A. Vorbemerkung

 

Rz. 1

Nach dem Ende des kommunistischen Systems in Rumänien wurde 1991 eine neue Verfassung verabschiedet, die in 2003 in zahlreichen Vorschriften überarbeitet wurde.[1] Die Familie wird in dem Abschnitt über die Grundrechte und Freiheiten der Bürger behandelt und wird damit zur vom Staat geschützten Institution. Nach den einschlägigen Vorschriften wird die Familie durch die Eheschließung zwischen den Ehegatten begründet; die Eltern haben das Recht und die Pflicht, für die Erziehung der Kinder zu sorgen, wobei Kinder aus der Ehe den außerehelichen Kindern gleichgestellt werden.

 

Rz. 2

Das zu Beginn der staatssozialistischen Periode verabschiedete Familiengesetzbuch[2] galt nach der Wende in weiten Teilen nahezu unverändert weiter. Es enthielt in drei Titeln Regelungen zum Eherecht, über die Verwandtschaft sowie über die Sorge für beschränkt geschäftsfähige und geschäftsunfähige Personen. Lediglich die im 2. Titel enthaltenen Regelungen über das Kindschaftsrecht waren schon während des ersten Jahrzehnts nach dem Systemwechsel Gegenstand spezialgesetzlicher Änderungen.

 

Rz. 3

Zum 1.10.2011 trat in Rumänien ein neues Zivilgesetzbuch (ZGB)[3] in Kraft, das auch die zwischenzeitlich in das Familiengesetzbuch ausgelagerten familienrechtlichen Regelungen, allerdings vielfach in modifizierter Form, wieder enthält. Das Eherecht ist im ZGB im 2. Buch (Über die Familie), Titel II, Art. 266–404 geregelt. Darüber hinaus enthält das Gesetz Nr. 71/2011 (Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch)[4] in den Art. 24–51 eine Sektion mit Übergangsbestimmungen zum 2. Buch des ZGB.

 

Rz. 4

Zum 15.2.2013 ist in Rumänien durch das Gesetz Nr. 134/2010[5] eine grundlegend novellierte Zivilprozessordnung (NZPO)[6] in Kraft getreten, welche bereits zweimal nach wiederholten Änderungen und Ergänzungen neu veröffentlicht wurde.[7]

 

Rz. 5

Rumänien ist zum 1.1.2007 der EU beigetreten, deren bestehende Rechtsakte im Bereich des Eherechts mithin ohne Einschränkungen gelten. Auf familienrechtlichem und zivilprozessualem Gebiet ist Rumänien Teilnehmerstaat zahlreicher internationaler Abkommen, diese gehen gem. Art. 2557 ZGB den Regelungen des ZGB vor.[8] Die IPR-Vorschriften betreffend die Familie sind nach der ZGB-Novelle in das Gesetzbuch übernommen worden (Art. 25852612 ZGB), nachdem sie ab 1992 in einem Spezialgesetz enthalten waren.

[1] Übersetzung Verf. Jahrbuch.
[2] Familiengesetzbuch vom 29.12.1953, Buletinul Oficial (Gesetz- und Verordnungsblatt bis 1990; nachfolgend: B. Of.) Nr. 1/1954.
[3] Gesetz Nr. 287/2009, Neuveröffentlichung vom 15.7.2011, Monitorul oficial Nr. 505 (Gesetz- und Verordnungsblatt ab 1990; nachfolgend: M. Of.).
[4] Gesetz Nr. 71/2011 über die Einführung des Zivilgesetzbuches, veröffentlicht im M. Of. Nr. 409 vom 10.6.2011.
[5] Gesetz Nr. 134/2010 über die Zivilprozessordnung, veröffentlicht im M. Of. 485 vom 15.7.2010.
[6] Gesetz Nr. 134/2009, veröffentlicht im M. Of. Nr. 485 vom 15.7.2010.
[7] 1. Neuveröffentlichung im M. Of. 545 vom 3.8.2012; 2. Neuveröffentlichung im M. Of. 247 vom 10.4.2015.
[8] Im Bereich des Eherechts u.a. New Yorker UN-Übereinkommen vom 10.12.19962 über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen, für Rumänien in Kraft getreten am 24.4.1993, M. Of. Nr. 330/1992.

B. Eheschließung

I. Materielle Voraussetzungen

1. Verlöbnis

 

Rz. 6

Das verbreitete übliche Verlöbnis ist keine Ehevoraussetzung, wurde aber im neuen ZGB in einem eigenen Kapitel geregelt.[9] Das Verlöbnis erzeugt zwar keine eherechtliche Wirkung, etwa im Sinne eines Anspruchs auf Eheschließung, jedoch können sich aus der Auflösung eines Verlöbnisses zivilrechtliche Herausgabeansprüche bzw. Ansprüche auf Aufwendungsersatz ergeben (Art. 268 f. ZGB). Die materiellen Voraussetzungen für die wirksame Eingehung eines Verlöbnisses entsprechen denen der Eheschließung, insbesondere ist auch das Verlöbnis nur zwischen geschlechtsverschiedenen Personen zulässig, die grundsätzlich volljährig sein müssen.

[9] 2. Buch, 2.Titel, 1. Kapitel, Art. 266270 ZGB.

2. Eheschließung

 

Rz. 7

Materielle Voraussetzung der Eheschließung ist zunächst die Geschlechtsverschiedenheit der zukünftigen Ehegatten. Diese wird im neuen ZGB nun ausdrücklich verlangt. Weiterhin bedarf es einer freiwilligen Einwilligungserklärung der Beteiligten (Art. 271 ZGB). Diese ist von den zukünftigen Eheleuten persönlich vor dem Standesbeamten abzugeben, eine Vertretung kommt nicht in Betracht. Das Mindestalter für die Eheschließung ist 18 Jahre, unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. ärztliche Bescheinigung, Einwilligung der Eltern) können auch Minderjährige heiraten, die das 16. Lebensjahr bereits vollendet haben (Art. 272 ZGB). Schließlich ist die Abwesenheit von Ehehindernissen Voraussetzung für eine wirksame Eheschließung. Hierzu zählt das Verbot der Doppelehe, der Eheschließung zwischen Verwandten (in der geraden Linie und in der Seitenlinie bis einschließlich vierten Grades; begründete Ausnahmen für Verwandte des vierten Grades der Seitenlinie sind möglich) sowie zwischen Vormund und Mündel.

3. Nichtigkeit der Ehe

 

Rz. 8

Das Gesetz unterscheidet zw...

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