem eigentlichen Fortbildungsthema steht, besteht kein Versicherungsschutz.

3. Eine Erwartungshaltung des Arbeitgebers, dass seine Arbeitnehmer an bestimmten Freizeitveranstaltungen teilnehmen, vermag ebenso wenig wie der gelegentlich dieser Veranstaltungen erfolgte Austausch über berufliche Angelegenheiten den im Vordergrund stehenden Aspekt der eigenwirtschaftlichen Betätigung in den Hintergrund zu drängen.

 

Normenkette

SGB VII § 8 Abs. 1 Sätze 1-2, § 2 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 611 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 31. August 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 16. September 2013 als Arbeitsunfall.

Der 1967 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Vertriebsmitarbeiter bei der Firma ... GmbH beschäftigt. Die Firma … ist Vertriebspartner der Firma …, welche Abrechnungssoftware für Arztpraxen anbietet. Die Firma … veranstaltete vom 16. bis 17. September 2013 in H. einen Vertriebsworkshop, an dem ungefähr 40 Angestellte ihrer Vertriebspartner teilnahmen, u.a. der Kläger zusammen mit einem Kollegen und dem Geschäftsführer seines Arbeitgebers. Ausweislich des Tagungsprogramms begann der Workshop am 16. September 2013 um 12:00 Uhr mit einem Mittagessen im Restaurant. Ab 13:00 Uhr folgte nach der Begrüßung die Abhandlung bestimmter fachlicher Themen wie zum Beispiel “Onkologiemodul„ und “Team Projektbetreuung„. Ab 18:00 Uhr war eine gemeinsame Abendveranstaltung vorgesehen. Für diese waren bequeme Kleidung und Turnschuhe erwünscht. Durchgeführt wurde ein Megakickerspiel. Für das Spiel waren im Vorfeld T-Shirts ausgegeben worden. Aus allen Teilnehmern des Workshops wurden gemischte Teams gebildet. Bei der Durchführung dieses Spiels verdrehte der Kläger sich das rechte Knie. Der sofort aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte eine Kniedistorsion rechts. Ausweislich eines Befundberichtes vom 8. Januar 2014 diagnostizierte die Praxisklinik … beim Kläger eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes und eine Meniskusläsion rechts.

Daraufhin stellte die Beklagte Ermittlungen zum Unfallhergang an. Sie befragte den Arbeitgeber des Klägers zu der gemeinsam Abendveranstaltung. Dieser äußerte am 20. Januar 2014 in einem Telefonat, dass zur Teilnahme an dem Abendprogramm keiner verpflichtet gewesen sei. In einer E-Mail vom 21. Januar 2014 schilderte der Arbeitgeber den Ablauf des 16. September 2013. Gegen ca. 18:00 Uhr hätten sich alle Teilnehmer des Workshops in die Sporthalle der Hotelanlage begeben, wo bereits ein Megakickerspielfeld aufgebaut gewesen sei.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Es gehöre nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines Vertriebsmitarbeiters an Megakickerspielen teilzunehmen. Auch die Aufnahme in das Programm des Workshops begründe keinen sachlichen Zusammenhang zwischen der eigentlichen beruflichen Tätigkeit und der sportlichen Betätigung am Abend. Laut Auskunft des Arbeitgebers habe kein Zwang zur Teilnahme am Megakickerspiel bestanden. Eine gewisse Erwartungshaltung des Arbeitgebers hinsichtlich der Teilnahme reiche nicht aus, um Versicherungsschutz zu gewähren. Ein hiergegen durch den Kläger eingelegter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2014 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 20. August 2014 beim Sozialgericht Meiningen Klage erhoben. Ausweislich des Programms des Workshops sei die gemeinsame Abendveranstaltung als dessen Bestandteil anzusehen. Die Teilnahme an der Abendveranstaltung sei für alle Teilnehmer des Workshops Pflicht gewesen. Die Mannschaftsaufteilung sei durch die Veranstaltungsleitung erfolgt.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft der Firma … vom 6. Januar 2015 eingeholt. Darin hat diese ausgeführt, dass die Veranstaltung fester Bestandteil des Vertriebsworkshops gewesen sei. Ziel sei es gewesen, den Kontakt der Geschäftspartner einschließlich ihrer Angestellten auf geschäftlicher Ebene zu intensivieren und zu fördern und den geschäftliche...

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