Normenkette

BGB § 320 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 11.03.2020; Aktenzeichen 64 O 2776/19)

 

Nachgehend

OLG München (Beschluss vom 23.10.2020; Aktenzeichen 27 U 2211/20 Bau)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 11.03.2020, Az. 064 O 2776/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist auch nicht aus anderen Gründen geboten.

 

Gründe

Die Kläger haben mit Bauträgervertrag vom 18.11.2015 ein Reihenhaus erworben und begehren, dass die Beklagte die Auflassung und die Eintragungsbewilligung ins Grundbuch erklärt.

Das Landgericht Augsburg hat der Klagestattgegeben. Ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten sei mit Blick auf die Regelung in § 320 Abs. 2 BGB abzulehnen. Da 92 % des Kaufpreises gezahlt worden seien, sei der noch offene Restkaufpreis geringfügig i.S.d. Vorschrift, so dass sich die Auflassungsverweigerung als Verstoß gegen Treu und Glauben darstelle.

Dieses Ersturteil des Landgerichts Augsburg hat Bestand.

Entscheidungserhebliche Rechtsfehler im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO sind nicht ersichtlich und werden von der Berufung auch nicht aufgezeigt.

Die Berufung meint, dass das Erstgericht zahlreiche entscheidungserhebliche Fragen offengelassen, eine umfangreiche Beweisaufnahme, insbesondere zu den klägerisch vorgetragenen Mängeln sowie den geforderten Bereitstellungszinsen und Nichtabnahmeentschädigungen, unterlassen und insgesamt offensichtlich parteiisch gearbeitet habe.

Diese Auffassung teilt der Senat nicht.

Zu den Berufungsangriffen im Schriftsatz vom 8. Juni 2020 (Bl. 98 ff. d.A.) ist im Einzelnen Folgendes zu bemerken:

1. Der einleitende Einwand auf S. 2 der Berufungsbegründung, dass das Erstgericht schon den ausstehenden Restkaufpreis nicht richtig ermittelt habe, geht ins Leere.

Es handelt sich um unstreitigen Parteivortrag, der sich zutreffend im unstreitigen Tatbestand befindet. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag wurde beklagtenseits nicht gestellt.

Auf S. 2 der Klageerwiderung vom 19.11.2019 führt die Beklagte schließlich selbst wie folgt aus:

"Es ist ein Kaufpreis i.H.v. 33.817,93 EUR offen, den die Kläger nicht zahlen." (Bl. 24 d.A.).

Vor diesem Hintergrund bleibt im Dunkeln, welche Feststellungen oder Ermittlungen das Erstgericht vornehmen hätte sollen.

2. Auch der Einwand auf S. 3 der Berufungsbegründung, dass das Erstgericht den klägerseits vorgetragenen Zinsschaden (Bereitstellungszinsen und Nichtabnahmeentschädigung bzgl. der Finanzierungsdarlehen) prozesswidrig ohne Subsumtion und ohne Prüfung einfach übernommen habe, geht in doppelter Hinsicht fehl.

a) Zum einen verkennt die Berufung insoweit die Struktur des § 320 Abs. 2 BGB.

Die Norm lautet wie folgt:

"Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nichtverweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde."

Erforderlich ist dabei eine Würdigung der Gesamtumstände. Dabei kommt dem Gericht ein Ermessensspielraum zu (vgl. BGHZ 56, 316 sowie ausführlich Palandt-Grüneberg, BGB, 78. Auflage 2020, § 320 BGB Rn. 10 m.w.N.). Anders als die Berufung meint ist es daher nicht erforderlich, eine umfassende Beweisaufnahme zur exakten Ermittlung der genauen Höhe der Gegenansprüche der Kläger vorzunehmen.

b) Zum anderen ist zu bemerken, dass das Erstgericht keineswegs die Angaben der Klägerseite zu ihrem "Zinsschaden" kritiklos und ohne Prüfung übernommen hat. Das Gegenteil ist der Fall. Die Ausführungen auf S.6 der Urteilsbegründung belegen, dass sich das Erstgericht im Einzelnen mit den recht dezidierten Ausführungen der Klägerseite und den hierzu vorgelegten Unterlagen auseinandergesetzt hat. Die Überzeugung des Erstgerichts, dass Ansprüche dem Grunde nach bestehen, wurde unter Hinweis auf die Anlagen K 20, 21 und K 24 belegt. Eine centgenaue Berechnung war - wie gezeigt - im Rahmen der Anwendung des § 320 Abs. 2 BGB gerade nicht erforderlich.

3. Soweit die Berufung auf S. 4 rügt, dass die Kläger (zu Lasten der Beklagten) mit ihrer finanzierenden Bank Bereitstellungszinsen ab 1.12.2016 vereinbart hätten und dieser Zeitpunkt noch vor dem zugesagten Fertigstellungstermin am 30.4.2017 liege, greift auch dies zu kurz. Ausweislich des Klagevortrages und der Anlage K 3 beginnt die klägerische Zinsberechnung gerade nicht am 1.12.2016, sondern erst im März 2017. Selbst wenn man mit der Beklagtenseite die Zinsforderung für zwei Monate als unberechtigt ansähe, verbliebe noch ein ganz erheblicher vierstelliger Zinsbetrag, der im Rahmen der anzustellenden Gesamtabwägung (s.o.)für möglic...

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