Verfahrensgang
LG Tübingen (Urteil vom 10.01.1997; Aktenzeichen 2 O 268/96) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer (ER) des Landgerichts Tübingen vom 10. Januar 1997 – Az.: 2 O 268/96 – wird
zurückgewiesen
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Klägerin: |
14.340,04 DM. |
Gründe
(Nach § 543 Abs. 1 ZPO ohne Tatbestand)
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
I.
Das Landgericht ist zu Recht und mit im wesentlichen zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, daß die der Höhe nach unstreitige Restmietzinsforderung des Klägers nicht infolge der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit einem Bereicherungsanspruch in Höhe von 14.304,04 DM erloschen ist, den diese mit der Begründung geltend macht, sie habe für den Zeitraum August 1993 bis Juli 1995 einen entsprechenden Teilbetrag der Mietzahlung rechtsgrundlos erbracht, weil die Miete nach § 537 BGB wegen eines von dem Kläger an einem Oberlicht der Mieträume nicht angebrachten äußeren Sonnenschutzes in dieser Höhe (um 20 %) gemindert gewesen sei.
Dabei kann dahinstehen, ob die Mietsache bis zum Anbringen des äußeren Sonnenschutzes durch den Kläger im Juli 1995 mangelhaft war und ob entsprechend der Behauptung des Klägers der zu Beginn des Mietverhältnisses unstreitig angebrachte innenseitige Sonnenschutz von dem Kläger montiert worden ist und sich die Beklagte damit zufrieden gegeben hat. Die Beklagte hat jedenfalls ihr Minderungsrecht entsprechend § 539 BGB dadurch verloren, daß sie vorbehaltslos über 27 Monate hinweg den ungekürzten Mietzins bezahlt hat.
Eine Vorbehalts lose Mietzahlung kann allerdings zu verneinen sein, wenn der Mieter lediglich eine angemessene Überlegungsfrist in Anspruch nimmt, innerhalb deren er sich entscheiden kann, ob er den Mietvertrag kündigen, den Mietzins mindern oder den Vertrag unverändert fortsetzen sollte. Gleiches gilt, wenn der Mieter zunächst in der Erwartung die volle Miete weiterzahlt, der Vermieter werde den Mangel demnächst abstellen. So liegt der Fall indes selbst unter Zugrundelegung der Darstellung der Beklagten vorliegend nicht. Hat der Vermieter, wie zugunsten der Beklagten unterstellt wird, zugesagt, den Mangel zu beseitigen, gereicht es dem Mieter zwar nicht zum Nachteil, wenn er die Gebrauchsbeeinträchtigung eine Zeit lang widerspruchslos hinnimmt, auch wenn mit den Arbeiten nicht sofort begonnen wird. Wird er von dem Vermieter demgegenüber immer wieder von neuem vertröstet und wird der gerügte Mangel über längere Zeit nicht beseitigt, ist zur Erhaltung des Minderungsrechts ein ausdrücklicher Vorbehalt erforderlich, durch den dem Vermieter deutlich wird, daß der Mieter durch die vollständige Zahlung des Mietzinses nicht auf die kraft Gesetzes eingetretene Minderung verzichten will. Hieran fehlt es vorliegend. Die Beklagte hat nach ihrem Vortrag sich durch das Anbringen eines inneren Sonnenschutzes zunächst provisorisch selbst beholfen, daneben zwar den fehlenden äußeren Sonnenschutz gegenüber dem Kläger fortlaufend moniert, hieraus jedoch bis zu dessen Anbringung im Juli 1995 keine Rechte abgeleitet, sondern über 27 Monate hinweg den ungekürzten Mietzins bezahlt und, nachdem sie ab Oktober 1995 die Miete nicht mehr aufbringen konnte, noch mit Schreiben vom 18. Dezember 1995 um Stundung der rückständigen Miete gebeten und dabei sogar Verzugszinsen in Höhe von 10 % per anno angeboten. Vor dem Hintergrund des guten persönlichen Verhältnisses der Parteien konnte und durfte der Kläger dieses Verhalten so verstehen, daß die Anbringung des Sonnenschutzes für die Beklagte nicht so wesentlich war, daß sie hieraus Gewährleistungsrechte ableiten wollte.
Das Landgericht hat auch zu Recht dem Kläger Verzugszinsen in Höhe von 9 % zuerkannt. Der Eintritt eines Zinsschadens in dieser Höhe wurde von dem Kläger durch die vorgelegte Bankbescheinigung vom 26.7.1996 (Bl. 52 d.A.) ausreichend belegt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Unterschriften
Dr. Hartmaier, Steck, Kaulig
Fundstellen
Haufe-Index 1121615 |
IPuR 1998, 53 |