Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Verletztengeld. Selbständiger. Arbeitseinkommen. Bemessungszeitraum. tatsächliches Einkommen. negatives Einkommen. Bemessungszeitraum gem § 47 Abs 1 S 2 SGB 7
Leitsatz (amtlich)
Auch der versicherte Unternehmer hat nur dann einen Anspruch auf Verletztengeld gem § 45 Abs 1 Nr 2 SGB 7, wenn unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Arbeitseinkommen gegeben war. Dies ist zu bejahen, wenn im Kalenderjahr vor Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ein positives Einkommen festgestellt werden kann. Hierbei bleibt ein Verlustvortrag nach § 10d EStG unberücksichtigt.
Orientierungssatz
1. Für die Ermittlung des Arbeitseinkommens eines Selbstständigen gem § 45 Abs 1 Nr 2 SGB 7 ist das Kalenderjahr vor dem Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit in analoger Anwendung des § 47 Abs 1 S 2 SGB 7 maßgeblich.
2. Zum Nichtvorliegen eines Verletztengeldanspruchs, wenn die versicherte Unternehmerin im Vorjahr nach den geltenden "allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts" tatsächlich kein Arbeiteinkommen erzielt hat.
Nachgehend
Tenor
I. |
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24.11.2005 wird zurückgewiesen. |
II. |
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Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. |
III. |
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Die Revision wird nicht zugelassen. |
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch auf Verletztengeld.
Die Klägerin erlitt am 02.03.2001 einen Arbeitsunfall im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für die S Sicherheitswacht.
Hauptberuflich war sie in dieser Zeit Inhaberin der Firma Autopflege M in W Im Jahre 1998 hatte sie keinen positiven Gewinn erzielt. Der Einkommenssteuerbescheid für dieses Jahr wies negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Verluste) in Höhe von 14.327,00 DM aus.
Im Bescheid vom 13.07.1999 über die gesonderte Feststellung des Vortrags wegen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1998 war ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von 17.467,00 DM festgestellt worden. Dies ist die Summe des festgestellten Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 von 5.621,00 DM und des Gewerbeverlustes aus dem Jahre 1998 in Höhe von 11.846,00 DM.
Dieser Betrag erhöhte sich zum 31.12.1999 auf 18.553,00 DM (Bescheid des Finanzamts Grimma vom 10.10.2000).
Da im Veranlagungsjahr 2000 wiederum ein Gewerbeverlust hinzukam, realisierte sich auch in diesem Jahr der vortragsfähige Verlustabzug nicht, vielmehr erhöhte sich der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2000 wegen eines Verlustes im Jahre 2000 von 10.438,00 DM auf 28.991,00 DM.
Auch im Jahre 2001 errechnete sich ein negatives Einkommen, diesmal resultierte allerdings - erstmalig - dieses negative Einkommen aus dem teilweisen Verbrauch des Verlustvortrages, der sich bis zum 31.12.2000 auf 28.991,00 DM aufsummiert hatte. Ohne den Verlustvortrag hätte die Klägerin im Kalenderjahr 2001 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12.800,00 DM erwirtschaftet; diese Summe minderte den bis dahin angewachsenen festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust auf 16.191,00 DM.
Die Klägerin war aufgrund des Arbeitsunfalls vom 02.03.2001 bis zum 30.04.2001 arbeitsunfähig.
Ihren Antrag auf Verletztengeld wies die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 18.05.2001 zurück: Die Klägerin habe in dem Bemessungszeitraum - Kalenderjahr 2000 - kein Arbeitseinkommen erzielt, folglich habe sie auch keinen Anspruch auf Verletztengeld.
Der dagegen erhobene Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.10.2001).
Stattdessen gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 18.05.2001 eine besondere Unterstützung gemäß § 39 Abs. 2 SGB VII in Höhe von kalendertäglich 31,40 DM für die Zeit vom 24.03.2001 bis einschließlich 30.04.2001. Höhe und Dauer dieser Leistung sind nicht mehr streitgegenständlich.
Die Klage gegen die Versagung von Verletztengeld hat das Sozialgericht mit Urteil vom 24.11.2005 abgewiesen: Gemäß § 45 Abs. 1 SGB VII bestehe nur dann ein Anspruch auf Verletztengeld, wenn unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen bestanden hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen, denn der Abzug von Verlusten nach Maßgabe des § 10d Einkommenssteuergesetz (EStG) sei bei der Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb unbeachtlich.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, mit welcher sie die Auffassung vertritt, der Verlustvortrag sei sehr wohl bei der Berechnung des Einkommens aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Verletztengeld in der gesetzlichen Höhe von 02.03.2001 bis 30.04.2001 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24.11.2005 zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit der Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichtersta...