Normenkette
InsO §§ 63, 64 Abs. 1; InsVV § 8 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 17. Dezember 2021, Az. 8 O 137/19, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 43.012,17 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. November 2019 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt als aktueller Insolvenzverwalter über das Vermögen der X GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) von dem Beklagten als früherem, aus wichtigem Grund abberufenen Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin die Rückzahlung eines aus der Masse entnommenen Vorschusses auf die Insolvenzverwaltervergütung.
Mit Beschluss des Amtsgerichtes S (im Folgenden: Insolvenzgericht) vom ... Januar 2000 zum Az. ... wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf Antrag des Beklagten vom 6. April 2006 setzte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 5. Mai 2006 für die Tätigkeit des Beklagten bis zum 6. April 2006 einen Vorschuss auf seine Vergütung in Höhe von 43.012,17 EUR fest und gestattete dem Beklagten die Entnahme aus der Insolvenzmasse. Dieser entnahm den Vorschuss auf die Vergütung aus der Masse.
Mit Beschluss vom 10. Februar 2010 entließ das Insolvenzgericht den Beklagten als Insolvenzverwalter vor dem Hintergrund eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Untreue und der Beihilfe zur Untreue zu Lasten verschiedener Insolvenzmassen aus wichtigem Grund und bestellte den Kläger zum neuen Insolvenzverwalter. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf den Entlassungsbeschluss (Anlage K 1) verwiesen. Unter dem 7. Februar 2013 stellte der Beklagte einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung und Auslagen für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter (im Folgenden: Festsetzungsantrag). Diesen Antrag wies das Insolvenzgericht nach zwischenzeitlicher rechtskräftiger Verurteilung des Beklagten durch das Landgericht Hildesheim (Urteil vom .... November 2015, Az. ...) wegen Untreue in 33 Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten mit Beschluss vom 27. März 2017 zurück. Zur Begründung führte es aus, dass der Vergütungsanspruch aufgrund zum Nachteil der Masse begangener strafbarer Handlungen verwirkt sei. Mit Beschluss vom 1. Juni 2017 wies das Landgericht Stendal die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 27. März 2017 zurück.
Mit Schreiben vom 12. November 2019 lehnte der Beklagte gegenüber dem Kläger eine Erstattung ab.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe durch sein Verhalten seinen Anspruch auf Vergütung verwirkt und deshalb den aus der Masse entnommenen Vorschuss gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB zurück zu gewähren. Auf eine Entreicherung könne sich der Beklagte nicht berufen. Zudem schulde der Beklagte den geltend gemachten Betrag als Schadensersatz.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 43.012,17 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. November 2019 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, den Vergütungsvorschuss mit Rechtsgrund erhalten zu haben, weil der Beschluss des Insolvenzgerichts vom 5. Mai 2006, mit dem der Entnahme zugestimmt wurde, nicht aufgehoben worden sei. Er hat geltend gemacht, den erhaltenen Vorschuss auf die Vergütung insbesondere zur Begleichung allgemeiner Bürokosten bereits vollständig verbraucht zu haben. Er sei entreichert. Jedenfalls sei ein etwaiger Rückzahlungsanspruch verjährt. Der Kläger habe bereits seit seiner Bestellung, spätestens aber seit 2015 Kenntnis von allen anspruchsbegründenden Umständen gehabt.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten sowie des weiteren Parteivortrages in erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung einschließlich dort enthaltener Verweisungen und Bezugnahmen verwiesen.
Die Klage ist am 23. Januar 2020 an den Beklagten zugestellt worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar habe der Beklagte seinen Anspruch auf Vergütung durch sein rechtskräftig gerichtlich aufgearbeitetes Verhalten verwirkt. Die Entnahme des Vorschusses im Jahr 2006 sei somit von vornherein ohne Rechtsgrund erfolgt, sodass ab dem Zeitpunkt der Entnahme ein Anspruch au...