Verfahrensgang
LG Dessau (Urteil vom 22.07.2005; Aktenzeichen 3 O 71/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.7.2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Dessau teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 930 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.10.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 26.927,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.6.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 375.000 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um restliche Vergütungsansprüche des Klägers und dabei implizit um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung seines Anstellungsvertrages als Geschäftsführer bei der Beklagten, sowie um Abfindungsansprüche, die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses und die Übertragung von Rechten aus einer Direktversicherung. Die Beklagte hat im Wege der Aufrechnung und teilweise widerklagend Schadensersatzansprüche geltend gemacht.
Wegen der näheren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das LG hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen und die Widerklage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Die Abweisung der Klage hinsichtlich der Vergütungsansprüche wurde damit begründet, dass das Dienstverhältnis des Klägers bei der Beklagten durch die außerordentliche Kündigung vom 29.9.2003 beendet worden sei. Sie sei in der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden. Maßgeblich sei dabei auf Kenntnis des für die Abberufung zuständigen Organs der Beklagten (der Gesellschafterversammlung) abzustellen gewesen. Diese habe erst nach Vorlage des Berichts vom 24.9.2003 die erforderlichen Kenntnisse erlangt. Die Beklagte sei mit der Berufung auch nicht durch die dem Kläger erteilten Entlastungen für die Geschäftsjahre 1998 bis 2002 ausgeschlossen, da sich die Präklusionswirkung nur auf die bei der Prüfung der Entlastung des Geschäftsführers eingereichten Unterlagen und die daraus erkennbaren Tatsachen erstrecke. Aus den Jahresabschlüssen, Lageberichten und Prüfberichten seien aber Tatsachen, auf welche die Beklagte ihre fristlose Kündigung gestützt habe, nur als pauschale Angaben oder Teil von Sammelposten enthalten, so dass die konkreten Einzelheiten nicht erkennbar gewesen seien. Diese Feststellung habe auch die Vernehmung des Zeugen F. bestätigt. Bei Abwägen der beiderseitigen Interessen sei der Beklagten ein Verbleiben des Klägers als Geschäftsführer nicht zumutbar. Zwar seien weitere Pflichtverletzungen ab dem Ausspruch der ordentlichen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zu erwarten. Die Nachhaltigkeit der festgestellten Tatsachen begründeten jedoch die Annahme eines gestörten Vertrauensverhältnisses und damit die Unzumutbarkeit des Verbleibens des Klägers als Geschäftsführer. Es handele sich um schwerwiegende Pflichtverletzungen, weil er gegen elementare Regelungen des Dienstvertrages, des Gesellschaftsvertrages und der Insiderregeln verstoßen habe und eine nicht ausreichende Sorgfalt bei der Wahrnehmung der Aufgaben als Geschäftsführer erkennbar sei.
Die außerordentliche Kündigung tragenden Pflichtverstöße des Klägers hat das LG darin gesehen, dass er entgegen den Insiderregeln der Gesellschafterin der Beklagten einen Hausverwaltervertrag für ein in seinem Miteigentum stehendes Grundstück mit der Beklagten abgeschlossen hatte, sowie darin, dass er die Zustimmung der Gesellschafterin der Beklagten zur Änderung des Grundstückskaufvertrages mit B. A. und dem Verkauf der Markenrechte an die A. Projektmanagement GmbH i. Gr., zum Abschluss von zwei Beraterverträgen mit Dr. H. sowie zur Anmietung des sog. "Stadtbüros" nicht eingeholt habe, weiter darin, dass er nicht auf den Forderungseinzug ggü. einer Karnevalsgesellschaft gedrungen habe, in deren "Elferrat" er Mitglied sei; auch sei es pflichtwidrig gewesen, dass der Kläger ggü. B. A. bei der Vermietung von Gewerberäumen im Bürohaus der Klägerin als Wohnraum entgegen der Bestimmung im schriftlichen Mietvertrag die Übernahme der Kosten des Einbaus eines Badezimmers übernommen habe; ein weiterer Pflichtverstoß liege darin, dass er bei Sponsoringleistungen zugunsten von Sportvereinen und der Karnevalsgesellschaft das sozial-übliche...