Leitsatz (amtlich)

Zum familienrechtlichen Ausgleichsanspruch eines Elternteils, der nach seiner Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt in einer Jugendamtsurkunde die Betreuung der Kinder übernommen hat.

 

Normenkette

BGB § 1606 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Beschluss vom 23.05.2012; Aktenzeichen 106 F 197/12)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Endbeschluss des AG -Familiengericht- Nürnberg vom 23.5.2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 912,93 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die seit längerem - jedenfalls vor Beginn des Jahres 2012 - geschiedenen Eltern des am ... 1993 geborenen Kindes S. S.

Bis zum Juli 2011 hatte S. seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antragsgegnerin.

Bereits am 27.4.2010 hatte der Antragsteller beim Jugendamt der Stadt ... eine Urkunde errichtet, in der er sich u.a. verpflichtet hatte, dem Kind S. ab 1.4.2010 einen monatlichen Unterhaltsbetrages von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzgl. des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters zu bezahlen.

Im August 2011 verlegte S. seinen ständigen Aufenthalt zum Antragsteller.

Unter dem 19.9.2011 richtete daraufhin das Jugendamt der Stadt ..., das die Beistandschaft für S. übernommen hatte, folgendes Schreiben an die Antragsgegnerin:

"Unterhalt für S. S., geboren ... 1993

Sehr geehrte Frau S.,

der Vater Ihres vorgenannten Kindes, Herr F. S., hat hier vorgesprochen und sich in Unterhaltsangelegenheiten beraten lassen. Für Ihren Sohn S. zahlen Sie derzeit keinen Unterhalt.

Aus diesem Grund bitten wir Sie, den beiliegenden Fragebogen auszufüllen, zu unterschreiben und mit den entsprechenden Nachweisen versehen bis spätestens 7.10.20911 an uns zurückzuschicken. Die gleichfalls beiliegende Verdienstbescheinigung reichen Sie bitte bei Ihrem Arbeitgeber ein. Diese sollte ebenfalls bis 7.10.2011 wieder bei uns eingehen. Bitte legen Sie auch eine Ablichtung Ihres letzten Einkommensteuerbescheides bei.

Wir weisen Sie darauf hin, dass wir einen evtl. sich errechnenden höheren Unterhalt ab 1.10.2011 fordern werden.

Der Auskunftsanspruch gründet sich auf § 1605 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Rein vorsorglich weisen wir Sie darauf hin, dass dieser Anspruch auch gerichtlich, also im Klageweg durchgesetzt werden kann, wenn Sie Ihrer Auskunftspflicht nicht freiwillig nachkommen sollten.

Das Kind kann seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten und ist somit bedürftig i.S.d. § 1602 BGB.

Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung."

Nachdem die Antragsgegnerin ihre Einkommensunterlagen übermittelt hatte, hat das Jugendamt der Stadt ... dieser mit Schreiben vom 17.11.2011 mitgeteilt, dass sie i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts der einschlägigen Altersstufe leistungsfähig und deshalb ein monatlicher Unterhalt von derzeit 334,- EUR zu zahlen sei.

In dem Schreiben wurde die Antragsgegnerin gebeten, die Unterhaltszahlungen aufzunehmen und für die Zeit vom 1.10. bis 30.11.2011 rückständigen Unterhalt i.H.v. 668,- EUR nachzuzahlen.

In einem mit einem Schriftsatz vom 16.1.2012 eingeleiteten und unter dem Aktenzeichen 106 F 196/12 vor dem AG Nürnberg geführten Verfahren hat der zwischenzeitliche volljährige S. von der Antragsgegnerin für die Zeit ab 1.1.2012 einen monatlichen Unterhalt von 488,- EUR abzgl. 182,- EUR Kindergeld, also einen Zahlbetrag von 306,- EUR, verlangt.

In diesem Verfahren ist die Antragsgegnerin mit Endbeschluss des AG Nürnberg vom 25.4.2012 rechtskräftig verpflichtet worden, an S. S.

ab dem 1.6.2012 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 304,- EUR und

für die Zeit vom 1.1. bis 31.5.2012 einen Unterhalt i.H.v. insgesamt 1.520,- EUR

zu bezahlen.

Im vorliegenden Verfahren, das mit einem am 18.1.2012 eingegangenen und dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin am 4.4.2012 zugestellten Schriftsatz vom 16.1.2012 eingeleitet worden ist, hat der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Ausgleich des von ihm für S. für die Zeit vom 1.10.2011 bis zum Eintritt der Volljährigkeit (am 23.12.2011) übernommenen Kindesunterhalts in Höhe des Mindestunterhalts von 334,- EUR monatlich, für den gesamten Zeitraum also 912,93 EUR, geltend gemacht.

Er hat vorgetragen, diesen Barunterhalt für die Antragsgegnerin in der Absicht verauslagt zu haben, sich den entsprechenden Betrag von der Antragsgegnerin zurückzuholen.

Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Antragsteller einen Betrag i.H.v. 912,93 EUR nebst Zinsen aus diesem Betrag i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, beginnend ab Rechtshängigkeit, zu bezahlen.

Die Antragsgegnerin hat durch ihren Bevollmächtigten die Abweisung des Antrags beantragt.

Zur Begründung dieses Antrags ist vor allem vorgetragen:

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten familienrechtlichen Ausgleichsanspruch wür...

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